Von Amazon bis Facebook: Warum Big-Tech-Konzerne an einem Scheideweg stehen
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Jeff Bezos, Amazon-Gründer.
© Quelle: Paul Ellis/AFP/dpa
Frankfurt. Erst der Meta-Schock mit Facebook. Und dann ein Riesengewinn von Amazon. Die Techbranche ist in Turbulenzen. Ein maßgeblicher Faktor ist dabei die hohe Inflation, der die Notenbanken mit Zinserhöhungen begegnen wollen.
Am selben Tag hat sich der Reichtum von zwei Multimilliardären gegenläufig entwickelt: Amazon-Gründer und -Großaktionär Jeff Bezos hat sein Vermögen rechnerisch innerhalb weniger Minuten um mal locker 20 Milliarden Dollar vergrößert. Der mutmaßlich drittreichste Mensch der Welt profitiert davon, dass sein Internetunternehmen den Gewinn in den letzten drei Monaten von 2021 auf 14,3 Milliarden Dollar (12,5 Milliarden Euro) verdoppelt hat. Das ließ die Aktie im nachbörslichen Handel um 15 Prozent nach oben schnellen. Bezos besitzt fast ein Zehntel der Amazon-Anteile.
Zugleich büßte Mark Zuckerberg, Gründer und Chef von Meta (früher: Facebook), etwa 29 Milliarden Dollar ein, weil die Aktie seines Netzwerkkonzerns wegen enttäuschender Geschäftszahlen und düsterer Perspektiven eingebrochen war. Das ist einer der schwersten bekannt gewordenen Verluste an einem Tag für Superreiche. Wobei Zuckerberg mit seinem knapp 13 Prozent starken Anteil an Meta noch immer über ein ansehnliches Milliardenvermögen verfügt.
Clouddienste als Stabilitätsanker
Was Amazons Profit in die Höhe trieb, war in erster Linie ein ganz besonderer Ertrag, der nämlich wegen des Börsenganges des US-Elektroautobauers Rivian zustande kam. In zweiter Linie profitiert der Konzern von seiner Tochter AWS, die einst quasi nebenbei entstanden war. Der Onlinehändler baute eigene Rechenzentrumkapazitäten auf, um die Bestellungen in der Weihnachtszeit zu bewältigen. Daraus ist inzwischen der weltgrößte Anbieter von Clouddiensten für Unternehmen entstanden.
AWS wächst seit Jahren kontinuierlich und ist inzwischen zum maßgeblichen Gewinnbringer des Konzerns geworden. Die Webdienste haben im vorigen Jahr drei Viertel des Gewinns aus der operativen Tätigkeit erwirtschaftet. Das traditionelle Kerngeschäft mit dem Onlinehandel leidet hingegen unter höheren Löhnen und steigenden Frachtkosten. Allerdings sind die Volumina der versendeten Pakete während der Pandemie deutlich gestiegen.
Bemerkenswert ist gleichwohl, dass Amazon in den USA nun die Abogebühr für seinen Prime-Dienst von 12,99 Dollar auf 14,99 Dollar im Monat erhöhen will. Mit Prime sparen Kunden Versandkosten, und sie bekommen Zugang zu den Streamingdiensten von Amazon.
Für Julian Skelly von der Beratungsfirma Publicis-Sapient zeugt der Aufschlag von einem hohen Selbstvertrauen. Amazon setze darauf, dass die Kunden jetzt mehr denn je bei dem Onlinehändler bestellen, um möglichst viel aus dem Abo herauszuholen.
Dass Nutzer abwandern könnten, kommt den Amazon-Managern offenbar nicht in den Sinn. Das hat eine gewisse Berechtigung, da hier ein Lock-in-Effekt erzeugt wurde, von dem unter anderem auch Apple in hohem Maß profitiert: Es wird Kunden enorm schwer gemacht, zu anderen Anbietern zu wechseln. Das garantiert Erträge.
Während das Cloud-Geschäft inzwischen auch für Microsoft und für Google verlässliche Einnahmen in großem Stil generiert. Und Marktforscher prognostizieren ein weiteres starkes Wachstum, da Unternehmen in aller Welt mittlerweile quasi gezwungen sind, Bits und Bytes in die Datenwolke auszulagern, weil sie damit viel Geld sparen.
Clouddienste und Lock in: Das sind Dinge, die Anleger, die es mit großen Techkonzernen zu tun haben, derzeit sehr zu schätzen lernen. Das bringt Stabilität in Zeiten, da die hohe Inflation in den USA, in Europa und anderswo für wachsende Nervosität sorgt. Die US-Notenbank Fed will schon bald eine Zinswende hinlegen, und auch Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), hat am Donnerstag angedeutet, dass die Geldpolitik strammer werden soll.
Riesige Gewinne für die großen vier
Höhere Zinsen sind Gift für Firmen, die hohe Investitionen planen, weil sich dadurch die Kosten für die Zukunftsprojekte erhöhen. Deshalb hat es in den vergangenen Tagen kräftige Kursverluste für eine Reihe von Techaktien gegeben. Allen voran Meta.
Denn Zuckerberg will eine virtuelle Welt, genannt Metaverse bauen, was Jahre dauern und enorm viel Kapital erst einmal verschlingen wird. Allein im vorigen Jahr wurden damit schon Verluste von rund 10 Milliarden Dollar eingefahren. Und es gibt erhebliche Zweifel, ob das überhaupt etwas werden kann mit Metaverse.
Facebook benennt sich in Meta um
Das kündigte Firmengründer und -chef Mark Zuckerberg am Donnerstag an. Es gehe darum, das nächste Kapitel des Unternehmens zu schreiben.
© Quelle: Reuters
Gina Martin Adams vom US-Finanzdienst Bloomberg warnt indes davor, Meta/Facebook als repräsentativ zu betrachten. Das Schicksal von Zuckerbergs Firma zeige vielmehr, dass das Konzept von einer Gruppe von US-Big-Tech-Konzernen, die quasi im Gleichschritt expandieren und sich weltweit als Dominatoren ausbreiten, nicht mehr funktioniere. Diese Firmen hätten höchst unterschiedliche Geschäftsmodelle, was die aktuellen Geschäftszahlen zeigten.
Fällt nun Meta raus, bleibt dennoch enorme ökonomische Potenz. Amazon, Apple, Microsoft und Alphabet haben im vorigen Jahr zusammengenommen einen Nettogewinn von umgerechnet mehr als 230 Milliarden Euro eingefahren. Das ist etwa doppelt so viel wie die Profite aller Unternehmen im Deutschen Aktienindex – und das sind 40 an der Zahl.