Gesänge aus der Tiefe: Finnwale können laut Studie verschiedene Rhythmen von Artgenossen lernen
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Die Forscher gehen davon aus, dass die Finnwale durch die Begegnung mit Artgenossen neue Liedstrukturen lernen.
© Quelle: Abigail Lynn/Unsplash
Die Gesänge der Finnwale vor der Küste von Hawaii sind vielfältiger als bisher angenommen. Bei der Auswertung von Unterwasser-Tonaufnahmen fanden amerikanische Forscher verschiedene Rhythmusmuster, die sich mit der Zeit auch änderten. Die Ergebnisse unterstützten die These, dass Finnwale im Laufe ihres Lebens verschiedene Gesänge lernen, schreiben Wissenschaftler um Tyler Helble und Regina Guazzo vom Naval Information Warfare Center Pacific in San Diego (Kalifornien). Sie veröffentlichten ihre Studie über die Aufnahmen aus den Jahren 2011 bis 2017 nun im Fachjournal „Frontiers in Marine Science“.
Walgesänge: Forscher entdecken vor Hawaii fünf verschiedene Rhythmusmuster
Die Forscher platzierten 14 Unterwassermikrofone in einem etwa 20 mal 40 Kilometer großen Gebiet vor der Insel Kauai, die zu Hawaii gehört. Diese Hydrofone waren in Tiefen von 3150 bis 4700 Metern unter der Wasseroberfläche positioniert. Da die Gesänge von mehr als einem Hydrofon aufgezeichnet wurden, konnten die Forscher die Position des jeweiligen Sängers bestimmen. „Weil verschiedene Liedmuster vom selben Ort kamen, konnten wir zeigen, dass diese wahrscheinlich vom selben Individuum produziert wurden“, sagte Guazzo.
„Männliche Finnwale im Pazifik singen nur zwei sehr tiefe Töne, die in unterschiedlichen Rhythmen erzeugt werden, um ein Lied zu produzieren“, erklärt Helble. Interessanter als die beiden Tonhöhen ist deshalb die zeitliche Abfolge der einzelnen Töne, also die Pausenlänge zwischen den Tönen. Die Forscher entdeckten vor Hawaii fünf verschiedene Muster, die nur aus einem Ton bestanden oder aus einer Kombination zweier Töne. B-Töne sind etwa eine Sekunde lang und haben eine Frequenz von 15 bis 42 Hertz. A-Töne sind etwas kürzer und tiefer als die B-Töne. Einige Muster waren einzigartig in der Region, andere waren von Walen im Pazifik bereits bekannt.
Studie: Finnwale können durch die Begegnung mit Artgenossen neue Liedstrukturen lernen
Insgesamt werteten die Wissenschaftler 115 Gesänge von Finnwalen (Balaenoptera physalus) vor Hawaii aus. In den Jahren 2011 bis 2014 war das A-A-Einfachintervall am häufigsten, später war es das A-B-Doppelintervall. Dieses Intervall war etwa 2006 das häufigste an der Westküste der USA gewesen. „Wenn in einer Region ein neues Wallied aufgenommen wird, sehen Forscher es oft als Signal, dass eine neue Gruppe oder ein Individuum aus einem anderen Teil der Welt angekommen ist“, erläuterte Guazzo. Gegen diese Vermutung spreche jedoch, dass bei zahlreichen der aufgezeichneten Gesänge der Rhythmus immer wieder gewechselt wird.
Das Team geht daher davon aus, dass die Gesänge nicht spezifisch festgelegt für einzelne Gruppen sind. Stattdessen könnten die Finnwale durch die Begegnung mit Artgenossen auch neue Liedstrukturen lernen – die Forscher bezeichnen das als kulturelle Übertragung. Um das genau zu überprüfen, müssten jedoch aufwendige Beobachtungen und Genanalysen der einzelnen Tiere vorgenommen werden.
„Es gibt immer noch große Unsicherheiten hinsichtlich der Größe und Struktur der Finnwalpopulation im Nordpazifik; wenn wir also etwas über die Gesänge lernen, können wir die Bevölkerungsdynamik in dieser Region viel besser verstehen“, ergänzt Helble.
Die Gesänge der Finnwale stammen wahrscheinlich nur von männlichen Tieren. Manche Wissenschaftler vermuten, dass die Tonfolgen dem Anlocken von Weibchen dienen. Seltsame Geräusche vor der Insel Mallorca, von denen Sportfischer und Taucher immer wieder berichtet hatten, entpuppten sich 2006 als Finnwalgesänge.
RND/dpa