Studie zeigt Erderwärmung: Forscher rekonstruieren 66 Millionen Jahre Klimageschichte

Die Entwicklungskurve des Klimas zeigt nach Ansicht der Forscher auch, dass die prognostizierte menschengemachte Erderwärmung “viel größer” ist.

Die Entwicklungskurve des Klimas zeigt nach Ansicht der Forscher auch, dass die prognostizierte menschengemachte Erderwärmung “viel größer” ist.

Bremen/Potsdam. Aus der Analyse von Ozeansedimenten haben Forscher eine hochaufgelöste Klimageschichte der vergangenen 66 Millionen Jahre erstellt. Die Resultate deuten auf vier grundlegende Klimazustände in diesem Zeitraum hin und zeigen überdies deren Dynamik auf. Zudem veranschaulichen sie, dass die derzeitige Erderwärmung beispiellos ist. Das berichtet das internationale Forscherteam um Thomas Westerhold vom Zentrum für Marine Umweltwissenschaften (Marum) der Universität Bremen und Norbert Marwan vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) im Fachblatt “Science”.

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Bohrungen im Meeresboden: Daten lassen Rückschlüsse auf damalige Tiefseetemperaturen zu

Die Datengrundlage der Studie stammt von Bohrungen im Meeresboden aus verschiedenen Ozeanen. Das Team untersuchte die darin eingelagerten fossilen Schalen von Foraminiferen, am Meeresboden lebenden Organismen, auf Sauerstoff- und Kohlenstoffisotope. Diese lassen Rückschlüsse auf damalige Tiefseetemperaturen, das Eisvolumen und Kohlenstoff-Konzentrationen in der Atmosphäre zu. Die Klima-Referenzkurve reicht zurück bis zu jenem Massensterben vor 66 Millionen Jahren am Ende der Kreidezeit, dem unter anderem die Dinosaurier zum Opfer fielen. Damals begann das Erdzeitalter Känozoikum, das bis heute andauert.

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Von Hothouse bis Icehouse: Forscher leiten vier Klimazustände ab

Aus der Klimakurve leiten die gut zwei Dutzend Forscher aus sechs Staaten vier grundlegende Klimazustände ab, die sie Hothouse, Warmhouse, Coolhouse und Icehouse nennen. Demnach herrschte in den ersten zehn Millionen Jahren ein Warmhouse-Zustand vor, in dem die globalen Durchschnittstemperaturen mehr als fünf Grad Celsius über den heutigen Werten lagen. Vor 56 Jahren begann dann die Hothouse-Phase, die bis vor 47 Millionen Jahren reichte und in der die Werte um mehr als zehn Grad wärmer waren als heute – vor rund 50 Millionen Jahren sogar um etwa 14 Grad.

Danach kühlte das Klima tendenziell ab: Vor 47 Millionen Jahren bis vor 34 Millionen Jahren folgte eine zweite Warmhouse-Phase. Im folgenden Coolhouse-Stadium, das bis vor 3,3 Millionen Jahre reichte, entstanden die großen Eisschilde der Antarktis. Mit der Icehouse-Phase entstanden dann auch Eisschilde auf der nördlichen Erdhalbkugel. Dieses Stadium, in das auch die Evolution des Menschen fällt, endete mit dem Holozän gegen Ende der letzten Kaltzeit vor rund 12.000 Jahren. In der folgenden zweiten Coolhouse-Phase stieg die Temperatur tendenziell - in den letzten Jahrzehnten mit zunehmendem Tempo.

Klimawandel bedroht Meeresschildkröten

Der Anstieg des Meeresspiegels, verursacht durch den Klimawandel, bedroht die Meeresschildkröten. Ihre Nistplätze werden immer häufiger zerstört.

Studienautor: “Wir wollen verstehen, welche Klimazustände es in der Vergangenheit gab”

Die Kurve weist auch innerhalb der einzelnen Phasen periodische Schwankungen auf – etwa bedingt durch Änderungen der Erdbahn um die Sonne, die sogenannten Milanković-Zyklen. Wie das globale Klima darauf reagierte, hing jedoch entscheidend von den Treibhausgas-Konzentrationen und dem Volumen der polaren Eisschilde ab. Die Kurve belegt auch, dass die derzeitige und prognostizierte Erwärmung nicht im Bereich natürlicher Klimaschwankungen liegt.

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“Wir wollen verstehen, welche Klimazustände es in der Vergangenheit gab, welche Prozesse dahintersteckten und wie es weitergegangen ist", wird Erstautor Westerhold in einer Marum-Mitteilung zitiert. "Besonders interessant ist die Zeit von 66 bis 34 Millionen Jahren vor heute, als es auf dem Planeten deutlich wärmer war als jetzt.”

Prognostizierte menschengemachte Erderwärmung “viel größer”

Auch Ko-Autor James Zachos von der University of California in Santa Cruz unterstreicht die Bedeutung der Vergangenheit für die Interpretation der Gegenwart. “Nachdem es uns gelungen ist, die natürliche Klimaschwankungen zu erfassen, können wir sehen, dass die prognostizierte anthropogene Erwärmung viel größer ist”, sagt er. “Den Prognosen des Weltklimarats für 2300 in einem Weiter-so-Szenario zufolge kann die weltweite Temperatur auf ein Niveau steigen, das der Planet seit 50 Millionen Jahren nicht erlebt hat.”

Gerade die polaren Eisschilde trugen der Analyse zufolge während der Icehouse-Phase entscheidend zum stetigen Wechsel zwischen Kalt- und Zwischen-Kaltzeiten bei. “In einer extremen Treibhauswelt ohne Eis, gibt es keine Rückkopplungen durch die Eisschilde mehr”, mahnt Zachos. “Und das verändert die Klimadynamik."

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RND/dpa

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