Das bringt ein Tempolimit auf Autobahnen
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Ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf Autobahnen würde viel bringen – dem Klima, der Sicherheit und dem Verkehrsfluss.
© Quelle: picture-alliance/ dpa-tmn
Hannover. Tempolimit. Ein Wort, das in Deutschland mittlerweile prominenter ist als Tokio Hotel. Die Diskussionsfreudigkeit am Scheitelpunkt der Prominenzkurve ist aber gleichermaßen hoch. Laut dem aktuellen ARD-Deutschlandtrend sprechen sich 53 Prozent der Deutschen für ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde aus - 45 Prozent sind gegen eine Beschränkung.
Dabei würde eine Geschwindigkeitsbegrenzung gar nicht so viele Autofahrer betreffen, wie aus einer Studie des Verkehrsministeriums im April 2019 hervorging. Nur jeder Dritte fuhr schneller als die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h – und nur etwa jeder Zehnte fuhr mehr als 150 km/h. Die Werte wurden von 2010 bis 2014 gemessen, um zu ermitteln, wie viel Kohlendioxid durch ein Tempolimit eingespart werden könnte.
Bundestag lehnt Antrag auf Tempolimit 130 ab
Einen Antrag der Grünen zur Einführung eines Tempolimits auf deutschen Autobahnen wurde just von den Abgeordneten des Bundestags abgelehnt. Die Grünen hatten ab dem 1. Januar 2020 eine Begrenzung von 130 km/h gefordert. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ist seit Monaten kategorisch gegen ein Tempolimit. “Das Prinzip der Freiheit hat sich bewährt. Wer 120 fahren will, kann 120 fahren. Wer schneller fahren möchte, darf das auch. Was soll der Ansatz der ständigen Gängelung?”, sagte der CSU-Politiker bereits im Januar 2019 gegenüber der “Bild am Sonntag”. So war bereits vor dem Antrag zu erwarten, dass Scheuer und Parteifreunde dagegen stimmen würden.
Tempolimit würde zum Klimaschutz beitragen
Die Grundsatzdebatte, ob ein Tempolimit nun sinnvoll ist oder nicht, bleibt. Dabei gibt es im Hinblick auf den Klimaschutz ein klares Argument. “Bei einem Tempolimit von 130 km/h sind CO₂-Einsparungen in der Größenordnung von bis zu zwei Millionen Tonnen pro Jahr möglich. Das sind bis zu 2 Prozent der CO₂-Emissionen des Pkw-Verkehrs”, sagt Katrin van Randenborgh vom ADAC gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Der ADAC bezieht sich bei seinen Daten zum CO₂-Einsparpotenzial durch ein Tempolimit auf das Handbuch für Emissionsfaktoren (HBEFA) vom Umweltbundesamt.
Weniger Unfälle durch Tempolimit
Es gibt keinen plausiblen Grund mehr, ein Tempolimit zu verhindern.
Andreas Knie,
Mobilitätsforscher
Immer wieder kritisieren Gegner des Tempolimits auch, dass nicht die Unfallzahl abnehme, sondern lediglich die Schwere der Unfälle. “Ein Tempolimit sorgt für einen gleichmäßigen Verkehrsfluss, dieser trägt nachweisbar zu einer geringeren Unfallgefahr bei”, sagt der Berliner Mobilitätsforscher Andreas Knie dem RND. “Es gibt wirklich keinen plausiblen Grund mehr, ein Tempolimit zu verhindern.” Laut der offiziellen Unfallstatistik beruht die Unfallursache auf deutschen Autobahnen in jedem dritten Fall auf überhöhter Geschwindigkeit. “2017 kamen schätzungsweise 80 Menschen auf Autobahnabschnitten ohne Tempolimit zu Tode, weil sie mit nicht angepasster Geschwindigkeit unterwegs waren”, sagte Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung beim Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft, im Januar 2019 dem “Tagesspiegel”.
Tempolimit für besseren Verkehrsfluss
Kaum ist die Geschwindigkeit in einem Autobahnabschnitt freigegeben, rasen viele mit mehr als 200 km/h über die linke Spur. Schert jemand von der Mittelspur aus, muss der Tempofahrer abbremsen – im schlimmsten Fall löst er dadurch einen Rückstau aus. “Wenn es einen kontinuierlichen Fahrbetrieb gibt, wie bei einem Tempolimit, fließt auch der Verkehr besser”, stellt Knie fest. “Wir haben herausgefunden, dass mit einem Tempolimit mehr Autos pro Autobahnkilometer möglich sind.” Da die Deutschen wieder mehr Autos kaufen, wäre diese Erkenntnis durchaus ein zusätzliches Argument für ein Tempolimit.
Umsetzbarkeit vom Tempolimit
Ich prognostiziere, dass ein Tempolimit noch im nächsten Jahr kommt.
Andreas Knie,
Mobilitätsforscher
Ein Tempolimit hätte nachweislich positive Folgen: weniger Kohlendioxid, weniger Verkehrstote, besserer Verkehrsfluss. Die Umsetzbarkeit scheint nicht utopisch. “In der Tat wäre ein Tempolimit rein praktisch leicht umzusetzen, allerdings wird die Diskussion in Deutschland besonders emotional geführt”, sagt van Randenborgh vom ADAC. Auch der Verkehrsexperte Knie hält das Vorhaben Tempolimit für realistisch: “Der Bund müsste ein paar Schilder aufstellen und breiter überwachen. Das könnte sich allein durch Bußgelder refinanzieren. Ich prognostiziere, dass ein Tempolimit noch im nächsten Jahr kommt.”
RND