Künstliche Intelligenz in der Medizin kann mit menschlichen Experten mithalten
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Studien zufolge könnte die Künstliche Intelligenz bei medizinischen Diagnosen Ärzte und Experten unterstützen.
© Quelle: picture alliance/dpa
Schon seit einiger Zeit wird das große Potenzial von künstlicher Intelligenz (KI) in der Medizin diskutiert. Befürworter schreiben der KI eine wichtige Rolle in der Zukunft zu. Unter anderem könnten so Ressourcen geschont und den Ärzten mehr Zeit für Patientengespräche verschafft werden. Außerdem soll die KI die Entwicklung von individuell auf die Patienten abgestimmten Behandlungen vorantreiben.
Experten warnen allerdings vor überspitzten Erwartungen. Studien zur künstlichen Intelligenz gibt es in dem Feld zwar viele. Wie der „Guardian“ berichtet, ist ein Großteil davon aber mangelhaft. Bisherige Erkenntnisse basieren demnach auf einer sehr begrenzten Anzahl von Studien.
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„Deep Learning“ zur Diagnose von Krankheiten
Einer der größten Anwendungsbereiche der KI in der Medizin ist zurzeit die Auswertung von medizinischen Bildern wie zum Beispiel Scans. Dabei kommt das sogenannte Deep Learning zum Einsatz. Bei diesem komplexen Lernprozess werden Bilder in den Algorithmus einer Maschine eingespeist. Die Algorithmen erkennen bestimmte Merkmale und lernen, ähnliche Bilder zu klassifizieren. Wie der „Guardian“ berichtet, bietet dieser Ansatz vielversprechende Möglichkeiten bei der Diagnose von Krebserkrankungen bis hin zu Augenkrankheiten.
Nur wenige aussagekräftige Studien
Allerdings ist bisher noch relativ unklar, wie diese Art der Diagnose im Vergleich zur Arbeit von Ärzten einzuordnen ist. Ein Forscherteam aus Großbritannien hat nun erstmals eine umfassende Begutachtung von Studien durchgeführt, die sich mit dem Thema „Deep Learning“ beschäftigen. Dabei untersuchte das Team um die britische Forscherin Xiaoxuan Liu zunächst alle Studien, die seit 2012 zu dem Thema veröffentlicht worden waren. In ihrem Bericht der Studie in der Zeitschrift „Lancet Digital Health“ beschreiben die Forscher, dass ihre erste Recherche mehr als 20.000 relevante Studien hervorbrachte. Von den 20.000 stellten sich allerdings nur 14 als aussagekräftig heraus. Diese waren vom Ablauf her vergleichbar: Um die Fähigkeiten der Diagnose von Mensch und Maschinen zu vergleichen, hatten Wissenschaftler Maschinen mit Bildern trainiert und im Anschluss daran menschliche Experten und die Maschinen die gleichen medizinischen Bilder bewerten lassen.
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KI gleichauf mit Medizinern
Das Ergebnis der Auswertung: „Deep Learning“-Systeme erkannten eine Krankheit in 87 Prozent aller Fälle richtig, Ärzte lagen in 86 Prozent der Fälle richtig. In 93 Prozent der Fälle gaben die Maschinen korrekte Entwarnung im Vergleich zu 91 Prozent der menschlichen Experten. Allerdings weisen die Forscher darauf hin, dass die Mediziner keine zusätzlichen Informationen zu den Patienten erhielten, die sie normalerweise für eine Diagnose heranziehen würden.
Die Autoren der Studie bezeichnen die Ergebnisse dem „Guardian“ gegenüber als ermutigend. Allerdings würde die Begutachtung dem aktuellen Hype um künstliche Intelligenz auch einen kleinen Dämpfer versetzen. „Es gibt eine Menge Schlagzeilen, die behaupten, KI könne menschliche Leistung übertreffen, aber unsere Botschaft ist klar: KI kann bestenfalls mithalten“, erklärt Dr. Xiaoxuan Liu, die Hauptautorin der Studie.
In der wirklichen Welt testen
Die Autoren der Studie sind trotzdem zuversichtlich, dass der Einsatz von „Deep Learning“-Systemen in der Medizin Potenzial hat. Derartige Systeme könnten bei der Diagnose von Scans und Bildern helfen. Laut Liu könnten sie sich zudem an Stellen als nützlich erweisen, wo es an Experten mangelt. Um die Technik zu untersuchen, müsste sie allerdings bei der Arbeit in Kliniken getestet werden, um die Ergebnisse der Diagnosen mit den Fähigkeiten von Medizinern vergleichen zu können.
Das bestätigt auch Dr. Raj Jena, ein Onkologe am Addenbrooke's Klinikum in Cambridge, der an der Studie nicht beteiligt war. Dem Experten zufolge werden die Deep-Learning-Systeme in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, müssen dazu aber in der „wirklichen Welt“ getestet werden. Außerdem sei es wichtig zu verstehen, warum solche Systeme teilweise die falsche Diagnose stellen. „Wenn ein ,Deep Learning'-System versagt, dann tut es das oft auf eine sehr unvorhersehbare und spektakuläre Art und Weise“, so der Experte. Bevor die künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt, muss sie also zunächst noch genauer erforscht werden.
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