Wirtschaft und Inflation wachsen – wird jetzt alles teurer?
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Ein Einkauf liegt in einem Einkaufswagen in einem Supermarkt. Die Sorge vor der Inflation ist wieder da. In den USA machte die jährliche Teuerungsrate jüngst einen kräftigen Sprung auf 4,2 Prozent, in Europa zieht sie seit Jahresbeginn an.
© Quelle: Fabian Sommer/dpa
Inflation, was heißt das eigentlich?
Berlin. Das Wort Inflation stammt von dem lateinischen Wort „inflatio“ ab, was auf deutsch so viel wie „Aufschwellen“ bedeutet. Übersetzen lässt sich der Begriff am ehesten mit „Teuerung“. Ökonomen nutzen den Begriff Inflation, wenn sie den allgemeinen Anstieg des Preisniveaus in einer Volkswirtschaft in einem bestimmten Zeitraum meinen. Steigen die Preise, kann man für eine Geldeinheit weniger kaufen – das Zahlungsmittel verliert an Wert.
Ist Inflation etwas Schlechtes?
Nicht unbedingt. Wie in nahezu allen Bereichen des Lebens gilt: Auf die Dosis kommt es an. Etwas Inflation ist nicht verkehrt – im Gegenteil. Wenn das Geld leicht an Wert verliert, erhöht das den Anreiz, dass es ausgegeben und nicht gespart wird. Inflation, so lang sie nicht zu hoch ist, kurbelt deshalb die Wirtschaft an. Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt auf mittlere Sicht eine Inflationsrate von 2 Prozent an.
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Wie hoch ist die Inflation in Deutschland?
Im Juli lagen die Verbraucherpreise in Deutschland um 3,8 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Das hat das Statistische Bundesamt am Donnerstag anhand einer vorläufigen Berechnung mitgeteilt. Damit lag die Inflation erstmals seit August 2008 wieder oberhalb der Dreiprozentmarke. Stärker als derzeit sind die Preise zuletzt 1993 gestiegen.
Und wie ist die Situation in Europa?
Auch in der Eurozone steigt die Teuerungsrate – allerdings nicht so stark wie in Deutschland. Um 2,2 Prozent legten die Verbraucherpreise im Juli im Vergleich zum Vorjahresmonat zu, prognostiziert das Statistikamt Eurostat. Das ist der höchste Wert seit Oktober 2018. Schätzungen waren zuvor von lediglich 2,0 Prozent ausgegangen.
Wie reagiert die EZB?
Trotz des jüngsten Anstiegs signalisierte die EZB zuletzt eine Fortsetzung ihrer sehr lockeren Geldpolitik. Die Notenbank erklärte die jüngste Entwicklung mit vorübergehenden Faktoren, die eine Folge der Corona-Krise seien. Sie rechnet aber in den kommenden beiden Jahren mit Inflationsraten, die merklich unter dem Inflationsziel von 2 Prozent liegen.
Wird durch die Inflation alles teurer?
Nein. Vor allem Energie und Lebensmittel sind zuletzt teurer geworden, die Preise für beide Gütergruppen gelten aber auch als extrem schwankungsanfällig. Viele andere Produktgruppen sind billiger geworden. Ökonomen halten deshalb die Kerninflation für deutlich aussagekräftiger. Bei diesem Wert werden schwankungsanfällige Preise nicht berücksichtigt. Die Kerninflation in Europa war im Juli sogar rückläufig. Sie sank von 0,9 Prozent auf 0,7 Prozent.
Wer leidet am stärksten unter einer hohen Inflation?
Tendenziell ist eine hohe Inflation vor allem für Menschen schlecht, die wenig Sachvermögen besitzen und von regelmäßigen Geldzahlungen wie Lohn oder Rente abhängig sind. Sie können sich von ihrem Geld weniger kaufen. Für Sparer gilt das Gleiche, sofern sie ihr Geld auf dem Sparbuch oder in bar horten und nicht in Aktien oder andere Wertanlagen investiert haben.
Wer dagegen über viele Sachanlagen wie etwa Immobilien verfügt, profitiert von der Inflation. Der Wert seines Vermögens wächst. Auch Menschen mit hohen Schulden hilft die Inflation – für sie ist die Schuldenlast bei einer Geldentwertung leichter zu tragen.
Bedroht die Inflation die wirtschaftliche Erholung?
Eher nicht. Solang die Menschen noch genügend Geld im Portemonnaie haben, wird eine höhere Inflation eher zu höheren Ausgaben führen. Und nach den Pandemiemonaten sind die Deutschen in Konsumlaune. Private und staatliche Konsumausgaben schieben derzeit das Wirtschaftswachstum kräftig an.
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist im zweiten Quartal gegenüber dem Vorquartal nach einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamtes um 1,5 Prozent gewachsen. Zu Jahresbeginn war die Wirtschaftsleistung noch um 2,1 Prozent geschrumpft.
Auch in der Eurozone hat die Konjunktur wieder Fahrt aufgenommen. Im zweiten Quartal stieg die Wirtschaftsleistung nach einer ersten Schätzung des Statistikamtes Eurostat gegenüber dem Vorquartal um 2 Prozent. Von den vier größten Volkswirtschaften kam die Konjunktur in Spanien am stärksten in Schwung mit einem Wachstum von 2,8 Prozent. Die italienische Wirtschaft legte um 2,7 Prozent zu, während das Wachstum in Frankreich mit 0,9 Prozent schwächer ausfiel.