Nabu-Expertin: „Schottergärten wirken der Artenvielfalt entgegen“

In Schottergärten sind kaum heimische Pflanzen angesiedelt, somit bieten sie keine Nahrung für Insekten und stören das gesamte Ökosystem.

In Schottergärten sind kaum heimische Pflanzen angesiedelt, somit bieten sie keine Nahrung für Insekten und stören das gesamte Ökosystem.

Hannover. In Vorstädten sieht man sie mittlerweile so oft, dass die Umweltminister etwas gegen sie unternehmen wollen: Schottergärten. Zur anstehenden Umweltministerkonferenz in Hamburg stellte das saarländische Umweltministerium einen Antrag, dem sich Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen angeschlossen haben. Die Landespolitiker dringen darauf, dass die Bundesregierung eine Kampagne gegen solche Gärten startet. Unter dem Titel "Aktionsprogramm zur Förderung insektenfreundlicher Privatgärten in Deutschland" sollen Gartenbesitzer über die Problematik von Schottergärten informiert werden.

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Was genau die Problematik an Schottergärten ist, erklärt die Garten-Expertin Marja Rottleb vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) im Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.

Frau Rottleb, was ist das Problem bei Schottergärten?

Man beobachtet, gerade in den Speckgürteln der Städte, einen Trend hin zu Schottergärten. Das Problem ist erstmal die Häufigkeit und die Masse an Fläche, die da verloren geht. Nicht nur wir vom NABU, sondern auch die Städte und Gemeinden arbeiten eigentlich darauf hin, Städte immer lebenswerter für Menschen zu machen. Das bedeutet Entsiegelung, also, dass die Böden freigelegt werden, damit Wasser versickern kann und kühle Luft entsteht. Es ist nicht ganz definiert, ob diese Kiesgärten versiegelt oder teilversiegelt sind, es kommt immer auf die lokale Gesetzgebung an. Dieser Kiesgarten-Trend wirkt allen Bemühungen zur Anpassung an den Klimawandel entgegen und führt zu einem Verlust der Artenvielfalt. Er ist sozusagen ein Schuss vor den Bug.

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Welchen Einfluss haben Schottergärten konkret auf die Natur?

Oft ist es so, dass Pflanzen fehlen, und Pflanzen sind ja Grundlage allen Lebens. Wenn keine Pflanzen da sind, kommen auch keine Insekten. Das ist der zweite Punkt neben diesen ganzen Klima-Problemen – also dem Aufheizen und dass das Regenwasser nicht versickert. Es kommt auch hinzu, dass Lebensraum verloren geht, wenn man sich einen Schottergarten anlegt. Dies ist aber ein wichtiger Lebensraum, weil ja sonst alles mit Straßen zugepflastert ist.

Schottergärten sind ja nicht gleich Steingärten. Welcher Unterschied spielt da eine Rolle?

Es gibt nährstoffarme Beete mit tollen Pflanzen für die Insekten, die bei vielen Steingärten ein wenig Bergregionen nachempfunden sind und die sehr pflegeleicht sind. Und dann gibt es diese schrecklichen Kiesgärten, oder Schottergärten, die sind aber nicht zu verwechseln mit Steingärten. In Steingärten werden meistens Pflanzen gepflanzt, die angepasst sind. Das sind eben keine massiven Schichten, die vom Boden abgetrennt sind. Meistens sind noch andere Elemente vorhanden, wie ein Mini-Teich oder Totholz. Viele Steingärten bieten verschiedene Strukturen und sind hügelig angelegt, wie kleine Biotope. Da fühlen sich dann etwa Eidechsen wohl, weil sie Fressen finden, Spinnen und Amphibien mögen die kleinen Gewässer. Alle Pflanzen sind Nahrung für Insekten.

Das Baugesetzbuch schreibt doch bereits vor, dass unbebaute Flächen zu begrünen sind. Bringt das nichts?

Der Absatz im Baugesetzbuch gibt lediglich eine Option vor, die auf kommunaler Ebene im Bebauungsplan festgelegt werden kann. Die Städte können, müssen aber nichts festlegen. In Bremen gibt es jetzt einen Anlauf, dass Schotterflächen per Gesetz sozusagen verboten werden. Hier soll vorgegeben werden, dass Flächen zu bepflanzen oder zu begrünen sind.

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Die Umweltminister fordern jetzt eine Kampagne von der Bundesregierung – was würde das bringen?

Wenn sich Schottergärten nicht weiter ausbreiten, wäre das schon mal ein erster Erfolg. Es ist vielleicht ein bisschen wie mit dem Rauchen, da muss man Aufklärungsarbeit leisten. Den Menschen sollte eben bewusst werden, dass ihr Handeln Konsequenzen hat – dass es sogar bis zu unserer Regierung vordringt. Wir wollen alle gut leben und wir wollen dem Klimawandel entgegenwirken und dem Verlust der Artenvielfalt. Wir sind so viel am Machen und Tun, und ich persönlich kann gar nicht nachvollziehen, wie jemand die Probleme nicht sehen kann. Ich hoffe die Kampagne hilft, das Bewusstsein zu schärfen.

Lesen Sie auch:
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Von RND/Alice Mecke

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