Resistente Keime auf der ISS könnten Raumfahrttouristen gefährden

Die undatierte Aufnahme zeigt die Internationale Raumstation (ISS) in der Erdumlaufbahn. Schon bald soll die Station auch für Touristen öffnen.

Die undatierte Aufnahme zeigt die Internationale Raumstation (ISS) in der Erdumlaufbahn. Schon bald soll die Station auch für Touristen öffnen.

Burlington. Die US-Raumfahrtbehörde Nasa will vom kommenden Jahr an Touristen auf der Raumstation ISS beherbergen. Doch bei der Ankündigung im Sommer wurden womöglich wesentliche Dinge nicht bedacht. Im Trinkwassersystem der Station etwa kommen einer Studie zufolge Bakterien vor, die zwar gesunden Astronauten nicht schaden, für Menschen mit schwächerem Immunsystem aber gefährlich sein könnten. Über diese Keime berichten US-Forscher im Fachjournal „Microbiology“.

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Die ISS kreist seit dem Jahr 2000 in rund 400 Kilometern Höhe um die Erde. Mehr als 200 Menschen waren schon dort. Die Wissenschaftler um Matthew Wargo von der University of Vermont in Burlington untersuchten nun von der US-Raumfahrtagentur Nasa zur Verfügung gestellte Proben von der ISS. Im sogenannten Biofilm der Wasserleitungen und -tanks gibt es demnach ein Gemisch von Arten, wie es auch in irdischen Anlagen zu finden ist. Biofilm wird die Schleimschicht mit Mikroorganismen genannt, die typischerweise etwa an der Innenwand von Abwasserrohren oder Blumenvasen zu finden ist. Auch Zahnbelag ist ein Beispiel.

Je mehr Menschen ins All starten, desto wahrscheinlicher werden Infektionen.

Matthew Wargo

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Von einigen der im ISS-Trinkwassersystem gefundenen Bakterien sei bekannt, dass sie Menschen mit geschwächtem Immunsystem erkranken lassen können, erläutern die Forscher. Für die kommerzielle Raumfahrt bedeuteten sie ein zwar sehr kleines, aber eben doch vorhandenes Risiko. „Das Immunsystem von Raumfahrern wird mit zunehmender Zeit im All schwächer, und je mehr Menschen dorthin starten, desto wahrscheinlicher werden Infektionen“, erklärte Wargo. „Derzeit schicken wir unglaublich gesunde, extrem gut trainierte Astronauten hoch.“ Beim Raumfahrttourismus sei davon auszugehen, dass auch weniger gesunde Menschen ins All aufbrechen werden.

Schon zuvor hatten Studien gezeigt: Die ISS mag weit von der Erde entfernt sein – frei von Mikroben ist sie bei Weitem nicht. In Proben von Orten wie Esstisch, Schlafkabine, Toilette, Wänden und Fenstern waren bei Analysen Staphylokokken (26 Prozent) und bestimmte Enterobakterien (23 Prozent) die häufigsten Mikroben. Weitere 11 Prozent gehörten zur Gruppe Bacillus. Inwiefern diese Arten Menschen auf der Raumstation gefährlich werden könnten, müsse noch untersucht werden, hieß es. Unter anderem wurde das Bakterium Staphylococcus aureus nachgewiesen, das gefährliche Infektionen verursachen kann. Zudem wurden Bakterien der Gruppe Enterobacter gefunden, die im menschlichen Darm vorkommen und zu Krankheiten führen können.

Bedingungen im Weltall können Resistenzen verstärken

Bei einer Studie zuvor waren auf der ISS gegen etliche Antibiotika resistente Bakterienstämme nachgewiesen worden. Manche Bedingungen im Weltall wie die Schwerelosigkeit könnten zur Entstehung von Resistenzen beitragen, hieß es von den Forschern.

Erst im August war an der ISS ein Adapter zum Ankoppeln privater Transporter installiert worden. Nach Angaben der Nasa sollen dort künftig „Starliner“-Raumschiffe des Luftfahrtunternehmens Boeing und Raumkapseln der Firma SpaceX andocken. Die USA wollen damit wieder selbst bemannte Flüge zur ISS schicken. In den vergangenen Jahren waren sie auf die russischen Sojus-Raumschiffe angewiesen. „Dragon“-Raumfrachter von SpaceX sind bereits zur ISS geflogen, Starts des „Starliners“ wurden bisher immer wieder verschoben.

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Angeschnallt schlafen für 35.000 Dollar

Die Nasa will die Raumstation mit der neuen Andockschleuse für das kommerzielle Geschäft öffnen. Seit 2001 waren erst sieben private Astronauten dort. Künftig sollen dort etwa zwölf Weltall-Urlauber pro Jahr unterkommen. Luxus erwartet die Reisenden nicht: Zu trinken gibt es aufbereiteten Urin. Der Lärm etlicher Lüftungsmotoren ist stets präsent. Man schläft angeschnallt an der Wand. Und auch das Essen lässt nach Aussagen bisheriger Besucher zu wünschen übrig. Einmalig allerdings ist der Ausblick.

Eine Nacht im All soll den Nasa-Plänen zufolge etwa 35.000 Dollar kosten. Hinzu kommen An- und Abreise zum Preis von wohl mehr als 50 Millionen Dollar. Die immensen Investitionen in die Raumstation sind damit nicht reinzuholen: Die Betriebskosten für die ISS liegen bei 3 bis 4 Milliarden Dollar im Jahr, die größtenteils die USA tragen.

RND/dpa

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