Warum der Ölpreis immer weiter abschmiert
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Die Ölpreise sind ins Bodenlose gefallen. Ein für Montag, den 6. April 2020, geplantes Treffen von Ölförderländern, die sich in der sogenannten Opec+ zusammengeschlossen haben, wurde auf Donnerstag verschoben.
© Quelle: Leonard Ortiz/Orange County Regi
Mitte Februar war die Ölwelt noch einigermaßen Ordnung. Damals kostete das Fass der globalen Referenzsorte Brent um die 60 Dollar pro Fass (159 Liter). Doch Saudi-Arabien wollte mehr. Saudis und Russen konnten sich aber nicht auf eine Förderkürzung einigen. Beide Staaten sind neben den USA die wichtigsten Ölförderer.
Ein Preiskampf wurde losgetreten, die Saudis drohten, von April an den Weltmarkt mit billigem Öl zu fluten, was auch größere Marktanteile zum Ziel hatte. Der Preis für Brentöl stürzte bis auf 22,74 Dollar pro Fass am 30. März ab. Der Konflikt eskalierte ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, als sich die Corona-Pandemie auf dem gesamten Globus ausbreitete, nebst einem massiven Herunterfahren der Wirtschaft. Die Folge: Der Bedarf nach Rohöl ist inzwischen um gut ein Viertel auf täglich noch rund 75 Millionen Fass gesunken. Die riesigen Tanklager sind allenthalben übervoll.
Präsident Trump versucht sich als Vermittler
Inzwischen haben sich die Notierungen etwas erholt. Der Brentpreis lag am Montagnachmittag bei gut 33 Dollar. Das ist vor allem US-Präsident Donald Trump zu verdanken. Er schaltete sich schon vor einigen Tagen in den saudisch-russischen Streit ein. Er will eine Vermittlerrolle spielen. Was ihm bislang aber noch nicht so recht gelingen will. Eine eigentlich für Montag geplante Schaltkonferenz der Opec-Staaten plus Russland und weiterer Ölproduzenten wurde kurzfristig auf Donnerstag vertagt. Offensichtlich ist eine Art Konsens noch immer fern.
Dabei ist der Druck enorm hoch. Nach den Berechnungen der Rystad-Experten brauchen die Saudis einen Preis von 84 Dollar, um die immensen Staatsausgaben zu decken. Die Scheichs müssten zugleich eine Halbierung ihrer Öleinnahmen auf 104 Milliarden Dollar in diesem Jahr hinnehmen, wenn die Preise auf dem aktuellen Niveau verharren. Ähnlich sieht es für Russland aus: Es ginge von 161 Milliarden auf 85 Milliarden Dollar nach unten.
Produktionskürzung in historischer Dimension
Nun wird laut Finanznachrichtenagentur Bloomberg darüber verhandelt, die Tagesproduktion insgesamt um zehn Millionen Fass pro Tag zu kürzen. Das wäre der mit Abstand größte Schritt in der Geschichte der Ölbranche. Die alles entscheidende Frage ist dabei:
Wer übernimmt wie viel? Ein Zurückstecken wird die Einnahmen der staatlichen Ölgesellschaften zumindest kurzfristig weiter sinken lassen. Denn derzeit sieht es nicht danach aus, dass die globale Nachfrage schnell wieder anzieht. Im Gegenteil: Im Zuge der Corona-Pandemie wird eine Vergrößerung des Überangebots bei schwindenden Lagerkapazitäten von vielen Branchenkennern erwartet.
Das macht sich schon jetzt in Nordamerika bemerkbar. Rohöl von minderer Qualität aus Texas wird derzeit für 7 Dollar pro Fass gehandelt. Noch 2 Dollar billiger ist der Rohstoff, der in der kanadischen Provinz Alberta aus Ölsand gewonnen wird, wobei die für den US-Markt maßgebliche Referenzsorte WTI am Montag immerhin bei rund 27 Dollar notierte.
USA drohen mit Strafzöllen auf Ölimporte
Doch niemand verdiene Geld bei einem Preis unterhalb von 35 Dollar, sagt Francisco Blanch, Ölanalyst bei der Bank of America, mit Blick auf die vielen Firmen, die in den USA den Rohstoff mithilfe der aufwendigen und heiß umstrittenen Frackingmethode fördern. Das erklärt Trumps Interesse an höheren Preisen: Weitere Abschläge könnten zu Insolvenzen in großer Zahl besonders unter kleineren US-Ölfirmen führen. Doch es geht auch um Exxon Mobil, Chevron und die anderen sogenannten Big-Oil-Giganten, die mit massiven Einbrüchen bei Umsatz und Gewinn kämpfen müssen.
Trump hat bereits mit Strafzöllen auf Ölimporte gedroht, wenn es keine Einigung gibt. Ob diese Ansage hilft, ist zu bezweifeln. Russland soll laut Bloomberg zu einer Förderkürzung bereit sein, jedoch nur wenn auch in den USA deutlich weniger gepumpt wird. Eine Einigung am Donnerstag dürfte jedenfalls nicht einfach werden. Zumal jetzt bereits Planspiele laufen, wie es nach Corona weitergeht: Förderanlagen, die jetzt stillgelegt werden, lassen sich dann nicht so einfach wieder hochfahren. In Zeiten wieder steigender Nachfrage könnte dies Marktanteilsverluste bringen.
Autofahrer sind die Profiteure
Bis dahin ist es noch weit. Derzeit profitieren hierzulande Autofahrer von den niedrigen Preisen. Nach Angaben der Internetplattform Clever-Tanken lag der Durchschnittspreis für einen Liter Super E10 im März bei knapp 1,28 Euro. Das waren rund 10 Cent weniger als im Februar und 12 Cent weniger als im Januar.
Aktuell wird der Sprit sogar für 1,18 Euro im Mittel verkauft. Heizöl kostet mit 53 Cent pro Liter (Abnahme 3000 Liter) ein Viertel weniger als Anfang des Jahres. Dass die Preise gleichwohl weniger stark gefallen sind als die Rohölnotierungen, hat einerseits mit der Besteuerung der Kraft- und Brennstoffe zu tun. Christian Küchen, Hauptgeschäftsführer des Mineralöl-Wirtschaftsverbandes, macht zudem darauf aufmerksam, dass der Absatzrückgang zu “höheren Produktions- und Vertriebskosten pro Kunde” führe.
RND