Größter deutscher Börsengang? Bald gibt es die Aktie zum Porsche
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Porsche: Volkswagen kündigt den Börsengang des Sportwagenherstellers an.
© Quelle: Felix Kästle
Volkswagen lässt sich vom schwierigen Umfeld nicht schrecken: Der Konzern will seine Luxusmarke Porsche in rund vier Wochen an die Börse bringen. Den Weg dafür haben die Gremien am späten Montagabend freigemacht. Der Deal wird Maßstäbe setzen: Der Aktienpreis steht zwar noch nicht fest, aber der Erlös dürfte über den 10 Milliarden Euro liegen, die beim bisher größten deutschen Börsengang der Telekom im Jahr 1996 zusammenkamen. Damit wird das Projekt auch für Kleinanleger interessant.
Theoretisch könnte der Plan bei Börsenturbulenzen noch abgesagt werden, aber die Wahrscheinlichkeit ist gering. „Wir sind hochmotiviert, das jetzt ins Ziel zu fahren“, sagte VW‑Finanzchef Arno Antlitz am Dienstagmorgen. Er ist das Gesicht der Wolfsburger bei diesem Projekt, denn der neue VW‑Chef Oliver Blume agiert dabei in seiner zweiten Rolle als Porsche-Chef. Er wolle diese Doppelfunktion auf Dauer behalten, betonte Blume erneut und sprach von einem „historischen Moment für Porsche“.
Wer von dem Börsengang profitieren soll
Es ist nicht die einzige Doppelrolle in diesem Konstrukt, das zu den kompliziertesten der deutschen Unternehmenswelt gehören wird. Die Kurzfassung: Über allem thront bereits heute die im Dax notierte Porsche Automobil Holding SE. Diese Beteiligungsgesellschaft der Familien Porsche und Piëch besitzt die Mehrheit der Stimmrechte bei der Volkswagen AG. VW wiederum gehört der Sportwagenhersteller Porsche AG, der nun an die Börse gebracht wird. An ihm wird sich die Porsche SE nun auch direkt beteiligen. So sind die Rollen verteilt:
Volkswagen: Milliarden für den Konzernumbau und die Steigerung des eigenen Unternehmenswerts sind für VW drin. Der Wert der Porsche AG wird aktuell auf 60 bis 80 Milliarden Euro geschätzt. VW verkauft ein Viertel der Aktien und wird das Unternehmen mit einem Anteil von 75 Prozent weiter kontrollieren. Bei der angepeilten Preisspanne bekäme VW zwischen 15 und 20 Milliarden Euro in die Kasse. Davon soll knapp die Hälfte als Sonderdividende unter den VW‑Aktionären verteilt werden. Für den Konzern selbst bleibt also ein einstelliger Milliardenbetrag, für den es angesichts der vielen Großprojekte genug Verwendung gibt. Außerdem hofft man, dass durch den nun sichtbaren Wert von Porsche auch die VW‑Bewertung an der Börse steigt. In Wolfsburg hat man den Börsengang trotzdem nur zögernd betrieben, weil VW dabei Einfluss auf Porsche verliert und nur noch einen Teil des Gewinns bekommt.
Porsche beschließt Gang an die Börse – möglichst noch im Herbst
Monatelang spielten das Management und die Eigner den Schritt durch – zumal das wirtschaftliche Umfeld durch Ukraine‑Krieg und Energiekrise riskanter wurde.
© Quelle: dpa
Porsche AG: Mehr Selbstständigkeit ist seit Jahren das Ziel der Sportwagenmarke. Wichtigster Treiber des Börsengangs im Hintergrund ist Porsches Finanzvorstand Lutz Meschke. Als eigenständiges Unternehmen soll sich die Marke aus der Bürokratie des Mutterkonzerns lösen, um schneller zu agieren. Dazu gehören etwa eigene Technologien, Beteiligungen und Partnerschaften.
Die Familien: Mehr direkten Einfluss bei „ihrem“ Autobauer wünschen sich die Porsches und Piëchs. Sie haben das größte Interesse an diesem Deal. Bisher sind sie an der von Ferry Porsche aufgebauten Sportwagenmarke nur indirekt über VW beteiligt. Nun ist geplant, dass sich die Familienholding Porsche SE zusätzlich direkt am Autohersteller Porsche AG beteiligt. Dazu wird sie Stammaktien mit Stimmrecht kaufen, die nicht an der Börse notiert sein werden. Im Ergebnis haben die Familien dann eine Sperrminorität bei der Porsche AG, können also Entscheidungen blockieren. Die nötigen Aktien dafür müssen sie aber für mehrere Milliarden Euro bei VW kaufen. Wegen dieser Konstruktion dürften die Aktionärsfamilien wenig Interesse an einem hohen Emissionspreis haben.
Kleinaktionäre: Als Renditechance gilt die Porsche‑Aktie auch in schwierigen Zeiten. Porsche verbindet die hohen Preise einer Luxusmarke mit den Kostenvorteilen des Weltkonzerns. Dabei soll es auch nach dem Börsengang durch enge Kooperation mit VW bleiben – garantiert durch den gemeinsamen Chef Oliver Blume. Für das Anlegervolk gibt es aber nur Vorzugsaktien ohne Stimmrecht. Diese sind die Papiere, die tatsächlich an der Börse gehandelt werden. Formal wird das Porsche-Kapital je zur Hälfte in Stamm- und Vorzugsaktien aufgeteilt, von den Vorzügen wiederum kommen 25 Prozent in den Handel. Bei einem Unternehmenswert von 60 bis 80 Milliarden Euro werden an der Börse letztlich Aktien im Gesamtwert von 7,5 bis 10 Milliarden Euro gehandelt.
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Volkswagen ist in Niedersachsen fest verwurzelt. Das Land ist zweitgrößter VW‑Aktionär.
© Quelle: Ole Spata/dpa
Land Niedersachsen: Geld in die Kasse bekommt die Landesregierung. Niedersachsen ist zweitgrößter VW-Aktionär und besitzt knapp 12 Prozent des gesamten VW‑Kapitals. Durch die geplante Sonderdividende bekäme das Land bei der angepeilten Unternehmensbewertung rund eine Milliarde Euro.
Belegschaft: Mit einer Prämie werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligt. Die Beschäftigten der Volkswagen AG – das sind rund 130.000 von weltweit 660.000 Menschen – werden 2000 Euro pro Kopf bekommen. Außerdem hat VW zugesagt, mit den eigenen Einnahmen aus dem Börsengang vor allem die deutschen Traditionsstandorte für die Zukunft zu rüsten.
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