Studie: Aufforstungen könnten Europa vor Sommerdürren schützen

Ein Großteil der Bäume im Naturpark Arnsberger Wald ist tot oder erkrankt, meist durch den Borkenkäfer, der sich durch Trockenheit und Wärme verbreitet. Im vergangenen Jahr sind in den deutschen Wäldern 80,4 Millionen Kubikmeter Holz geschlagen worden.

Im vergangenen Jahr sind in den deutschen Wäldern 80,4 Millionen Kubikmeter Holz geschlagen worden – Grund waren häufig tote Bäume aufgrund der zunehmenden Hitze.

Aufforstungen könnten einer Studie zufolge in großen Teilen Europas die Niederschlagsmengen erhöhen und so manche Folgen des Klimawandels dämpfen. Vor allem gegen Sommerdürren könne dies vorbeugen, berichten Forscherinnen und Forscher um Ronny Meier von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) nach der statistischen Auswertung von Wetterdaten in der Zeitschrift „Nature Geoscience“. Aufforstungen könnten die Regenmengen demnach im Sommer um durchschnittlich 7,6 Prozent steigern – das entspräche 0,13 Millimetern pro Tag.

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Julia Pongratz von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) spricht von einer sehr wichtigen Studie: Sie belege den Zusammenhang zwischen Wäldern und Niederschlägen anhand einer breiten Beobachtungsbasis und betrachte nicht nur die Effekte am Ort einer möglichen Aufforstung, sondern auch, wie sich der Niederschlag in den windabwärts gelegenen Regionen verändern könnte. Allerdings seien viele Zusammenhänge sehr komplex, sagt die Inhaberin des Lehrstuhls für Physische Geographie und Landnutzungssysteme, die nicht an der Arbeit beteiligt war. „Unklar ist etwa, inwieweit die gefundenen Zusammenhänge auch mit fortschreitendem Klimawandel noch gelten.“

Wälder schützen die Böden vor Verdunstung

Wie sehr Trockenheit Bäumen zusetzen kann, zeigen die deutschen Waldzustandserhebungen der letzten Jahre. Für Deutschland gehen Prognosen künftig von mehr Niederschlägen im Winter und in trockeneren Sommern aus. Dass Wälder Folgen des Klimawandels mildern können, steht fest – etwa indem sie Böden vor Verdunstung schützen. Zudem deuten Studien darauf hin, dass Wälder selbst Niederschläge begünstigen können.

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Das Team um Meier prüfte nun anhand von Niederschlagsdaten, wie sich eine Umwandlung von Agrarland – also von Feldern und Weiden – in Waldland auf Niederschläge auswirkt. Dabei verglich es in meteorologischen Datenbanken klimatisch ähnliche Areale, die sich in Bezug auf Agrar- und Waldflächen unterschieden. Neben dem Einfluss der Vegetation berücksichtigten die Forscherinnen und Forscher auch verschiedene Klimaregionen Europas und diverse Geländetypen.

Niederschlagsmenge könnte durch mehr Wald deutlich steigen

Insgesamt gut 1500 solcher Paare ordneten sie fünf europäischen Regionen zu. In allen Regionen ging eine hohe Waldbedeckung mit mehr Niederschlägen einher. Einzige Ausnahme war das südliche Finnland in den Monaten April bis Juli. Besonders stark war der Effekt in Küstennähe – etwa auf den Britischen Inseln –, mit zunehmend kontinentalem Klima wurden die Auswirkungen schwächer.

Generell betrug der Unterschied zwischen Agrarland und Waldland im Winter 5 bis 15 Prozent, im Sommer war er mit null bis 10 Prozent geringer ausgeprägt. Für ganz Europa gehen die Forscherinnen und Forscher in einem sogenannten realistischen Szenario davon aus, dass gut 14 Prozent der untersuchten Fläche für eine weitere Bewaldung infrage kämen, ohne dass dadurch Einbußen etwa für die Lebensmittelversorgung oder die Artenvielfalt entstünden. Dadurch könnte die Niederschlagsmenge auf 27 Prozent der europäischen Fläche um mehr als 10 Prozent steigen, schreiben sie. Besonders stark wäre der Effekt demnach für die Britischen Inseln, West- und Südwestfrankreich, Italien, die östliche Adriaküste südlich bis nach Griechenland und Teile der Iberischen Halbinsel. Profitieren würden demnach aber auch Teile Deutschlands.

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Wälder verlangsamen Bewegung der Luftmassen

„Die durch eine realistische Bewaldung ausgelösten Veränderungen der Niederschlagsmengen haben das Potenzial, einen Teil der Folgen des Klimawandels auszugleichen“, schreibt das Team und verweist vor allem auf den Mittelmeerraum. „Bewaldung könnte eine entscheidende Rolle dabei spielen, sich an die durch den Klimawandel erhöhten Risiken für Sommerdürren anzupassen.“

Den Effekt auf die Niederschlagsmengen erklären die Forscherinnen und Forscher so: Durch die im Vergleich zu Feldern und Wiesen rauere Oberfläche verlangsamen Wälder die Bewegung der Luftmassen und sorgen zudem für mehr Turbulenzen, was die Niederschlagsneigung erhöhe. Zudem sei über Wäldern die Verdunstung erhöht, was vor allem im Sommer in Windrichtung die Niederschlagsmengen steigere. Belegt sind solche Effekte demnach für die Tropen und die Sahelzone.

Maßnahmen müssen regional geprüft und angepasst werden

Allerdings räumt das Team ein, dass die Zusammenhänge auf Beobachtungen beruhen, daher könne man kausale Zusammenhänge nur unter Vorbehalt annehmen. Dennoch: Angesichts der für die kommenden Sommer prognostizierten zunehmenden Trockenheit müsse man mehr Aufmerksamkeit auf die Auswirkungen der Vegetation richten.

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Das betont auch LMU-Expertin Pongratz: Die Aussagen für die Auswirkungen von Wäldern auf Niederschläge hält sie für robust. „Dass das Klima und die Landbedeckung miteinander zusammenhängen, ist klar“, sagt sie. „Das ist ein eng gekoppeltes System.“ Dennoch müsse man Maßnahmen auf regionaler Ebene sehr genau auf ihre möglichen Folgen prüfen.

„Maßnahmen wie Aufforstung sind wichtig zur Entfernung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre und können den globalen Klimawandel abschwächen“, sagt Pongratz. „Gleichzeitig muss sich jede Region an den Klimawandel anpassen. Wenn Aufforstung abnehmenden Niederschlägen entgegenwirken kann, erfüllt der Wald also einen doppelten Nutzen, global und vor Ort.“

RND/dpa

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