Oberer Schnabel fehlt: Papagei Bruce nutzt Werkzeuge, um sich zu putzen

Der neuseeländische Papagei Bruce säubert sein Federkleid mithilfe eines Kieselsteins.

Der neuseeländische Papagei Bruce säubert sein Federkleid mithilfe eines Kieselsteins.

Neuseeland. Dass Papageien intelligent sind, ist kein Geheimnis. Früher beobachteten Forscherinnen und Forscher die Vögel bereits dabei, wie sie Werkzeuge dazu verwendeten, um an Futter heranzukommen. Doch laut der Universität von Auckland ist nun der erste Fall eines Keas bekannt, der Werkzeuge zur eigenen Körperpflege nutzt.

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Der neuseeländische Papagei, dem die Forschenden den Namen Bruce gegeben haben, lebt im Willowbank Wildlife Reserve in Christchurch. Der Kea wurde 2013 als junger Vogel schwer verletzt in freier Wildbahn gefunden. Die gesamte obere Hälfte seines Schnabels fehlt. Wie das passiert ist, wissen die Tierpflegerinnen und Tierpfleger nicht genau. Sie vermuten, dass er in eine Falle geraten sein könnte.

Trotz seines zum Teil fehlenden Schnabels weiß Bruce sich zu helfen.

Trotz seines zum Teil fehlenden Schnabels weiß Bruce sich zu helfen.

Forschende der neuseeländischen Universität untersuchten nun das Verhalten des Vogels im Rahmen einer Studie, die sie im Fachmagazin „Scientific Reports“ veröffentlichten. Dabei beschrieben sie, wie Bruce seine Behinderung überwunden hat, indem er Kieselsteine sucht, mit denen er sich selbst putzen kann. Das Reinigen des Federkleids ist für Vögel wichtig, um Staubpartikel, Schmutz und Parasiten zu entfernen.

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Schlaue und flexible Vögel

„Eigentlich verwenden Keas in freier Wildbahn selten Werkzeuge“, sagte Amalia Bastos, eine Tierforscherin der Universität Auckland, die die Studie leitete. Die Verwendung von innovativen Werkzeugen als Reaktion auf eine Behinderung zeige große Flexibilität in der Intelligenz der Tiere. „Sie sind in der Lage, sich anzupassen und neue Probleme flexibel zu lösen“, sagte sie.

Obwohl die Tierpflegerinnen und Tierpfleger Bruce viel weiches Futter geben, das ohne den Oberschnabel gefressen werden kann, hat er auch gelernt, härteres Futter zu verspeisen, indem er es gegen harte Gegenstände drückt und so zerkleinert. Inzwischen hat sich Bruce so gut an seine Verletzung angepasst, dass er verschiedene Gegenstände manipulieren kann, indem er sie zwischen seiner Zunge und dem Unterkiefer hält. Kein anderer Kea in dem Wildpark zeigt ein vergleichbares Verhalten auf.

Der Papagei Bruce hat gelernt, ohne einen vollständigen Schnabel auszukommen. Er klemmt Gegenstände einfach zwischen seine Zunge und den unteren Teil des Schnabels.

Der Papagei Bruce hat gelernt, ohne einen vollständigen Schnabel auszukommen. Er klemmt Gegenstände einfach zwischen seine Zunge und den unteren Teil des Schnabels.

Kea wägt Entscheidungen ab

Dass die neuseeländische Vogelart – die auch als Nestor notabilis bekannt ist – grundsätzlich schlau ist, zeigt sich auch darin, dass die Papageien schon mal Verkehrshütchen verrücken oder Brieftaschen klauen. Auch eine weitere Studie, die im März 2020 veröffentlicht wurde, zeigte bereits, wie intelligent der olivfarbene, fast 50 Zentimeter große Bergpapagei ist. Sie kam zu dem Schluss, dass Keas bewusst abwägen, wann ein Ergebnis wahrscheinlicher ist. Zudem bewiesen die Vögel damals, dass sie zwei Informationsquellen verbinden können, um ein Urteil zu fällen.

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Bei den Experimenten, die ebenfalls von Forschenden der Universität in Auckland ausgeführt wurden, zeigten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Keas zwei Gläser mit schwarzen und orangefarbenen Token. Den Vögeln wurde beigebracht, dass die schwarzen Token gegen eine Futterbelohnung eingetauscht werden konnten. In dem Experiment mussten die Keas dann das Glas auswählen, von dem sie dachten, dass es ihnen die beste Chance geben würde, eine Belohnung zu erhalten. Nachdem ein Forscher mit geschlossener Hand einen Token aus jedem Glas gezogen hatte, musste der Kea auf die Hand tippen, von der er glaubte, dass sie die Belohnung enthalten würde. Manchmal gab es mehr schwarze Token in einem Glas als im anderen, manchmal gab es die gleiche Anzahl schwarzer Token in beiden Gläsern, aber ein Glas hatte mehr orangefarbene, und manchmal hatten die Gläser die gleiche Menge orangefarbener Token, aber ein Glas hatte mehr schwarze Token. Der Kea wählte stets so, dass die Wahrscheinlichkeit höher war, einen schwarzen Token zu greifen.

Ähnlich gute Ergebnisse wie Menschenaffen

Auch ein zweites Experiment, bei dem eine Barriere in der Mitte der Gläser mit unterschiedlichen Anteilen an schwarzen und orangefarbenen Token oben und unten platziert wurde, zeigte, dass die Vögel das Glas mit der größten Anzahl schwarzer Token über der Barriere auswählten. Im letzten Experiment mussten die Keas zwischen zwei Forschenden wählen, die die Token aussuchten. Einer davon nahm grundsätzlich nur schwarze Token, selbst wenn weniger davon im Glas waren, während der andere beide Farben auswählte. Auch hier erinnerten sich die Vögel daran, welcher der Forschenden stets nach einem schwarzen Token griff. Die Ergebnisse der Studie seien „überraschend“, hieß es damals vonseiten der Tierforscherinnen und Tierforscher. Denn sie würden „die Ergebnisse von Kleinkindern und Schimpansen in ähnlichen Tests widerspiegeln“.

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Insgesamt leben in Neuseeland noch geschätzte 3000 bis 7000 Keas in der Wildnis. Vor allem bei Farmerinnen und Farmern haben die Papageien einen schlechten Ruf, da sie immer wieder Schafe attackieren und dabei mit ihren kräftigen Schnäbeln ordentliche Stücke Fleisch aus deren Rücken herausreißen. Zwischen 1860 und 1970 förderte die neuseeländische Regierung deswegen sogar, dass Bäuerinnen und Bauern die Vögel jagten und zahlte Kopfgeld für tote Keas. Rund 150.000 wurden dafür erlegt. Erst 1986 wurde der Vogel dann offiziell unter Schutz gestellt.

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