Was tun, wenn Dating immer wieder im Chaos endet?

Ein einziger Tanz: In einer Beziehung sind Stärke und Leidenschaft nicht immer gleichmäßig verteilt. Jedes Paar muss seine Balance finden.

Ein einziger Tanz: In einer Beziehung sind Stärke und Leidenschaft nicht immer gleichmäßig verteilt. Jedes Paar muss seine Balance finden.

Eine private Frage vorab: Beruht Ihr Interesse an der Arbeit mit dem Liebeschip, den Ihrer Ansicht nach ein jeder von uns in sich trägt und der uns maßgeblich bei der Partnerwahl beeinflusst, auf eigenen, womöglich leidvollen Erfahrungen mit dem Thema Dating?

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Ja. Absolut. Alles, was ich in meinem Buch anspreche, habe ich mal mehr oder weniger leidvoll erlebt. Ich hatte auch mal zwei sehr toxische Beziehungen.

Vor derart ungesunden Beziehungen sind Sie als Paartherapeut, sprich als Mann vom Fach, also auch nicht gefeit?

Ich war selbst lange in einer Beziehung mit gemeinsamen Kindern und habe eigentlich gedacht, das bleibt jetzt für immer. Dem war aber nicht so. Und dann bin ich vor fünf bis sechs Jahren auf dem Datingmarkt gelandet mit all seinen Herausforderungen. Vorher war das Thema Bindungsangst mir noch nicht so präsent. Ich kannte das auch von meinen Klienten nicht, und dann trifft man auf Leute, die sich ganz anders verhalten, als man es kennt. Da habe ich nicht nur den Datingmarkt, sondern auch mich noch mal neu kennengelernt. Das war nicht immer schön, aber eine gute Erfahrung.

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Das Thema Bindungsangst zieht sich wie ein roter Faden durch Ihr Buch. Gibt es diese Angst wirklich, oder ist es, wie einige sagen, nur eine dankbare Ausrede, wenn man auf das Gegenüber keine Lust hat?

Mangelndes Interesse und Bindungsangst kann man im frühen Datingprozess tatsächlich nicht auseinanderhalten. Das macht es auch schwierig, weil die Bindungsangst ja keine wirkliche Angst ist, sondern sie sich als Ambivalenz und im Runterregeln von Emotionen zeigt. In der Wissenschaft sagen wir ohnehin, dass 50 Prozent der Menschen heute ein unsicheres Bindungsverhalten haben, das ist aber nichts Krankes. Rein statistisch nimmt das mit zunehmendem Alter unter Singles massiv zu, weil die bindungssicheren Menschen viel mehr in Beziehungen sind. Und wenn ich jetzt mit 40 plus auf den Datingmarkt komme, treffe ich auf entsprechend mehr Bindungsängstliche. Hinzu kommt, dass der Zeitgeist so ist, dass es weniger Verpflichtungsbereitschaft gibt, es in ist, alles laufen zu lassen. Dennoch glaube ich, dass die monogame Beziehung nicht tot ist.

Alltagsnah und locker in der Sprache: Christian Hemschemeiers Beziehungsratgeber „Der Liebescode – Beziehungen von morgen“ ist im Luther-Verlag erschienen, 256 Seiten, 16,95 Euro.

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Wie läuft die Codierung des Liebeschips ab?

Wir erwarten als Säuglinge und Kinder Liebe von unseren Eltern. Und was immer wir in dieser Phase kennenlernen, wird auf unserem Chip gespeichert. Das ist vertraut. Wenn man etwa einen nicht verfügbaren Elternteil hatte, dann datet man später auch mit hoher Wahrscheinlichkeit eine nicht verfügbare Person, weil es vertraut ist und weil man das Thema abschließen möchte.

Lässt sich die Codierung des Liebeschips zeitlich eingrenzen?

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Nein. Das geht bis ins Erwachsenenalter hinein. Man kann seinen Liebeschip beispielsweise auch durch Mobbing- und Schulerfahrungen weiter codieren.

Aber die Eltern haben schon einen großen Anteil an unserem Bindungsverhalten?

Ich würde eher sagen die primären Bezugspersonen, das kann auch eine ältere Schwester sein.

Wo lauern denn die größten Gefahren bei der Partnerwahl?

Gefährlich kann es werden, wenn man sich nur auf seine Gefühle verlässt. Wenn man einen unproblematischen Liebeschip hat, dann ist das okay. Ist das nicht der Fall und jemand hat immer wieder Probleme beim Dating, dann muss man sich diesen Problemen auch kopfmäßig stellen.

Das setzt doch aber voraus, dass einem bewusst ist, dass ein problematisches Bindungsverhalten vorliegt.

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Das ist wahr. So lange man sich dessen nicht bewusst ist, kann man auch nichts ändern. Das ist leider oft der Fall und trägt zum Problem bei.

Vermutlich braucht es einen hohen Leidensdruck, um aus alten Bindungsmustern auszubrechen, oder?

Ja, typischerweise ist das nach einer Crashbeziehung der Fall. Das können Beziehungen sein, in denen Paare mit ganz hohen Erwartungen starten und am Ende alles im Chaos endet. Dann folgt furchtbarer Liebeskummer, der einen in Bewegung setzen kann.

Sie sprechen in diesem Fall von toxischen Beziehungen und Plus- und Minuspolen, die sich magnetisch anziehen.

Ich glaube es ist in jeder Beziehung immer ein Tanz, mal will der eine mehr, mal der andere. In einer toxischen Beziehung ist das aber nicht ausgeglichen. Oft will der eine dann ganz viel Zweisamkeit und der andere muss zum Date getragen werden, kontrolliert die ganze Zeit den Abstand. Wir wiederholen da oft Schemata aus unserer Kindheit. Oft fühlt es sich so an, als ob zwei Teile einer Seele wieder zusammenkommen. Wenn der Pluspol den Minuspol ums Verrecken retten will, wie das Kind einst die alkoholkranke Mutter etwa, dann hat man eigentlich schon verloren. Das produziert am Ende nur Leid.

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Wie schwer ist es, aus einem toxischen Beziehungsverhalten auszusteigen?

Das ist ein Mammutprojekt. Das Wichtigste, was ich in diesem Zusammenhang vermittle, sind die sogenannten Standards und Dealbreaker. Das heißt, ich lege meine eigene Messlatte fest für all jene Menschen, die mich umgeben. Wenn also auf der Verhaltensebene meine Standards nicht erfüllt sind, dann kann ich mir das zwar eine Weile anschauen, aber dann lasse ich auch irgendwann los. Das ist das Allerwichtigste – als Akt der Selbstliebe.

Gibt es zu Beginn einer Beziehung klassische Warnhinweise?

Wenn der Partner einen schon sehr früh kritisiert oder auch die Taten nicht den eigenen Worten entsprechen, dann ist das schlecht. Natürlich kann man sich auch etwas aufs Buchgefühl verlassen, also die sehr leise Intuition, die sich schon früh bemerkbar macht. Diese von den Emotionen zu trennen ist natürlich nicht leicht.

Für eine gute Beziehung braucht es die „gute alte Kommunikation“, sagen Sie. Das ist in Zeiten von Smartphones wohl nicht leichter geworden, oder?

Ich kann nicht mit jemandem verbunden sein, den ich nicht sehe. In dem Moment, in dem ich versuche, einen Streit über Whatsapp zu führen, ist das natürlich totaler Mist. In der Beziehung geht es darum, Kontakt herzustellen, dafür muss ich dem anderen direkt sagen, was ich wirklich will. Es geht darum, eine Schnittmenge zu finden.

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Welchen Anteil an einer guten Beziehung hat das eigene Selbstwertgefühl?

In dem Moment, in dem ich meinen Wert über andere definieren muss, wird es oft schwierig. Je mehr ich an mich glaube, desto leichter wird es in einer Beziehung.

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