Für mehr Blumen und Beete: Städte sagen Stein- und Schottergärten den Kampf an
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Karger Anblick: Ein Kiesvorgarten in Bremen
© Quelle: Carmen Jaspersen/dpa
Hannover. Was einst ein akkurat gemähter Rasen war, hat sich vielerorts in eine graue Wüste verwandelt. Statt Grünflächen, Büschen, Bäumen und Beeten verbreiten sich Kies, Schotter, Beton und Asphalt in den Vorgärten der Bundesrepublik. Statt Holzzäunen und Hecken markieren heute steingefüllte Gitter – sogenannte Gabionen – die deutschen Grundstücksgrenzen.
Die viel diskutierten Stein- und Schottergärten sind nach wie vor auf dem Vormarsch. Doch mittlerweile regt sich Widerstand gegen die versiegelnde Gartengestaltung. Immer mehr deutsche Städte wollen mit Verboten und neuen Bebauungsplänen das Grün zurück in ihre Nachbarschaften holen.
So auch im niedersächsischen Neustadt: Hier sind Grüne und Linke auf der Suche nach Möglichkeiten, um die umstrittenen Gärten künftig zu verhindern: "Schottergärten, die häufig noch mit nicht heimischen Gehölzen bepflanzt werden, hätten den ökologischen Wert eines asphaltierten Parkplatzes" heißt es in einer Anfrage an die Stadtverwaltung.
Andere Städte haben bereits reagiert. Im hessischen Hanau und Fulda, sowie in Speyer in Rheinland-Pfalz wurden beispielsweise Bebauungsplänen entsprechend angepasst. Steingärten sind dort nun in bestimmten Gebieten gänzlich verboten. Auch Wiesbaden, Bremen und Mainz planen Ähnliches.
Doch warum steht der Steingarten überhaupt in der Kritik?
Der Vorteil der Gärten liegt auf der Hand: Sie kommen mit einem Minimum an Pflege aus. Besonders Besitzern von Kleingrundstücken, denen der Kauf großer Gartengeräte sinnlos erscheint, kommen die versiegelten Oberflächen gelegen. In Schotter- und Steingärten werden Wiesen, Rasen und Beete durch Schotter und Kies ersetzt, und der Boden mit Folien ausgelegt. Zu Wildwuchs und Unkraut kommt es dadurch nur sehr selten.
Nicht nur unter ästhetischen Aspekten wird die Versiegelung der natürlichen Böden jedoch kritisch gesehen. Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) warnt vor einem Verlust der Artenvielfalt durch Stein- und Schotterwüsten. Zum einen enthielten die Gärten meist nur wenige Pflanzen, heißt es in einer Nabu-Mitteilung. „Häufig werden zudem Neophyten gepflanzt, die sich außerhalb des Gartens ausbreiten und die heimischen Pflanzen verdrängen und hiesigen Tieren kaum oder gar keine Nahrung bieten.“ Besonders bedrohte Arten wie Bienen und andere Insekten hätten immer größere Probleme bei der Nahrungssuche. Viele der verwendeten Steine hätten zudem einen weiten Weg hinter sich und stammen demnach häufig aus China.
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In der Debatte solle es aber letztlich nicht nur um Verbote gehen, sondern darum, wieder mehr Menschen für die Natur zu begeistern, sagte die Naturschutzreferentin des Nabu Rheinland Pfalz, Ann-Sybil Kuckuk, der Deutschen Presse-Agentur.
Auf mehr Begeisterung für grüne Gärten hofft auch der Biologe Ulf Soltau. Auf der Facebook-Seite "Gärten des Grauens" widmet er sich seit zwei Jahren auf humorvolle Weise dem Phänomen Steingarten und sammelt fleißig Fotos von skurrilen, tristen und besonders ideenlosen Grauflächen. "Sauberkeit, Ordnung und der Krieg gegen das Unkraut sind nach wie vor Kardinaltugenden des deutschen Privatgärtners. Natur ist und bleibt ein nicht hinzunehmender Störenfried auf heimischer Scholle", kommentiert Soltau seine umfangreiche Sammlung, mit der er neben Aufklärung auch auf Abschreckung setzt.
Von RND/Mila Krull