Zahnspange: Wer trägt die Kosten und was ist zu beachten?
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Ab einem Alter von zehn Jahren kann der Durchbruch der bleibenden Zähne gesteuert werden – und Kinder sind alt genug, um zu verstehen, dass sie bei der Zahnbehandlung kooperieren müssen.
© Quelle: Marian Vejcik/iStockphoto
Hannover. Fest oder lose, mit Drahtbügel am Hinterkopf oder fast unsichtbar: Zahnspangen gibt es in verschiedensten Ausführungen und Preisklassen. Hierzulande trägt fast jedes zweite Kind eine Klammer. Sie soll Zahnfehlstellungen korrigieren, die das Sprechen, Atmen, Beißen, Kauen oder auch die Gelenkfunktion beeinträchtigen können.
Zahnspange im Kindesalter: Nicht zu früh einsetzen
Wann eine kieferorthopädische Behandlung notwendig ist, erkennen Eltern häufig selbst. Oft werden sie auch bei der Vorsorgeuntersuchung vom Kinderarzt oder der Zahnärztin darauf hingewiesen, dass ihr Kind womöglich eine Zahnspange brauchen könnte. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) empfiehlt den Beginn einer Behandlung ab einem Alter von zehn Jahren, weil in dieser Phase unter anderem der Durchbruch der bleibenden Zähne gesteuert werden kann und Kinder bereits alt genug sind, um zu verstehen, dass sie bei der Zahnbehandlung kooperieren müssen.
Trotz Milchgebiss: Ein Kreuzbiss kann schwerwiegende Folgen haben
Gundi Mindermann, Kieferorthopädin in Bremervörde und ehemalige Vorsitzende des Berufsverbands der deutschen Kieferorthopäden (BDK), hält es jedoch in bestimmten Fällen wie dem Kreuzbiss für sinnvoll, auch schon bei Kindern mit Milchgebiss mit einer Behandlung zu starten: "Beim Kreuzbiss sind die Zähne falsch verzahnt und beißen schief aufeinander." Mögliche Folgen davon seien Einschränkungen in der Abbeiß- und Kaufunktion sowie fehlender Halt der Zähne im Knochen.
Wann Eltern mit dem Nachwuchs zum Kieferorthopäden sollten
Auch bei Kindern, die den Mund ständig offen haben, um Luft zu holen, rät Mindermann dazu, einen Kieferorthopäden aufzusuchen: „Das kommt häufig durch unterschiedlich große Kiefer.“ Oft trockne durch den permanent geöffneten Mund das Zahnfleisch aus, die Zunge liege im Unter- anstatt im Oberkiefer und dränge den Unterkiefer nach vorne, es komme zu Änderungen der Aussprache. „In diesem Fall können Kieferorthopädin und Logopäde gut zusammenarbeiten.“
Schließlich sei auch die Behandlung von stark überstehenden Schneidezähnen, sogenannten Hasenzähnen, notwendig: „Hier besteht eine größere Gefahr als bei anderen Kindern, dass die Zähne abgeschlagen werden, außerdem ist die Stufe zwischen Ober- und Unterkiefer so groß, dass durch die Einlagerung der Unterlippe der Unterkiefer zurückbleibt.“
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Ist eine Zahnspange nötig? Bei Unsicherheit hilft eine Zweitmeinung
Wer sich beim ersten Gespräch in der kieferorthopädischen Praxis unwohl fühlt, nicht alles verstanden hat oder an der vorgeschlagenen Behandlung zweifelt, hat immer das Recht, sich eine Zweitmeinung einzuholen. "Die kann im Prinzip jeder andere Kieferorthopäde geben", so Christiane Grote, Leiterin der Gruppe Gesundheits- und Pflegemarkt bei der Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen. Dabei müsse man jedoch immer auch im Blick behalten, dass es keine wirklich unabhängigen Stellen gebe. Um dem Kind einen weiteren Röntgentermin zu ersparen, empfiehlt Grote, sich von der Arztpraxis die Röntgenaufnahmen aushändigen zu lassen.
Zahnkorrektur: Zahlt die Krankenkasse eine Zahnspange?
In den Kieferorthopädischen Indikationsgruppen (KIG) werden Gebiss- und Kieferfehlentwicklung in fünf verschiedene Schweregrade unterteilt. Bestätigt die Kieferorthopädin für die Zahnspange eine medizinische Notwendigkeit ab Stufe drei, kommt die Krankenkasse bei Kindern bis zum 18. Lebensjahr für die Behandlungskosten auf. Eltern tragen zunächst einen Eigenanteil von 20 Prozent. Leben zwei oder mehr Kinder im Haushalt, fällt der zu zahlende Eigenanteil auf 10 Prozent. Wenn die Behandlung erfolgreich beendet wurde, zahlt die Krankenkasse den vorgestreckten Eigenanteil zurück.
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Behandlung beim Kieferorthopäden: Welche Leistungen sind sinnvoll?
Der Zahnarzt reicht einen kieferorthopädischen Behandlungsplan bei der Krankenkasse ein. „Eltern sollten in der Arztpraxis eine Kopie des Plans erbitten, um zu erkennen, welche Kosten von der Krankenkasse übernommen werden“, so Grote. Denn viele Leistungen beim Kieferorthopäden seien keine Kassenleistung und müssten daher aus eigener Tasche bezahlt werden. „Es ist für Eltern immer schwierig abzuwägen, welche privat bezahlte Zusatzleistung sinnvoll und notwendig ist. Ich sollte darum nachfragen, warum eine solche Leistung empfohlen wird und welcher Nutzen dahintersteckt.“
Eltern müssen nichts zahlen, bevor die Behandlung begonnen hat
Laut einer repräsentativen Umfrage der Krankenkasse DAK kommen durch Zusatzleistungen oft bis zu 1000 Euro Mehrkosten auf die Familien zu, die in der Regel auf Raten an die Zahnarztpraxis überwiesen werden können. Niemand muss jedoch etwas bezahlen, bevor die kieferorthopädische Behandlung begonnen hat: Das hat die Verbraucherzentrale NRW jüngst vor dem Oberlandesgericht Hamm erstritten.
Finanzielle Belastung: Ergibt eine Zahnzusatzversicherung Sinn?
Wer Sorge hat, dass die Behandlungskosten die eigenen finanziellen Möglichkeiten überschreiten, kann regelmäßig etwas Geld für die kieferorthopädische Behandlung des Kindes auf ein Extrakonto zurücklegen. Von Zahnzusatzversicherungen hält Christiane Grote hingegen nicht viel: „Zusatzversicherungen speziell für kieferorthopädische Behandlungen gibt es nicht. In der Regel geht es bei solchen Zusatzversicherungen vor allem um den Zahnersatz, kieferorthopädische Leistungen sind mit umfasst.“
Problematisch sei aber, dass die Zahnzusatzversicherung nur dann greife, wenn der kieferorthopädische Befund noch nicht aktenkundig sei, also noch kein Arzt auf eine mögliche Fehlstellung der Zähne aufmerksam gemacht habe. Um von der Zusatzversicherung profitieren zu können, müssten daher schon sehr kleine Kinder versichert werden.
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Von Alena Hecker/RND