„Wir sind keine Weltraumtouristen“

Erste private Mission zur ISS: Wie Axiom Space den Weltraum erobern will

Es ging alles glatt: Die Crew der Ax‑1-Mission ist erfolgreich vom Startkomplex 39A des Kennedy Space Centers in Florida abgehoben.

Es ging alles glatt: Die Crew der Ax‑1-Mission ist erfolgreich vom Startkomplex 39A des Kennedy Space Centers in Florida abgehoben.

Die Erforschung und Arbeit im All ist ohne private Raum­fahrt­unternehmen undenkbar geworden: SpaceX, die Firma von Tesla-Chef Elon Musk, hat sich zum wichtigsten Versorger der Inter­nationalen Raumstation ISS entwickelt; Blue Origin von Amazon-Gründer Jeff Bezos hat erfolgreich erste suborbitale Raumflüge absolviert und arbeitet gerade an einer Mondlandefähre; während Milliardär Richard Branson plant, mit seiner Firma Virgin Galactic künftig Welt­raum­touristinnen und Welt­raum­touristen in den Orbit zu bringen.

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Das nächste Kapitel der privaten Raumfahrt schreibt nun Axiom Space: Das US-amerikanische Unternehmen hat die erste rein private Crew zusammen­gestellt, die am heutigen Freitag zur Inter­nationalen Raumstation ISS aufgebrochen ist. An der Mission mit dem Namen Axiom Mission 1, kurz Ax‑1, nehmen keine von staatlichen Welt­raum­behörden ausgewählten und trainierten Astronautinnen und Astronauten teil, sondern Privatpersonen. Der Platz in der Raum­fahrt­kapsel kostete Medien­berichten zufolge jeweils rund 55 Millionen US‑Dollar (etwa 50 Millionen Euro).

Wer sind die privaten Raumfahrer?

An Bord der Falcon‑9-Rakete, die von SpaceX bereitgestellt wird und am Freitag um 17.17 Uhr europäischer Zeit erfolgreich vom Startkomplex 39A des Kennedy Space Centers der US‑Welt­raum­behörde Nasa in Florida abgehoben ist, sind:

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  • Michael López-Alegría, Vize­präsident von Axiom Space und ehemaliger Nasa-Astronaut. Der 63‑Jährige leitet die Ax‑1-Mission als Kommandant. Er verfügt über mehr als 40 Jahre Erfahrung in der Luft- und Raumfahrt bei der US Navy und der Nasa, war bereits viermal im Weltraum und 2006 zuletzt auf der ISS. Die Ax‑1-Mission hat für ihn eine besondere Bedeutung: „Es fühlt sich an, als wären wir Fahnenträger“, sagte er kürzlich in einer Presse­konferenz. „Ich dachte, das Nasa-Training würde für mich sicher Routine werden, aber so viel auf der ISS hat sich verändert und den Rest hatte ich vergessen, also musste ich quasi wieder ganz von vorne anfangen.“
Michael López-Alegría ist Chefastronaut bei Axiom Space und Kommandant der Ax‑1-Mission.

Michael López-Alegría ist Chefastronaut bei Axiom Space und Kommandant der Ax‑1-Mission.

  • Larry Connor, Unternehmer und Investor. Er ist Gründer der US-amerikanischen Immobilien­investment­firma The Connor Group, besitzt zwei Technologie­unternehmen und hat als Pilot bereits an mehreren Kunst­flug­wett­bewerben teil­genommen. Der 72‑Jährige hat sich ein besonderes Ziel gesetzt: Er will der erste Mensch sein, der innerhalb eines Jahres die tiefsten Tiefen des Ozeans und den Weltraum erreicht. Im vergangenen Jahr hat er bereits Tauchgänge zum Mariannen­graben absolviert, jetzt fehlt nur noch der Flug ins All.
Larry Connor ist Pilot der Ax‑1-Mission.

Larry Connor ist Pilot der Ax‑1-Mission.

  • Eytan Stibbe, israelischer Impact Investor und Philanthrop. Der 64‑Jährige ist ehemaliger Kampfpilot der israelischen Luftwaffe (IAF) und wurde mit der Distinguished Aviator Medal ausgezeichnet. Nach Angaben der „Jerusalem Post“ ist er ein enger Freund des ersten israelischen Astronauten, Ilan Ramon, der 2003 an Bord der Raumfähre Columbia verstarb, als diese beim Wieder­ein­tritt in die Erd­atmo­sphäre auseinander­brach. Die Ax‑1-Mission ist Stibbes erster Flug ins Weltall.
Eytan Stibbe ist Crewmitglied der Ax‑1-Mission.

Eytan Stibbe ist Crewmitglied der Ax‑1-Mission.

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  • Mark Pathy, kanadischer Unternehmer, Investor und Philanthrop. Er ist CEO und Vorsitzender der Mavrik Corporation, einer privaten Investitions- und Finanzierungs­gesell­schaft mit Sitz in Montreal. Der 52‑Jährige ist seit 2017 auch Vorstands­vorsitzender des Musik-, Medien- und Technologie­unternehmens Stingray Group Inc. Er ist der zwölfte Kanadier, der in den Weltraum fliegt.
Mark Pathy ist Crewmitglied der Ax‑1-Mission.

Mark Pathy ist Crewmitglied der Ax‑1-Mission.

López-Alegría: „Wir sind keine Welt­raum­touristen“

Geplant ist, dass die vier Männer zehn Tage im Orbit verbringen, acht davon auf der ISS. Dort werden sie auf drei russische Kosmonauten, zwei amerikanische Astronauten und eine Astronautin, sowie auf den deutschen Esa-Raumfahrer Matthias Maurer treffen. Zur Vor­bereitung auf ihre Mission haben Connor, Pathy, López-Alegría und Stibbe Hunderte Trainings­stunden in Bereichen wie Sicherheit, Gesundheit, ISS‑Systeme, Start­platz­betrieb und Not­fall­protokolle absolviert.

„Wir sind keine Weltraumtouristen“

Doch wozu das Ganze? Warum wollen die vier überhaupt zur Raumstation fliegen? Wollen sie sich einfach nur mit viel Geld den Traum erfüllen, einmal von oben auf die Erde zu schauen? In den vergangenen Jahren ist die ISS schon mehrfach das Ziel von schaulustigen Welt­raum­touristinnen und Welt­raum­touristen gewesen.

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Nein, darum geht es der Crew der Ax‑1-Mission nicht. „Wir sind keine Welt­raum­touristen“, stellte Kommandant López-Alegría kürzlich klar. „Ich denke, der Welt­raum­tourismus hat eine wichtige Rolle, aber darum geht es hier nicht. Das ist definitiv kein Urlaub für meine Crewmitglieder.“

Zahlreiche Experimente auf der ISS geplant

Tatsächlich verfolgt die vierköpfige Besatzung ehrgeizige Pläne: Mehr als 25 Forschungs­experimente will sie auf der ISS durchführen. Besonders Eytan Stibbe hat sich der Forschung verschrieben. Zusammen mit der Ramon-Stiftung, der israelischen Raum­fahrt­agentur, dem israelischen Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Technologie und dem Bildungs­ministerium hat er wissen­schaftliche Experimente vorbereitet, die er in der Schwerelosigkeit durchführen will. Der Aufenthalt auf der ISS soll zudem pädago­gische Forschung und künstlerische Aktivitäten ermöglichen, teilt Axiom Space mit.

„Sie werden sich nicht die Nasen an der Fenster­scheibe der ISS platt­drücken, sondern sie wollen dort bedeutsame Forschung betreiben und etwas bewirken, jeder auf seine Weise“, sagte Michael Suffredini, Präsident und CEO von Axiom Space, vor Kurzem. „Dies ist eine bedeutende Mission. Nicht nur für die Crew, sondern für uns alle. Denn das, was die vier Männer tun, bringt die Menschheit und das menschliche Wissen wirklich voran – und das ist es, wofür unser Unternehmen gegründet wurde.“

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Axiom will ISS durch kommerzielle Raum­station ersetzen

Die 2016 vom früheren Nasa-Manager Suffredini und dem iranisch-amerikanischen Unternehmer Kam Ghaffarian gegründete Firma Axiom Space mit Sitz in Houston (Texas) hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Weltraum für die Menschheit zu erschließen. Die Ax‑1-Mission ist dafür nur der erste Schritt. Sie ebnet den Weg zur eigenen, kommerziellen Raumstation, wie sie Axiom Space in Betrieb nehmen will – als Ersatz für die ISS.

Die Zukunft der ISS steht schon seit längerer Zeit auf wackeligen Beinen: Ursprünglich sollte 2020 das Ende der Raumstation eingeleitet werden; dann wurde der Vertrag über die internationale Zusammen­arbeit doch bis 2024 verlängert. Während die Nasa und die Europäische Welt­raum­organisation Esa den bekanntesten Außenposten der Menschheit noch bis 2031 aufrecht­erhalten wollen, ist noch unklar, wie sich die russische Raum­fahrt­behörde Roskosmos entscheiden wird. Bislang stand die Behörde einem Weiter­betrieb eher kritisch gegenüber.

Bis 2028 soll die Raumstation von Axiom Space fertig sein

Zukünftig will die Nasa nicht mehr selbst eine Raumstation im Orbit betreiben, sondern auf kommerzielle Angebote zurück­greifen. Hier kommt Axiom Space ins Spiel: Das Unternehmen hatte 2020 von der US‑amerikanischen Welt­raum­behörde den Auftrag erhalten, ein kommerzielles Modul an die ISS anzubringen. Dieses Vorhaben soll 2024 in die Tat umgesetzt werden. Das Modul soll Platz für vier Astronautinnen und Astronauten bieten.

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Bei einer Einheit will es Axiom Space aber nicht belassen: 2025 will das Unternehmen ein weiteres Modul mit Platz für vier Raum­fahrerinnen und Raumfahrer in den Orbit bringen; 2026 ist geplant, ein Multi-Purpose-Logistics-Modul, das bislang dafür genutzt wurde, Frachten bei Space-Shuttle-Missionen zu und von der ISS zu bringen, als eine Art Groß­raum­labor anzuschließen; und 2027 soll der Axiom Power Tower mit einer Photo­voltaik­anlage hinzukommen. So soll bis 2028 eine eigene autarke Raumstation namens Axiom Station entstehen, die schließlich von der ISS abgekoppelt wird.

Die Illustration zeigt eine Außenansicht der Raumstation Axiom Station.

Die Illustration zeigt eine Außenansicht der Raumstation Axiom Station.

Die Ax‑1-Mission sei eine „Vorläufermission“ für den Bau der nächsten Generation des Außenpostens der Menschheit im Weltraum, sagte Suffredini. „Das ist jetzt die allererste von wahrscheinlich Hunderten Missionen innerhalb des nächsten Jahrzehnts. Das ist ein enormer Schritt nach vorn.“

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