E-Auto-Hersteller Tesla will den Stromhandel ausbauen
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Auf einem Display im Cockpit eines Tesla ist das Ladeprogramm zu sehen. Künftig sollen die Batterien der Autos auch Strom ins Netz einspeisen.
© Quelle: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa
Frankfurt/Main. Es handelt sich um eine Geschichte aus dem Repertoire der Visionen einer neuen Energiewelt. Stromkundinnen und -kunden werden zu Prosumern – zu Akteurinnen und Akteuren, die nicht nur konsumieren, sondern auch produzieren. Tesla geht die Sache nun mit Ehrgeiz an. Der E-Auto-Bauer will den Handel mit Strom ausbauen. Davon könnten dann auch Haushalte mit Elektro-Pkw und Solardächern profitieren.
Tesla-Manager Julian Lamy hat auf Linkedin gerade bekannt gegeben, dass er ein neues Team aufbaue, „das sich auf den Energiehandel und Marktoperationen konzentriert“. Das Team solle die Leistung von Teslas globaler Flotte der Batterie- und Erneuerbare-Projekte steigern.
Fachwissen über den Energiegroßhandel will das Management damit aufbauen und die Weiterentwicklung von Autobidder unterstützen. Letzteres ist eine Plattform, die mittels künstlicher Intelligenz Strom in Hochgeschwindigkeit handeln kann.
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Die Stellenanzeige ist ein weiterer Mosaikstein für ein Bild, das immer klarere Konturen entwickelt: mit Tesla als Autobauer nebst angeschlossenem Versorgungsunternehmen. In den vergangenen Wochen hat sich die Frequenz der Meldungen erhöht: Tesla ist auf sehr leisen Sohlen hierzulande in den Stromhandel eingestiegen.
Nur Bewohnerinnen und Bewohner in Süddeutschland können teilnehmen
Tarife können vorläufig nur von Kundinnen und Kunden gebucht werden, die eine Solaranlage auf dem Dach und Teslas Batteriespeicher – Powerwall genannt – installiert haben. Das Angebot ist auf Süddeutschland beschränkt.
Der US-Autobauer kooperiert dabei mit der Firma Octopus Energy, die Ende 2020 ins hiesige Stromhandelsgeschäft eingestiegen ist und den Markt mit einer Strategie, die auf konsequente Digitalisierung setzt, aufmischen will. Insider gehen davon aus, dass Tesla sich genau dies ganz genau anschauen will. Womöglich wird das Angebot demnächst auf die gesamte Republik und weitere Kundengruppen ausgeweitet.
In Südengland hat das Unternehmen gerade mit dem Bau eines Großspeichers begonnen, der von Anfang 2023 an für zwei Stunden mit einer Leistung von 99 Megawatt Strom ins Netz pumpen können soll.
Am anderen Ende der Welt, in Japan, ist ebenfalls der Eintritt in den Markt geplant – mit Energiemanagement und Riesenakkus, die mit der Lithium-Ionen-Technik arbeiten, die auch bei Smartphones oder E-Autos eingesetzt werden. Auch in den USA und in Australien laufen bereits mehrere Projekte mit den sogenannten Megapacks.
Da die Nachfrage nach PV-Anlagen und Speichern nun signifikant steigt, nimmt auch die Relevanz dieser Geschäftsfelder zu.
Klaus Kreutzer,
Geschäftsführer von Kreutzer Consulting
Überdies sei Tesla mit der Powerwall und mit Solardächern schon früh in den Markt eingestiegen „und hat so gezeigt, dass man sich nicht nur als Autohersteller versteht“, sagte Klaus Kreutzer vom Beratungsunternehmen Kreutzer Consulting dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Er fügt hinzu: „Da die Nachfrage nach PV-Anlagen und Speichern nun signifikant steigt, nimmt auch die Relevanz dieser Geschäftsfelder zu.“
Und in Texas hat Tesla jüngst eine Lizenz für den Stromhandel mit Privatkunden beantragt. Für Experten ist klar, was dahintersteckt: Im Zuge des Klimaschutzes wird in den Industrieländern der Strombedarf deutlich steigen. Zugleich wird wegen der Umstellung auf Erneuerbare die Erzeugung schwankender, weil der Wind nicht immer weht und die Sonne öfter hinter Wolken verschwindet. Dunkelflauten können heftige Verwerfungen am Strommarkt erzeugen.
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Anfang der Woche etwa gab es in Großbritannien zeitweise kaum Windstrom, Kohle- und Gaskraftwerke strichen Tausende von Pfund ein, weil sie für nur ganz kurze Zeit in die Bresche springen konnten. Diese Funktion können auch die Batterien übernehmen.
Das Grundprinzip: Wenn Strom im Überfluss vorhanden ist, werden die Speicher gefüllt. Ist elektrische Energie Mangelware, wird sie teuer verkauft.
Autobatterien werden zu virtuellen Kraftwerken
In der Tesla-Stellenausschreibung werden ausdrücklich die Megapacks, aber auch das Management sogenannter virtueller Kraftwerke erwähnt. Gemeint ist damit, dass Powerwalls, aber auch die Batterien von Tausenden Tesla-Autos miteinander vernetzt werden, um deren Energievorräte zum Zwecke des Verkaufs an den Strombörsen anzuzapfen.
Die Erlöse würden sich Tesla auf der einen sowie die Pkw-Halterinnen und -Halter und die Powerwall-Eignerinnen und -Eigner auf der anderen Seite teilen. Deshalb Prosumer: Im Idealfall könnten Privatleute so etwas hinzuverdienen. Ein Pilotprojekt plant Tesla in Texas.
Das wichtigste Werkzeug dafür soll Autobidder sein. Batteriestrom soll mittels der Handelsplattform „auf mehreren Energiegroßhandelsmärkten“ offeriert werden, heißt es in der Stellenausschreibung von Tesla, über die zuerst der US-Energie-Fachdienst Electrek berichtet hat.
Diese Art des Geschäfts mit Strom wird vollautomatisiert abgewickelt – nach dem Vorbild des Hochfrequenzhandels mit Aktien, also in Sekundenbruchteilen. Das macht die Sache interessant.
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Vorbild Apple
Schließlich geht es bei der Stromversorgung immer darum, dass jederzeit immer genau so viel Strom im Netz ist, wie gerade gebraucht wird. Fürs feine Austarieren wird sogenannte Regelenergie benötigt. Künstliche Intelligenz soll deshalb den Tesla-Leuten dabei helfen, den Bedarf möglichst präzise zu antizipieren.
Diese Art von Energiemanagement werde „in Zukunft der Schlüsselfaktor für funktionierende Energiemärkte sein, weshalb davon auszugehen ist, dass Teslas Engagement sehr ernsthaft ist“, so Kreutzer.
Darin sieht er zugleich Chancen für lukrative Geschäfte: „Die Bereitstellung von Regelenergie wird mit zunehmender Einspeisung aus erneuerbaren Energien für die Netzstabilität immer wichtiger.“ Wer sie in größerem Maße liefern könne, habe die Möglichkeit, stark zu profitieren.
„Letztendlich will das Unternehmen durch dieses Geschäftsmodell ein globaler dezentraler Stromversorger werden“, betont auch Electrek. Für den E-Auto-Bauer würde dabei ein willkommener Nebeneffekt eintreten. Kunden werden an die Firma von Elon Musk gebunden. Branchenkenner sprechen von Lock-in-Effekten.
Vorbild hier ist der weltgrößte Hightechkonzern Apple. Indes haben auch hiesige Autobauer ähnliche Konzepte in der Schublade, die zumindest den E-Auto-Kauf mit Lieferverträgen für Ökostrom verknüpfen wollen.