„Voyager 1“ und Co.

Wie wahrscheinlich es ist, dass Forschende außerirdisches Leben finden

Die Position der Nasa-Sonden „Voyager 1“ und „Voyager 2“ außerhalb der Heliosphäre der Sonne, die sich weit über die Umlaufbahn von Pluto hinaus erstreckt.

Die Position der Nasa-Sonden „Voyager 1“ und „Voyager 2“ außerhalb der Heliosphäre der Sonne, die sich weit über die Umlaufbahn von Pluto hinaus erstreckt.

Berlin. Seit bald 46 Jahren saust die „Voyager 1“ durchs All, vorbei an Jupiter, Saturn, bis an den Rand unseres Sonnensystems. Kein Fühler der Menschheit reicht tiefer ins All hinein als diese Raumsonde. Mit an Bord: Musik von Mozart und Louis Armstrong, Grußworte auf Arabisch und Mandarin. Angehört worden sind sie allerdings nicht – zumindest, soweit wir wissen.

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Mit Sonden, bemannten Raumschiffen und Radaren so groß wie Fußballfeldern durchforsten Fachleute das All nach außerirdischem Leben – bislang vergebens. Dennoch bleibt das Gros der Expertinnen und Experten dabei: Wir sind nicht allein, dafür ist der Kosmos zu weit. Zudem gibt es deutlich mehr Planeten und damit möglichen Lebensraum im Universum als bisher angenommen. Nahezu täglich werden neue solche Exoplaneten entdeckt.

October 29, 2019 - USA - Artist Rendering: SpaceX's future rocket plans include landings on the moon and Mars, and company founder and CEO Elon Musk has shared some new renderings of the ship. Musk indicated that despite irregular terrain, Starhopper could handle landing and relaunching from a surface that is not perfectly flat, so would not necessarily need a landing platform. The company is currently working with an initial test version of the stainless steel rocket, called the Starhopper, at its facility in Boca Chica, Texas. (Credit Image: © SpaceX/ZUMA Wire/ZUMAPRESS.com

Fünf verrückte Weltraumprojekte – und wie realistisch sie wirklich sind

Menschen auf dem Mars, eine Mission in ein anderes Sternensystem, ein Dorf auf dem Mond – an verrückten Ideen für das Weltall mangelt es nicht. Einige sind reine Luftschlösser, andere könnten Realität werden.

Es gibt sehr viele Exoplaneten

„Noch in den 70er- und 80er-Jahren waren sich die meisten Fachleute darüber einig, dass Exoplaneten selten sind“, sagt der Raumfahrtexperte und Buchautor Eugen Reichl. Ein Exoplanet ist ein Himmelskörper außerhalb unseres Sonnensystems, der einen Stern wie etwa unsere Sonne umkreist. Heute seien aber schon rund 5500 solcher Planeten bestätigt. Und: „Mittlerweile nehmen wir an, dass der weitaus überwiegende Anteil der etwa 100 Milliarden Sonnen unserer Heimatgalaxis von Planeten begleitet wird“, so Reichl. Nimmt man andere Galaxien aus den Weiten des Universums hinzu, steigt die Zahl möglicher Exoplaneten ins Unermessliche.

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Nur ein Bruchteil davon dürfte sich allerdings als Lebensraum eignen. Ein zentraler Faktor: der Abstand zur jeweiligen Sonne. „In unserem Sonnensystem gibt es ‚zweieinhalb‘ Planeten in dieser habitablen Zone“, sagt Reichl. Die Erde liege optimal, der Mars am äußeren Rand und die Venus schon eher zu nah an der Sonne – ihr Klima ist auch durch einen Treibhauseffekt aus dem Ruder gelaufen. Außerdem liegen Eismonde der äußeren Gasplaneten Saturn und Jupiter im Fokus: Unter ihren kilometerdicken Eisschichten könne sich Leben wie in unserer Tiefsee verbergen, sagt Reichl.

Das Universum ist praktisch unendlich groß – das macht es umso wahrscheinlicher, dass wir Menschen nicht die einzigen intelligenten Lebensform sind.

Gibt es Aliens – und sind sie schon hier?

Sind wir wirklich allein im Universum? Davon ist kaum noch jemand in der Wissenschaft überzeugt: Viel wahrscheinlicher ist es, dass die Menschheit nur eine von vielen intelligenten Zivilisationen ist. Einzelne Forschende gehen gar davon aus, dass Außerirdische schon in unserem Sonnensystem waren. Doch Beweise gibt es nicht.

Irdisches Leben als Maßstab

Zugrunde liegt all dem die Annahme, dass außerirdisches Leben ähnlich funktioniert wie hier auf Erden – dass es sich also um Organismen mit einem Stoffwechsel handelt, die unter anderem Wasser benötigen. Als Erfolge werden deshalb etwa Funde von Methan gedeutet, weil es ein Überbleibsel biologischer Prozesse sein kann. Forscherinnen und Forscher sprechen von einer sogenannten Biosignatur.

Gerade die Venus als „Zwilling“ der Erde steht immer wieder im Verdacht, außerirdisches Leben zu beherbergen. Mittlerweile ist aber klar: Die Wolkendecke der Venus besteht nicht aus Wasser, sondern aus Schwefel. Und mit über 450 Grad Celsius liegen die Temperaturen auf der Oberfläche eher ungünstig. Wenn es also Leben gab, dann wohl vor langer Zeit.

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Suchmethoden sind noch zu grob

Und auch außerhalb unseres Sonnensystems bleibt die Suche knifflig. „Wenn es ein Sonnensystem wie unseres in der Milchstraße gäbe, würde es uns aktuell durch die Lappen gehen“, sagt Louise Nielsen, die an der Europäischen Südsternwarte (Eso) in Garching zu Exoplaneten forscht. Die Verfahren, mit denen die Fachleute nach Planeten suchen, sind noch nicht fein genug, wie Nielsen sagt. Allerdings gebe es eine Fülle von Missionen, die genau daran arbeiteten. „In den nächsten fünf bis zehn Jahren können wir hier einen Durchbruch erwarten“, sagt Nielsen.

Die Suche nach ähnlichen Sonnensystemen ist wichtig, weil die meisten Sterne in der Milchstraße sogenannte rote Zwerge sind. Sie werden zwar auch von Planeten aus Gestein und Wasser umkurvt, was eine wichtige Bedingung für Leben wäre. Allerdings beschießen rote Zwerge ihre Planeten regelmäßig mit Röntgenstrahlung – das führt zu einem eher ungemütlichen Umfeld für Lebewesen.

Forscher hält Planeten wie die Erde für selten

„Eigentlich braucht es für höheres Leben einen Stern wie unsere Sonne“, sagt Ulrich Walter, Ex‑Astronaut und Professor für Raumfahrttechnik an der Technischen Universität München. Ein Planet in diesem Sonnensystem müsse außerdem groß genug sein, um eine Erdatmosphäre halten zu können. Zusätzlich komme es auf den richtigen Mond an und – damit verknüpft – auf ein konstantes Klima. „Und zwar für mindestens zwei bis drei Milliarden Jahre“, so Walter.

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So kommen einige Faktoren zusammen. Walter glaubt deshalb, dass Planeten wie unsere Erde sehr selten sind in der Milchstraße. Vielleicht sogar einmalig.

Trotzdem gehen Fachleute davon aus, dass es Leben gibt – wenn auch vielleicht nicht in der Form, wie wir es aus „E. T.“ oder „Star Trek“ kennen. „Wahrscheinlich liegt der erste Fund irgendwo zwischen Virus und Bakterium“, sagt Eugen Reichl. Je komplexer die Lebensform, desto seltener.

Kontakt zu Aliens unwahrscheinlich

Und selbst wenn es Aliens geben sollte: Dass wir mit ihnen in Kontakt treten, dürfte wegen der enormen Distanzen unwahrscheinlich sein. „Angenommen, es gibt zehn Zivilisationen in unserer Milchstraße, dann wären sie im Schnitt etwa 30.000 bis 40.000 Lichtjahre voneinander entfernt“, sagt Ulrich Walter. Das bedeutet, ein Lichtsignal dorthin wäre mindestens 30.000 Jahre unterwegs – und ebenso lange müssten wir auf eine Antwort warten. „Ich denke, so kann keine Kommunikation gelingen.“

Walter, der 1993 ins All flog, schätzt vor allem die Chancen auf einen direkten Kontakt gering ein. Der vom Menschen erkundete Bereich des Kosmos sei im Verhältnis zur Milchstraße mikroskopisch klein. „Weniger als ein Sandkorn im Marianengraben“, sagt Walter. „Praktisch null.“ Das gelte auch für die „Voyager 1“, die seit fast 46 Jahren durchs All saust.

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Entfernungen zu groß

Wie unüberbrückbar die Distanzen wären, rechnet Walter an einem Beispiel vor: Selbst wenn eine Zivilisation nur zehn Lichtjahre entfernt wäre, was als unwahrscheinlich gilt, und sie mit einem Hundertstel der Lichtgeschwindigkeit reisen könnte – mit herkömmlichen Antrieben undenkbar – wäre sie rund tausend Jahre unterwegs. „Die logische Konsequenz aus all dem ist, dass es auf Erden keine Außerirdischen geben kann“, sagt Walter.

Die Suche nach Außerirdischen elektrisiert Gesellschaft und Wissenschaft seit Jahrzehnten. An Fahrt gewann die Debatte etwa 1961 infolge einer Konferenz in Green Bank, West Virginia. Der Astronom Frank Drake stellte dort die nach ihm benannte Gleichung auf, die die Zahl der Zivilisationen der Milchstraße bestimmen soll. Viele ihrer Variablen sind bis heute unbekannt, etwa die Zahl der Planeten. Dennoch regte die Gleichung die Fantasie an – und ist bis heute viel diskutiert.

Aerial view of Planet Earth with clouds, horizon and little bit of space, make feelings of being in heaven. Cloudscape and stratosphere from above at 30000 feet.

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Seti-Institut lauscht nach außerirdischen Radiowellen

Ein weiterer wichtiger Akteur: Carl Sagan. Er zeichnete verantwortlich für die Grußbotschaften, die in den 1970er-Jahren auf den „Voyager“-Sonden ins All gelangten. Und 1982 veröffentlichte der Astronom zusammen mit 70 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern einen Aufruf im Magazin „Science“. „Wir dringen auf die Organisation einer koordinierten, weltweiten und systematischen Suche nach außerirdischer Intelligenz“, schrieb Sagan.

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Wenig später wurde das SETI-Institut gegründet. SETI steht für die Suche nach außerirdischer Intelligenz (Search for Extra-Terrestrial Intelligence). Bis heute lauscht die Einrichtung im All nach Radiowellen anderer Zivilisationen.

„Entdeckung“ Amerikas ging für Ureinwohner nicht gut aus

Heute blicken viele Fachleute skeptischer auf ein Aufeinandertreffen. Sollte es entgegen der Erwartung eine Zivilisation auf unsere Erde schaffen, wird sie die Strapazen Ulrich Walter zufolge nur aus einem Grund auf sich nehmen: der Suche nach einem neuen Heimatplaneten. „Insofern bin ich froh, dass es noch nicht dazu gekommen ist.“

Ähnlich skeptisch blieb auch der Astrophysiker Stephen Hawking. „Wenn uns Außerirdische jemals besuchen, wird der Ausgang, so denke ich, genauso sein wie die Landung von Christopher Columbus in Amerika, was für die Eingeborenen nicht sehr gut ausging“, sagte er in der Dokumentation „Into The Universe with Stephen Hawking“.

Finden Forschende irgendwann Reste außerirdischer Zivilisation?

Mit den Auswirkungen eines Treffens befasst sich auch die Soziologie. „In der Wissenschaft wurden die kulturellen Auswirkungen des Kontakts mit einer außerirdischen Zivilisation lange Zeit unterschätzt“, sagt Michael Schetsche von der Universität Freiburg. Er hat sich auf die Exosoziologie spezialisiert, die das Verhältnis von Menschen und Außerirdischen in den Blick nimmt. Ein Direktkontakt sei zwar unwahrscheinlich, könne aber eine „kulturell verheerende“ Wirkung entfalten.

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Ohnehin hält Schetsche es für wahrscheinlicher, dass wir ein Artefakt, ein Überbleibsel anderer Zivilisationen finden: deshalb, weil der Faktor Zeit hier keine Rolle spiele. „So könnten wir in der Nähe der Erde noch heute die Überreste einer außerirdischen Expedition finden, die unser Sonnensystem erforscht hat, lange bevor die Menschheit überhaupt existierte“, so Schetsche. „Wir müssten nur danach suchen.“

Möglich wäre es natürlich auch andersherum – dass unsere Überreste gefunden werden, lange, nachdem die Menschheit aufgehört hat zu existieren. Zum Beispiel die „Voyager 1“ – mit Musik von Mozart und Armstrong. Und Grußworten auf Arabisch und Mandarin.

RND/dpa


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