Wie Elon Musk selbst die Steuer zur Show macht
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Tesla-Chef Elon Musk hat bei Twitter über Aktienverkäufe abstimmen lassen.
© Quelle: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/PO
Wer Tesla-Aktien besitzt, hat einen besonderen Unsicherheitsfaktor im Depot: den twitternden Chef. Mit spontanen Dreizeilern an seine mittlerweile 64 Millionen Follower hat Elon Musk schon manches Mal Kurse bewegt. Jüngst ließ er seine Gefolgschaft darüber abstimmen, ob er ein großes Aktienpaket verkaufen soll. Danach ging es mit dem Kurs des E-Auto-Herstellers steil bergab, und man könnte es für einen Kommunikationsunfall halten. Doch dieses Mal hat sich Musk wohl etwas dabei gedacht.
Fast eine Milliarde an einem Tag
Millionenfach hat der Mitgründer Tesla-Aktien auf den Markt geworfen, seit die Mehrheit der Twitter-Teilnehmer dafür stimmte. Allein am Montag machte er mehr als 900.000 Aktien zu Geld – insgesamt rund 930 Millionen Dollar. Mal werden zehn Aktien verkauft und mal 50.000, mal knapp unter und mal über 1000 Dollar pro Stück. Das geht aus den langen Listen für die Börsenaufsicht SEC hervor. Inzwischen summieren sich die Verkäufe auf 7,8 Milliarden Dollar.
Das bleibt nicht ohne Folgen für den Kurs. Die Tesla-Aktie hatte zuletzt alle Rekorde gebrochen und war über 1200 Dollar gestiegen. Das Unternehmen war damit mehr als eine Billion wert, und Musks Anteil von über 20 Prozent genügte, um ihn zum reichsten Menschen der Welt mit geschätzt 280 Milliarden Dollar Vermögen zu machen. Sein Ausverkauf an der Börse hat die Rekordjagd abrupt beendet: Um rund 20 Prozent rutschte der Tesla-Kurs innerhalb weniger Tage, zeitweise durchbrach er die 1000-Dollar-Marke.
An Aktienverkäufen führte kein Weg vorbei
Musk könnte dennoch zufrieden sein, denn an großen Aktienverkäufen hätte ohnehin kein Weg vorbeigeführt. Die Twitter-Aktion diente wohl vor allem dazu, die Anleger vorzubereiten und allzu viel Hektik am Markt vorzubeugen. Musk steht nämlich vor einem wahrhaft luxuriösen Problem: Er lässt sich von Tesla ausschließlich in Aktienoptionen des Unternehmens bezahlen, und ein großes Paket aus dem Jahr 2012 muss er spätestens im nächsten Sommer einlösen. Der Gewinn ist enorm – und steuerpflichtig.
2012 war Tesla seit zwei Jahren an der Börse. Es gab ein paar Achtungserfolge und mit dem neuen Model S ein scheinbar halsbrecherisches Projekt, die Aktie kostete rund 6 Dollar. In den knapp zehn Jahren seither hat Musk mit Tesla die vereinbarten Ziele erreicht, viele übertroffen – und hat nun für begrenzte Zeit das Recht, für gut 6 Dollar eine Aktie im Marktwert von gut 1000 Dollar zu erwerben. So finden sich in den aktuellen Listen für die Börsenaufsicht nicht nur Verkäufe, sondern auch Käufe.
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Das Model S kam 2012 auf den Markt und brachte Tesla den Durchbruch.
© Quelle: dpa
Am 8. November etwa wurden Musk 2,1 Millionen Aktien für 6,24 Dollar pro Stück gutgeschrieben. Insgesamt zahlt er also 13,1 Millionen Dollar für Aktien, die an jenem Tag an der Börse 2,5 Milliarden wert waren. Die Differenz muss er nach Rechnung amerikanischer Analysten mit 54 Prozent versteuern, und solche Beträge hat nicht einmal der reichste Mann der Welt auf dem Konto. Also müssen Papiere flüssiggemacht werden – auch wenn der Kurs leidet.
Willst du, dass ich noch mehr Aktien verkaufe, Bernie? Sag es einfach.
Elon Musk zum US-Senator Bernie Sanders
Aus der simplen Erklärung machte das Marketinggenie den großen Auftritt. Es werde so viel über die Besteuerung der Superreichen geredet, twitterte er – das Geld für Steuern könne er aber nur durch Aktienverkauf aufbringen. Als der 80-jährige Senator Bernie Sanders, prominentester Vertreter der Linken in den USA, in der Twitter-Diskussion mitmischte, bekam er zurück: „Ich vergesse immer wieder, dass du noch am Leben bist.“ Und außerdem: „Willst du, dass ich noch mehr Aktien verkaufe, Bernie? Sag es einfach.“
Weitere Verkäufe sind absehbar
Tatsächlich müsste Musk weiter massiv Aktien verkaufen. Denn in seiner Twitter-Umfrage hat er vorgeschlagen, 10 Prozent seiner Tesla-Anteile zu verkaufen – und das ist noch lange nicht erreicht. Hält er sich, wie versprochen, an das Votum seiner Fans, müssten unabhängig von der Steuerzahlung noch Millionen Aktien auf den Markt kommen und den Kurs unter Druck halten.
Dem Multiunternehmer könnte es recht sein, schließlich braucht er auch mal Geld zum Leben. Musk war dank mehrerer Unternehmensgründungen zwar auch vor Tesla schon kein armer Mann, aber größtenteils soll er sein Leben durch Bankkredite finanzieren – besichert mit Tesla-Aktien. Neben der Steuer könnte er mit den Aktienerlösen also auch den einen oder anderen Kredit abhaken. Zudem hält er den Tesla-Kurs laut früheren Äußerungen ohnehin für zu hoch. Speziell mit dem Anstieg über 1000 Dollar ist das Absturzrisiko gewachsen.
Jetzt klagt auch noch JP Morgan gegen Musk
Doch so leicht redet man die Tesla-Aktie nicht runter. Inzwischen hat sich wieder über 1000 Dollar etabliert, obwohl sie den nächsten Schlag einstecken musste: Die Investmentbank JP Morgan fordert von Musk vor einem Gericht in Manhattan 162 Millionen Dollar – wegen eines Tweets aus dem Jahr 2018, der damals den Tesla-Kurs fallen ließ. Der Multiunternehmer hatte die Idee ins Spiel gebracht, alle Aktien aufzukaufen und Tesla von der Börse zu nehmen, die Finanzierung sei schon geregelt. Doch das war sie keineswegs. Man hat von dem Plan nie wieder gehört.