Fischerschöpfungstag: Europa geht der Fisch aus
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Fangnetze mit Heringen werden auf dem Greifswalder Bodden an Bord eines Fischkutters gezogen.
© Quelle: Jens Büttner/dpa
Hannover. Unsere Weltmeere sind unerschöpflich – eine Illusion, denn auch der Fisch-Reichtum ist begrenzt. Ab dem 9. Juli ist Europa rechnerisch abhängig von Fisch-Importen. Das bedeutet nicht, dass es in ganz in Europa keine eigenen Fischereierzeugnisse mehr gibt. Dieser Tag wird jährlich von der britischen New Economics Foundation ermittelt und ist ein Mittelwert aus allen europäischen Ländern, die je ihren eigenen Stichtag haben. Deutschland ist bereits am 4. Mai der Fisch ausgegangen, Österreich am 17. Januar und Schweden kann noch bis zum 23. Dezember aus eigenem Fischbestand schöpfen.
„Europa sollte sich selbst versorgen können“
Lachs aus Alaska oder die Goldmakrele aus dem Indischen Ozean – ab dem 9. Juli wird der Fisch importiert. „Global gesehen ist das eine Katastrophe“, findet Stella Nemecky, Fischereiexpertin des WWF. Damit würde die globale Gerechtigkeit angegriffen, denn Europa sei vergleichsweise und könnte sich den Import erlauben – anderen Ländern außerhalb Europas ginge es nicht so gut, sie müssten eben auf den Fischbestand zurückgreifen, den sie hätten. „Wir holen uns Ressourcen, die wir selber haben sollten. Europa sollte sich selbst versorgen können“, sagt Nemecky.
Überfischung bedroht die Gesundheit der Meere
Weltweit bedroht Überfischung die Gesundheit der Meere und damit das Überleben seiner Bewohner. Laut dem Umweltverband WWF gelten bereits 33 Prozent der kommerziell genutzten Fischbestände als überfischt und 60 Prozent als maximal genutzt. "Notsituationen benötigen eine gute Reserve. Nur gesunde Bestände sind das Fundament für eine zukunftsfähige Fischerei", sagt Stella Nemecky. Die restlichen "unterfischten" sieben Prozent würden ebenfalls schnell schwinden, wenn die Fischerei weiter die Weltmeere plündert.
Ziel verfehlt: Bis 2020 sollte die Überfischung in der EU beendet sein
Das EU-Parlament hatte sich 2013 eigentlich das Ziel gesetzt, bis 2020 die Überfischung in ihren Meeren zu beenden. Laut einer damaligen WWF Analyse hätten sich bei der Umsetzung des Parlamentsvorschlags drei Viertel der überfischten Bestände bis 2023 erholt. Jedoch wurden von vielen EU-Staaten wissenschaftliche Empfehlungen bezüglich angemessener Fangmengen in der Vergangenheit missachtet, so dass 2018 in Nord- und Ostsee noch immer 41 Prozent der Fischbestände überfischt waren.
Prekäre Lage in der Ostsee
In der Ostsee ist die Lage derzeit besonders prekär. Für 2020 empfiehlt der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) Fangverbote für Dorsch in der östlichen und Hering in der westlichen Ostsee. Am Montag kündigte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) Fangstopps für Dorsch aus der östlichen Ostsee an. Voraussichtlich werde die EU-Kommission bis Ende des Jahres in dieser Meeresregion die Fischerei auf Dorsch bis hin nach Rügen verbieten.
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Was Verbraucher tun können
Der WWF empfiehlt, Fisch als nichtalltägliche Delikatesse zu genießen. Einmal pro Woche wäre dabei ideal. Zudem sollte beim Kauf von Fischprodukten auf Bio- und Umweltsiegel geachtet werden. Für Wildfisch bietet das MSC-Siegel die beste Orientierungshilfe. Abzuraten ist derzeit vom Dorsch und Hering aus der Ostsee – auch der Kabeljau aus der Nordsee gilt als gefährdet.
Welche Fischprodukte ebenfalls gemieden werden sollten und welche unbedenklich verzehrt werden können, zeigt der WWF-Einkaufsratgeber Fische & Meeresfrüchte. Ansonsten kann man sich an der Frischetheke des Vertrauens über den Fischbestand und die nachhaltige Fangpraxis der jeweilig angebotenen Fische informieren.
Von David Sander/RND