Weihnachtsgeld 2022: Wer hat Anspruch auf die Sonderzahlung?
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Wer bekommt Weihnachtsgeld, und warum?
© Quelle: dpa
Beim Weihnachtsgeld – auch „Weihnachtsgratifikation“ oder „Sonderzahlung zum Jahresende“ genannt – handelt es sich ähnlich wie beim Urlaubsgeld um ein zusätzliches Entgelt, das Arbeitgeber an Arbeitnehmer zahlen. Wer es erhält und wie hoch es ausfällt, ist jedoch nicht einheitlich geregelt. Die wichtigsten Fragen zum Weihnachtsgeld erklären wir hier.
Weihnachtsgeld 2022 gegen hohe Energiekosten und Inflation: gute Chancen vor allem bei Tarifverträgen
Explodierende Heizkosten und teure Lebensmittel: In vielen Haushalten sind gerade zum Jahresende zusätzliche Einnahmen hoch willkommen. Doch sind es vor allem Arbeitnehmer, die nach Tarifverträgen bezahlt werden, die sich weitgehend darauf verlassen können, im November oder Dezember ein sogenanntes Weihnachtsgeld zu erhalten. Im Schnitt werden an Tarifbeschäftigte 2747 Euro überwiesen, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch berichtete. Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine Steigerung um 2,6 Prozent und kann damit nicht mit der allgemeinen Teuerung mithalten.
Einen tariflichen Anspruch auf Sonderzahlungen zum Jahresende haben laut der Destatis-Auswertung 85,7 Prozent der Tarifbeschäftigten. Im Osten erhalten mit 88,5 Prozent anteilig etwas mehr Tarifbeschäftigte Weihnachtsgeld als im Westen mit 85,3 Prozent. Dafür fallen im Westen die Zahlungen durchschnittlich um 157 Euro höher aus.
Tarifverträge gelten allerdings längst nicht für alle Arbeitnehmer in Deutschland. 46 Prozent der westdeutschen und 55 Prozent der ostdeutschen Beschäftigten arbeiteten 2021 in Betrieben, in denen es gar keinen Tarifvertrag gab, hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im Mai festgestellt. Es gibt aber eine große Zahl von Betrieben, die ihre Zahlungen an Tarifverträgen orientieren, ohne aber verbindlich daran gebunden zu sein.
Weihnachtsgeld ohne Tarifvertrag wird seltener ausgezahlt
Ohne Tarifvertrag sinke die Chance auf Weihnachtsgeld auf 42 Prozent, berichtet die gewerkschaftliche Hans-Böckler-Stiftung unter Berufung auf Selbsteinschätzungen von rund 63 000 Menschen, die ihre Bezüge auf dem Portal „Lohnspiegel.de“ eingetragen haben. Unter dem Strich erhält demnach gut die Hälfte (54 Prozent) der Beschäftigten in Deutschland Weihnachtsgeld. Der Linken-Bundestagsabgeordnete Pascal Meiser fordert in diesem Zusammenhang von der Regierung umfassende Maßnahmen zur Stärkung der Tarifbindung.
Wer bekommt Weihnachtsgeld?
Ob Sie Weihnachtsgeld bekommen, hängt maßgeblich von vertraglichen Vereinbarungen ab. Ein Anspruch auf Weihnachtsgeld beruht meist auf:
- dem Arbeitsvertrag
- dem Tarifvertrag
- den Betriebsvereinbarungen
- gesetzlichen Regelungen für Beamte
Weihnachtsgeld wird zur betrieblichen Übung – was heißt das?
In Deutschland gibt es keinen automatischen Anspruch auf Weihnachtsgeld. Hierfür fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage, erklärt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin. Allerdings ist es möglich, dass Arbeitgeber ein Weihnachtsgeld wiederholt freiwillig zur Verfügung stellen und daraus ein Anspruch erwächst – dann ist die Rede von einer betrieblichen Übung.
Das Weihnachtsgeld ist nicht immer im Arbeitsvertrag vorgesehen, sondern wird von vielen Arbeitgebern freiwillig und „gewohnheitsmäßig“ an die Mitarbeiter ausgezahlt. Tun Arbeitgeber dies über mehrere Jahre hinweg, kann aus der freiwilligen Sonderleistung eine sogenannte betriebliche Übung werden.
Im Detail bedeutet das: Zahlt ein Arbeitgeber für mindestens drei Jahre in Folge allen seinen Beschäftigten ein 13. Gehalt, „habe ich im vierten Jahr ein Recht darauf und kann ihn notfalls verklagen“, so Bredereck. Das gelte aber nur, wenn der Arbeitgeber zuvor keinen Vorbehalt gegen diese rechtliche Folge erklärt hat.
Was ist der Unterschied zwischen Weihnachtsgeld und 13. Gehalt?
Oftmals werden Weihnachtsgeld und 13. Gehalt als Synonyme benutzt. Dabei gibt es rechtliche Unterschiede zwischen den beiden Formen der Sonderzahlung. Beim Weihnachtsgeld handelt es sich um eine sogenannte Gratifikation zur Belohnung der Betriebstreue. Das 13. Gehalt ist dagegen eine Vergütung der im Jahresverlauf erbrachten Arbeitsleistung.
Das bedeutet, dass das 13. Gehalt, anders als Weihnachtsgeld oder andere Gratifikationen, gekürzt werden kann, sofern Fehlzeiten (durch Krankheit oder ähnliches) vorliegen und es eine entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag gibt. Zudem wird das 13. Gehalt anteilig ausgezahlt, wenn der Arbeitnehmer aus dem Unternehmen ausscheidet. Weihnachtsgeld wird hingegen in der Regel nur dann bezahlt, wenn der Arbeitgeber am Stichtag im Unternehmen beschäftigt ist.
Ein weiterer Unterschied ist, dass Gratifikationen als sonstige Bezüge steuerlich geltend gemacht werden, das 13. Gehalt dagegen zum eigentlichen Gehalt dazugerechnet wird. Netto bleibt dadurch vom Weihnachtsgeld mehr übrig als vom 13. Gehalt.
Wann wird das Weihnachtsgeld ausgezahlt?
Üblicherweise erhalten Arbeitnehmer ihr Weihnachtsgeld mit Auszahlung des Novembergehalts. Dieser Zeitpunkt ist nicht zufällig gewählt, denn die Arbeitnehmer sollen auf diese Weise noch genug Zeit haben, um ihre Weihnachtseinkäufe entsprechend zu planen. Das genaue Datum ist allerdings nicht konkret geregelt.
Muss das Weihnachtsgeld versteuert werden?
Ja, das Weihnachtsgeld muss in vollem Umfang versteuert werden. Grundlage dafür ist die Jahreslohnsteuertabelle.
Wie hoch ist das Weihnachtsgeld?
Es gibt kein Gesetz, das die Höhe des Weihnachtsgeldes regelt. Abhängig ist die Summe in der Regel von der Branche und dem Unternehmen, aber auch von der Betriebszugehörigkeit und betrieblichen Gepflogenheiten.
Jedoch gilt, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz berücksichtigt werden muss. Zahlt ein Arbeitgeber willkürlich einem Teil der Angestellten Weihnachtsgeld, kann sich laut Bredereck auch daraus ein Anspruch auf die Auszahlung der Prämie für alle Beschäftigte ergeben.
Teilzeitbeschäftigte dürfen bei der Auszahlung von Weihnachtsgeld nicht diskriminiert werden, erklärt der Anwalt. Entsprechend haben auch sie einen Anspruch auf die Prämie, wenn die Vollzeitbeschäftigten diese erhalten.
Weihnachtsgeld trotz Mutterschutz?
Frauen im Mutterschutz haben besondere Rechte, so dürfen sie sechs Wochen vor und bis acht Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigt werden. Ein Anspruch auf Weihnachtsgeld ist unter Umständen trotzdem gegeben, etwa deshalb, weil durch den Mutterschutz keine finanziellen Nachteile entstehen sollen. Gemäß § 11 Mutterschutzgesetz sind Arbeitgeber verpflichtet, den Durchschnittsverdienst der letzten 13 Monate zu gewähren.
Ist währenddessen Weihnachtsgeld angefallen, steht der Arbeitnehmerin dementsprechend auch eine Zahlung während des Mutterschutzes vor. Eine Kürzung des Weihnachtsgeldes ist laut „wallstreet.online“ nur zulässig, wenn dies explizit im Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder dem Tarifvertrag steht.
Bekomme ich Weihnachtsgeld trotz Kündigung?
Im Falle einer Kündigung oder eines Aufhebungsvertrages, stellt sich die Frage, ob die Zahlung von Weihnachtsgeld dennoch verlangt werden kann oder bereits ausbezahltes Weihnachtsgeld vielleicht sogar wieder zurückgezahlt werden muss. Die Rechtsprechung diesbezüglich ist sehr umfangreich, so die Kanzlei Hasselbach. Entscheidend sei aber vor allem die genaue Formulierung im Arbeitsvertrag, in der Betriebsvereinbarung oder im Tarifvertrag. Unter Umständen geht eine Kürzung des Weihnachtsgeldes mit Austritt aus dem Unternehmen einher, je nach Ausgangslage kann aber auch eine volle Auszahlung stattfinden.
Gibt es Weihnachtsgeld im Minijob?
Auch als Minijobber ist es theoretisch möglich, ein zusätzliches Weihnachtsgeld zu erhalten. Auch hier kann gegebenenfalls ein regelmäßiger Anspruch entstehen, wenn dies vertraglich geregelt ist oder auf Basis einer betrieblichen Übung entsteht. Problematisch wird Weihnachtsgeld im Minijob dann, wenn es das Entgelt durch die Einmalzahlung erhöht und die zulässige Minijob-Grenze von monatlichen 450 Euro überschreitet. In dem Fall handelt es sich nicht mehr um einen Minijobber, sondern einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer.
Kann Weihnachtsgeld gepfändet werden?
Tatsächlich kann ein Gläubiger das Weihnachtsgeld pfänden, jedoch nicht vollständig. § 850a Nr. 4 der Zivilprozessordnung besagt, dass „Weihnachtsvergütungen bis zum Betrag der Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens, höchstens aber bis zum Betrag von 500 Euro“ gepfändet werden dürfen. Demnach bleibt also auch bei einer anstehenden Pfändung in jedem Fall noch etwas vom Weihnachtsbonus übrig.
RND/do/pf/dpa