Indonesien kämpft um seinen Regenwald – und kann endlich Erfolge verbuchen
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Indonesien als „Best-Pratice-Modell“: Tatsächlich ist es dem Land gelungen, die Abholzung des Regenwaldes zumindest zu verlangsamen.
© Quelle: Volkswagen
Indonesien ist ein Land mit völlig anderen Dimensionen, als man sie in Europa kennt: Rund 280 Millionen Menschen bevölkern die vielfältige Inselwelt. Zum Vergleich: In der gesamten Europäischen Union leben knapp 450 Millionen Menschen. Auch die Landmasse ist eine völlig andere: Der südostasiatische Staat besteht aus rund 17.500 großen und kleinen Inseln. Wie viele es ganz genau sind, darüber ist man sich nicht hundertprozentig sicher.
Dieser weltgrößte Archipel, den Reisebroschüren gerne als „Smaragdband, das sich um den Äquator schmiegt“ bezeichnen, ist dicht mit Tropenwäldern bewachsen, in denen eine Vielzahl von Tierarten lebt. Es ist eine der Regionen der Erde, in der abgelegene Inseln nach wie vor spannende Geheimnisse der Tierwelt offenbaren. In Indonesien stoßen Biologen und Biologinnen immer wieder auf noch unbekannte Arten. Erst Ende Oktober meldeten Wissenschaftler wieder die Entdeckung eine neue Vogelart: der sogenannten Wakatobi-Nektarvogel – ein hübsches, schwarz-blau-gelbes Federvieh, das einem Kolibri ähnelt.
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Weltgrößter Palmölproduzent
„Die Wälder Sumatras, Borneos und Papuas gehören zu den wichtigsten Regenwaldgebieten der Erde“, sagt beispielsweise die Naturschutzorganisation WWF. Sie seien die Heimat von Orang-Utans, Tigern, Elefanten und Nashörnern. Zudem gibt es sowohl in der Tier- wie auch in der Pflanzenwelt viele endemische Spezies. Das sind Arten, die es nur in Indonesien und nirgendwo sonst auf der Welt gibt.
Um diese Vielfalt zu erhalten, muss jedoch der Regenwald bewahrt werden. In der Vergangenheit waren die Schlagzeilen, die diesbezüglich aus dem Inselstaat kamen, allerdings häufig alles andere als positiv. Denn in den vergangenen Dekaden hat Indonesien riesige Flächen gerodet und abgebrannt, vor allem um Holz- und Palmölplantagen anzulegen. Indonesien ist der weltgrößte Produzent für Palmöl – ein Rohstoff, der für zahlreiche Kosmetika und Lebensmittel, aber beispielsweise auch für Biokraftstoffe verwendet wird. Waren 1990 noch zwei Drittel Indonesiens mit Wald bedeckt, so hat die Fläche laut WWF von 2011 bis 2018 um 25,6 Millionen Hektar abgenommen.
Positiver Trend kann sich fortsetzen
Doch inzwischen gibt es Hoffnung: In den Jahren 2017 und 2018 ging die Entwaldungsrate in Indonesien erstmals zurück und seitdem gibt es immer mehr positive Zeichen. Auch wenn die Rodung nicht komplett aufgehalten wurde, so konnte sie doch deutlich verlangsamt werden. Die offiziellen Entwaldungszahlen der indonesischen Regierung zeigten für 2018 eine Entwaldung von 440.000 Hektar, etwas weniger als die 480.000 Hektar aus dem Jahr 2017.
Und der Trend konnte sich fortsetzen: „Die Rate des Primärwaldverlusts in Indonesien ging 2021 im fünften Jahr in Folge zurück“, hieß es im Bericht der „Global Forest Review“, die das World Resources Institute herausbringt. Im Jahr 2021 verlor das Land 203.000 Hektar Primärwald. Nicht unerwähnt bleiben darf dabei aber auch, dass es durchaus noch Sünder gibt: Vor allem in den drei Provinzen Ost-Kalimantan, Molukken und West-Papua verschlechterte sich die Situation teilweise. Trotzdem sei jedes weitere Jahr mit einem Rückgang der insgesamten Entwaldung „ein Grund zum Feiern“, urteilen die Forscherinnen und Forscher. Denn dies zeige, dass Indonesien zumindest in die richtige Richtung gehe. Aktuell hat man sich das Ziel gesteckt, die jährliche Entwaldung zwischen 2020 und 2030 weiter zu begrenzen und stets auf unter 325.000 Hektar pro Jahr zu drücken.
Finanzielle Anreize für den Waldschutz
Damit hat Indonesien zumindest eine Kehrtwende geschafft, auch wenn noch viel Arbeit nötig ist. Bewerkstelligt wurde dies dank mehrerer Initiativen und Reformen: So hat sich ein Moratorium aus dem Jahr 2019, das die Rodung von Primärwäldern und Mooren verbietet, als wirksam erwiesen. Die Entwaldung in den darin festgelegten Gebieten konnte tatsächlich reduziert werden. Auch ein waldbasiertes Klimaschutzprojekt habe seinen Teil beigetragen, wie Sandy Nofyanza und Bimo Dwisatrio, zwei Forschende des Centre for International Forestry Research, im Magazin „The Conversation“ schreiben.
Das Projekt, das den Titel „Reducing Emission from Deforestation and Degradation“ oder kurz REDD+ trägt, gibt Menschen, die Wälder schützen, finanzielle Anreize. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass es wirtschaftlich attraktiver ist, Wälder zu schützen, als sie zu roden. Nofyanza und Dwisatrio gestanden jedoch auch ein, dass ihre Beobachtungen gezeigt hätten, dass REDD+ immer noch Schwierigkeiten habe, den beabsichtigten „transformativen Wandel“ anzustoßen. „Beispielsweise findet in Indonesien immer noch eine großflächige Expansion landwirtschaftlicher und städtischer Gebiete statt“, so die Forschenden.
Positiv: Klimaphänomen La Niña
Seit 2016 versucht die Regierung in Jakarta aber auch, gerodete oder abgebrannte Torfgebiete wieder zu sanieren. Letzteres war eine Reaktion auf die besonders schlimmen Waldbrände im Jahr 2015. Damals verbrannten mehr als 2,6 Millionen Hektar Wald, ein Großteil davon befand sich in Torfgebieten. Laut einer aktuellen wissenschaftlichen Analyse, die im Rahmen der „IOP Conference Series: Earth and Environmental Science“ veröffentlicht wurde, ist diese Wiederherstellung von Torfgebieten zumindest „teilweise erfolgreich“. Gut funktioniert habe sie in allen Gebieten, auf die die Regierung leicht Zugriff hatte. Doch dort, wo Unternehmen die Landrechte besäßen, habe die Renaturierungspolitik für die Torfgebiete nicht greifen können. Positiv werteten die Autoren jedoch, dass es nun eine zweite Phase gebe, in der neben der Sanierung der Torfwälder auch Mangrovengebiete wiederhergestellt werden sollen – ein weiteres Ökosystem, das als wichtiger Kohlenstoffspeicher gilt und Indonesien beim Thema Klimaschutz und beim Erreichen eines Nullemissionszieles helfen sollte.
Aber auch das Wetter hat in den vergangenen Jahren eine positive Rolle gespielt: Die vergangenen Jahre waren von drei La-Niña-Zyklen geprägt. Diese bringen mehr Niederschläge und im Worst-Case-Szenario Überschwemmungen mit sich – somit blieben die gefürchteten großflächigen Waldbrände aus.