Studie: Fleischersatz ist gut für die Umwelt – hat aber wichtige Schwächen
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Sojaschnitzel, Erbsenburger und Weizenwurst: Mittlerweile gibt es eine große Auswahl an Fleischersatzprodukten.
© Quelle: Andreas Arnold/dpa
Dessau-Roßlau. Soja, Weizen oder Erbsen: Fleischersatzprodukte werden mittlerweile aus einer breiten Palette von pflanzlichen Lebensmitteln hergestellt. Die vegetarischen und veganen Alternativen dürften gerade nach den Corona-Ausbrüchen in Schlachthöfen für immer mehr Menschen interessant werden. Zudem schadet die Fleischproduktion nachweislich der Umwelt, betont das Umweltbundesamt (UBA). Doch haben Sojaschnitzel, Weizeneiweiß-Bratwurst und Co. wirklich eine bessere Ökobilanz als herkömmlich erzeugtes Fleisch?
Studie: Fleischersatz auf Pflanzenbasis mit bester Ökobilanz
Das UBA hat dies in einer Studie untersucht. Das Ergebnis: Im Vergleich zu Fleisch haben die alternativen Produkte größtenteils eine bessere Ökobilanz. Beispielsweise werden für die Produktion eines Kilos Fleischersatz auf Sojabasis 2,8 Kilogramm Treibhausgase ausgestoßen, was im Vergleich zu Schweinefleisch (4,1 Kilogramm), Geflügel (4,3 Kilogramm) und vor allem Rindfleisch (30,5 Kilogramm) deutlich weniger ist. Das bedeutet: Im Vergleich zu Rindfleisch entstehen bei der Herstellung von pflanzlichen Fleischersatzprodukten teils weniger als ein Zehntel Treibhausgase.
Auch in gesundheitlicher Hinsicht taugt die Alternative etwas: “Pflanzliche Fleischersatzprodukte können als Proteinquellen in der menschlichen Ernährung dienen”, betonen die Autoren der Studie. Zudem sei der Wasser- und Flächenverbrauch geringer. Auch essbare Insekten schneiden in Sachen Umwelt besser ab als Fleisch, jedoch schlechter als die pflanzlichen Alternativen.
Umweltbundesamt: Ersatzprodukte können Fleischgeschmack nicht ganz nachahmen
Insgesamt sieht das UBA auf Basis der Studienergebnisse ein großes Potenzial für Fleischersatz. Doch die Produkte haben aus Sicht der Autoren auch Schwachstellen: “Eine vollständige Imitation des sensorischen Spektrums von Fleisch ist bislang nicht zufriedenstellend gelungen, sodass nicht davon auszugehen ist, dass Verbraucherinnen und Verbraucher vermehrt Fleisch durch pflanzenbasierte Ersatzprodukte substituieren werden”, heißt es in der Studie. Auch Insekten würden keine große Zahl an Menschen erreichen, da viele noch Vorbehalte haben.
Ein weiterer Minuspunkt sind die Zutatenlisten der Fleischersatzprodukte, auf denen oft Unmengen an Zusatzstoffen auftauchen. Bei pflanzlichen Fleischersatzprodukten handele es sich in der Regel um hochgradig verarbeitete Erzeugnisse, berichten die Autoren der Studie. Farbstoffe, Stabilisatoren, Säureregulatoren, Emulgatoren und Antioxidationsmittel seien häufig enthalten. In einigen Produkten wurden sogar Mineralölkohlenwasserstoffe nachgewiesen, die der Gesundheit schaden können. Zudem können wegen des Produktionsverfahrens Allergene enthalten sein. Das alles schadet nach Ansicht des UBA der Akzeptanz von Fleischersatzprodukten.
In-vitro-Fleisch geschmacklich vielversprechend – doch Ökobilanz lässt zu wünschen übrig
Die Experten des Umweltbundesamts halten sogenanntes In-vitro-Fleisch für das Ersatzprodukt mit dem größten Potenzial – zumindest was den Geschmack angeht. Das im Labor erzeugte Kunstfleisch komme der Beschaffenheit von konventionellem Fleisch am nächsten. Das Problem: Obwohl Aussagen zu den Auswirkungen des In-vitro-Fleischs auf Umwelt und Gesundheit derzeit noch schwer zu treffen seien, hat der Fleischersatz in der Theorie eine vergleichsweise schlechte Ökobilanz. Für 100 Gramm In-vitro-Fleisch entstehen demnach rund 0,75 Kilogramm CO₂-Äquivalente. Das ist die Einheit, in die Emissionen umgerechnet werden. Im Vergleich zu der Herstellung von Rindfleisch (3,5 Kilogramm) ist der Wert deutlich geringer, bei Schweinefleisch (0,41 Kilogramm) und Huhn (0,43 Kilogramm) entstehen jedoch weniger CO₂-Äquivalente, so die Studie.
Fleischkonsum in Deutschland weit über Empfehlungen von Ernährungsexperten
60 Kilogramm Fleisch isst ein Deutscher durchschnittlich im Jahr. Das ist aus Sicht des Umweltbundesamts weder gesund noch nachhaltig. Ernährungsexperten der internationalen EAT Lancet Kommission empfehlen maximal 15 Kilogramm Fleisch im Jahr. “Aus Umweltsicht ist es unverzichtbar, den Fleischkonsum zu reduzieren”, sagt deshalb UBA-Präsident Dirk Messner. Der weltweit wachsende Konsum von Fleisch und tierischen Produkten belastet laut UBA zunehmend das Klima. Denn bei der Viehhaltung entstehen viele Treibhausgase, gleichzeitig werde für den Anbau von Futtermitteln zum Teil Regenwald abgeholzt, der sonst Emissionen kompensieren würde.
Geringer Marktanteil von Ersatzprodukten
Doch noch macht der Anteil an Fleischersatzprodukten weniger als ein Prozent im internationalen Fleischmarkt aus – in Deutschland sollen es immerhin geschätzte 6 Prozent sein. Prognosen zufolge wird der Umsatz der Fleischindustrie weltweit in den kommenden Jahren stark steigen – doch da können die Ersatzprodukte Stand heute nicht mithalten. “Solange der Preis der Lebensmittel aber nicht auch die Umweltschäden widerspiegelt, wird das billige Nackensteak noch länger den Vorzug vor einem Sojaschnitzel bekommen”, sagte Messner. Nur wenn Fleischersatz stärker gefördert wird und sein Marktanteil weltweit wächst, kann er zu einer fleischärmeren Ernährung beitragen, betont das UBA. Dabei komme es vor allem auf die Alternativprodukte auf Pflanzenbasis an.