Schlafparalyse: Wenn der Körper schläft und der Geist wach ist
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Gefährlich sind Schlafparalysen nicht. Problematisch sind nur die mit der Lähmung einhergehenden Ängste.
© Quelle: Yuris Alhumaydy/Unsplash
Hannover. Wer unter dem Phänomen der Schlafparalyse, auch Schlaflähmung genannt, leidet, hat das Gefühl, nachts wach zu werden, sich aber nicht bewegen zu können. Zeitgleich werden Betroffene von realistischen Albträumen geplagt: Viele berichten zum Beispiel von einer dunklen Kreatur, die sich nähert. Durch die Körperlähmung gibt es kein Entkommen.
Etwa 20 Prozent der Weltbevölkerung litten bereits unter einer Schlafparalyse
Michael Schredl ist wissenschaftlicher Leiter des Schlaflabors des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim und meint, etwa 20 Prozent der Weltbevölkerung hätten schon einmal eine Schlafparalyse erlebt. Bei Narkolepsie-Patienten komme das Phänomen allerdings deutlich häufiger vor als bei gesunden Menschen.
„Das Phänomen ist jahrhundertealt und erfuhr in unterschiedlichen Kulturen eine weite Palette an Erklärungsmöglichkeiten“, sagt Gerhard Mayer, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene (IGPP). „Einige interpretieren beispielsweise die Erscheinungen und vermuten, die Welt der Toten wolle Kontakt zu ihnen aufnehmen.“ Hierzulande betrachte man die Schlafparalyse aus medizinischer Sicht.
Schlaflähmung: Schutz während der REM-Phase
Der Nachtschlaf wird in vier Abschnitte unterteilt: die Einschlaf-, Leicht-, Tiefschlaf- und die REM-Phase. REM steht für „Rapid Eye Movement“. Während dieser Phase bewegen sich die Augen bei geschlossenen Lidern schnell hin und her, Herzfrequenz und Blutdruck steigen. Wir träumen. Damit intensive Träume nicht in Bewegungen umgesetzt werden, ist die Muskulatur, mit Ausnahme der an Atmung und Augen beteiligten Muskeln, gehemmt – ein Schutzmechanismus des Körpers.
„Beim Aufwachen schaltet das System in der Regel sofort um“, erklärt Schredl. „Doch bei der Schlaflähmung wird ein Großteil des Gehirns wach, während der Hirnstamm im REM-Zustand verbleibt.“ Die meisten Menschen empfänden diesen kurzweiligen Zustand als unangenehm, besonders wenn er mit Albträumen einhergeht. Einige Sekunden später wachten Betroffene tatsächlich auf oder schliefen wieder ein.
Wahrer Albtraum: So erleben Betroffene eine Schlaflähmung
„Während Betroffene den bekannten Raum sehen, in dem sie eingeschlafen sind, kommen Phänomene hinzu, die nicht ins Bild passen“, erklärt Mayer. Dazu gehörten beispielsweise Pflanzen, die sich bewegen oder sich nähernde dunkle Gestalten. Auch akustische Halluzinationen sowie das Gefühl von Druck auf der Brust seien nicht selten. Was man sieht und fühlt, hänge, ähnlich wie bei Träumen, davon ab, was man aus der Alltagswelt kennt.
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Wachzustand wie unter Narkose: Betroffene sehen sich selbst aus der Vogelperspektive
Laut Mayer können Schlafparalysen auch zum Erleben von sogenannten außerkörperlichen Erfahrungen führen. Hierbei entstehe das Gefühl, sich selbst aus der Vogelperspektive heraus betrachten zu können. Dieses Phänomen sei vor allem im Zusammenhang mit Narkosen während Operationen bekannt. „Das finden einige Betroffene aufregend“, weiß der Experte. „Sie versuchen sogar, den Zustand zu provozieren und ihre Träume zu steuern.“
Schlafparalyse: Was können Betroffene tun, um aufzuwachen?
Wer aus einer Schlafparalyse erwachen will, könne versuchen, den kleinen Finger oder Zeh zu bewegen. Ein Teil der Betroffenen probiere auch, zu schreien, um dem Partner ein Zeichen zu geben, sagt Mayer. Außerdem helfe es oft, im Wachbewusstsein für den Notfall zu trainieren.
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Panische Angst: Ist die Schlaflähmung gefährlich?
„Schlafparalysen sind nicht gefährlich“, erklärt Schredl entschieden. Daher gebe es keine Medikamente, die Abhilfe schaffen, ergänzt Mayer. Einzig problematisch seien die mit der Lähmung einhergehenden Ängste. Sie könnten mit einer Psychotherapie behandelt werden.
Zudem könne eine Schlafparalyse als Symptom einer Narkolepsie, auch bekannt als Schlafkrankheit, auftreten. Sie bedarf einer Behandlung.
So können Betroffene einer Schlafparalyse vorbeugen
Ein gesunder Schlafrhythmus mit festen Zeiten könne dabei helfen, Schlafparalysen vorzubeugen. „Hierbei zählt auch, dass man genügend Schlaf bekommt“, so Mayer. Ebenfalls förderlich sei es, auf der Seite anstatt auf dem Rücken zu liegen.
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