Bambus-Kaffeebecher: Schwindel um Naturprodukt

Falsche Werbeversprechungen oder zu hohe Schadstoffwerte: Nur ein einziger Bambus-Becher wurde von Stiftung Warentest für den täglichen Kaffeegenuss to go empfohlen. Die restlichen Produkte fielen durch.

Falsche Werbeversprechungen oder zu hohe Schadstoffwerte: Nur ein einziger Bambus-Becher wurde von Stiftung Warentest für den täglichen Kaffeegenuss to go empfohlen. Die restlichen Produkte fielen durch.

Hannover. Wer unterwegs Lust auf einen Kaffee hat, findet in der Regel schnell in der Nähe einen Bäcker oder das kleine Café an der Ecke – Kaffee schmeckt immer und überall. Jeder Deutsche kauft mit seiner Kaffeespezialität auf die Hand jährlich 34 Einwegbecher mit dazu. Das sind laut Deutscher Umwelthilfe insgesamt rund 2,8 Milliarden Coffee-to-go-Becher und damit 40 000 Tonnen Abfall – pro Jahr. Um diese horrenden Mengen an Müll einzudämmen, setzt der Handel immer mehr auf vermeintlich umweltfreundlichere Mehrzweckalternativen – zum Beispiel aus dem Naturprodukt Bambus. Viele Anbieter preisen ihre Bambusbecher als biologisch abbaubar und recyclefähig an. Stiftung Warentest hat geprüft, ob das Ökogeschirr wirklich hält, was es verspricht, und es zudem auf Schadstoffe untersucht. Das ernüchternde Ergebnis: Nur einer von zwölf Bechern konnte überzeugen. Alle andere fielen gnadenlos durch den Schadstofftest, oder es wurden bei ihnen falsche Werbeversprechungen nachgewiesen.

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Bambus macht noch keinen Becher

Viele der Bambusbecher-Hersteller im Test werben auf den Produktetiketten mit den Aufschriften „Bambusbecher“, „aus Bambusfasern“ oder „dieser Becher wurde aus umweltfreundlichen Bambusfasern hergestellt“. Das Problem dabei: Der Käufer gewinnt so den Eindruck, als würde er ein reines Naturprodukt erwerben. In der Realität macht eine zermahlene Bambusfaser aber noch keinen Becher. Die To-go-Exemplare brauchen Klebstoff, um in Form zu kommen. Der besteht aus Melaminharz (eine Mischung aus Formaldehyd und Melamin), der zum Beispiel auch für die Produktion von Kindergeschirr verwendet wird. Der Kunststoff ist grundsätzlich unbedenklich, sofern er richtig verarbeitet ist und bestimmte Bedingungen beim Gebrauch eingehalten werden – wie zum Beispiel die Temperaturen bei Benutzung unter 70 Grad Celsius zu halten.

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Sieben von zehn Bechern mit hohen Schadstoffwerten

Und da ist der Haken: Die Becher wurden mehrfach mit 70 Grad Celsius warmer Flüssigkeit befüllt und zwei Stunden stehen gelassen. In vier der zwölf Becher fand sich bereits nach dem dritten Durchlauf ein sehr hoher Gehalt von Melamin, in drei weiteren nach der siebten Probe. Einer der schadstoffreichen Verlierer im Test ist der Mehrwegbecher von Aldi Nord für 1,99 Euro. Auch große Mengen Formaldehyd konnte die Stiftung Warentest nachweisen. Bei langfristigem Gebrauch gelangt Melamin in den Kaffee, so das enttäuschende Resümee der Verbraucherorganisation. Nicht unbedenklich, denn Melamin steht im Verdacht, Erkrankungen im Blasen- und Nierensystem zu verursachen. Formaldehyd kann Haut, Atemwege oder Augen reizen sowie beim Einatmen Krebs im Nase-Rachen-Raum verursachen.

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Das Spiel mit dem umweltbewussten Verbraucher

Neben dem Nachweis von Schadstoffen ging es im Test auch darum, wie aufrichtig die Hersteller über die Verwendung ihrer Bambusbecher informieren. Ein großes Thema: die biologische Abbaubarkeit des Produktes. Die Umweltmarke pandoo, die sich eine zero-waste-Politik auf die Fahnen schreibt, verspricht beispielsweise auf der Verpackung: „Bambus ist ein natürlicher Rohstoff, der keinen nicht abbaubaren Abfall verursacht.“ Für reinen Bambus ist das korrekt. „Doch der dickwandige kunststoffhaltige Becher wird auch nach Jahren nicht auf dem Kompost verrotten“, so die Einschätzung von Stiftung Warentest. Selbst industrielle Kompostieranlagen seien da machtlos. Pandoo ist einer von sechs Herstellern, der einen Vorteil für die Umwelt bewirbt, der nicht gegeben ist.

Recycling nur durch Verbrennung

Ebenfalls missverständlich sind die Recyclingsymbole auf den Verpackungen einiger Becher-Produzenten. Denn die besagte Mischung aus dem Kunststoff Melaminharz und Bambusfasern lässt sich nämlich nicht in die ursprünglichen Komponenten aufteilen oder einschmelzen. Es bleibt nur die Möglichkeit energetisch zu recyceln– also zu verbrennen. Für Stiftung Warentest „nicht das, was umweltbewusste Käufer in Sinn haben“, wenn sie einen Coffee-to-go-Bambusbecher in den Warenkorb legen.

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Das einzige Produkt, das überzeugte, ist der Bamboo Cup von chicmic. Mit 15 Euro ist der Becher aber auch einer der teuersten im Test.

Von Lisa Schliep/RND

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