Berliner Startup Wefox sammelt halbe Milliarde Euro bei Investoren ein
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Wefox-Chef Julian Teicke (l.) und Finanzchef Fabian Wesemann.
© Quelle: Wefox
Hannover. Lange bremste Kapitalmangel die deutschen Start-ups, doch jetzt häufen sich die großen Deals – vor allem in der Finanzbranche. Die 2015 gestartete Versicherungsplattform Wefox hat in ihrer dritten Finanzierungsrunde 650 Millionen Dollar (533 Millionen Euro) eingesammelt und wurde dabei nach eigenen Angaben mit 3 Milliarden Dollar bewertet.
Erst vor wenigen Wochen meldete der Berliner Smartphone-Broker Trade Republic ein ähnliches Geschäft – Unternehmenswert seitdem: rund 5 Milliarden Dollar. Die Berliner Smartphone-Bank N26 wurde bei ihrer bisher letzten Finanzierungsrunde vor einem Jahr mit 3,5 Milliarden Dollar bewertet. Jenseits von einer Milliarde spricht man in der Start-up-Szene von „Unicorns“ (deutsch: Einhörner) – weil sie einmal so selten waren.
Plattform für Makler und Kunden
Die sogenannten Fintechs – oder Insurtechs bei Versicherungsprodukten – bieten Geldgeschäfte über das Internet und sind den etablierten Banken und Versicherungen dabei technologisch meist voraus. Wefox ist als Plattform für Versicherungsmakler und deren Kunden gestartet. Die Kunden können mit der App den Überblick über ihre Versicherungspolicen behalten, den Maklern verspricht Wefox effizienteren Kundenkontakt, weniger Bürokratie und zusätzliche Kunden über die Plattform.
Inzwischen hat das Unternehmen aber auch einen Versicherer in Liechtenstein gekauft und bietet in einigen Bereichen eigene Versicherungen an – ausschließlich digital. Die Versicherung hat nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr erstmals Gewinn gemacht. Das gesamte Unternehmen soll das im nächsten Jahr schaffen, kündigte Finanzchef Fabian Wesemann an. Das frische Geld der Investoren soll die IT-Entwicklung und die internationale Expansion finanzieren. Bisher ist Wefox in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Polen aktiv.
„Das ist weltweit die größte Finanzierungsrunde im Bereich Insurtech und ein riesiger Meilenstein für Wefox“, sagte Wefox-CEO Julian Teicke der Deutschen Presse-Agentur. „Wir haben ursprünglich viel weniger Geld einsammeln wollen. Die Nachfrage war gigantisch.“ Seit der Gründung hat das Start-up alle zwei Jahre neues Kapital gebraucht, um die Anlaufverluste zu decken. Es begann mit zwei kleinen Runden 2016 und 2017 über insgesamt 35 Millionen Dollar. 2019 flossen weitere 235 Millionen Dollar. Die aktuellen 650 Millionen kommen großenteils von der Berliner Venture-Capital-Gesellschaft Target Global, die unter anderem auch Delivery Hero und Auto 1 mitfinanziert hat.
So wachsen Start-ups
Finanzierungsrunden sind der Weg, auf dem Technologie-Start-ups – im Gegensatz zu den meisten anderen Neugründungen – groß werden. Die klassische Kreditfinanzierung scheidet für sie in der Regel aus, weil sie den Banken kaum klassische Sicherheiten bieten können und die Zinsen viel zu hoch wären – zumal man die Kredite schon bedienen müsste, wenn das Geschäft noch gar nichts abwirft. Also drehen die Gründer ihre Runde bei Finanzinvestoren, die Anlagemöglichkeiten suchen und dabei auch etwas riskieren können. Sie geben Geld und bekommen einen Unternehmensanteil, den sie später nach einem Börsengang verkaufen können. In jeder Finanzierungsrunde wird neu verhandelt, wie viele Unternehmensanteile ein Investor für sein Geld bekommt – bei Erfolg müssen sie mit jeder Runde teurer bezahlt werden.