Aktiendebüt mit Mühe: Linux-Spezialist Suse sammelt eine Milliarde Euro ein
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Suse-Chefin Melissa Di Donato ist mit ihrem Unternehmen an die Börse gegangen.
© Quelle: Suse
Frankfurt. Die Börse hat ihren nächsten Milliardenwert. Trotz eines unsicheren Umfelds hat der Nürnberger Softwareentwickler Suse seinen Börsengang geschafft – wenn auch mit kleinen Wacklern: Der Kurs pendelte am ersten Tag in einem schwachen Umfeld um den Ausgabepreis von 30 Euro.
Damit ist der Linux-Spezialist, den vier Studenten in den Neunzigerjahren gründeten, rund 5 Milliarden Euro wert. Der größte Konkurrent Red Hat hat die Börse vor drei Jahren schon wieder verlassen, weil IBM das Unternehmen kaufte – für 34 Milliarden Dollar.
Vom Alternativprojekt zum stillen Riesen
Suse – abgeleitet von „Software- und System-Entwicklung“ – begann als eine Art Alternativprojekt und wurde zum stillen Riesen im Softwaregeschäft. Die Basis des Geschäfts ist das Betriebssystem Linux, das einst von Linus Torvalds entwickelt wurde und bis heute als Open-Source-Software frei verfügbar ist. Lange war Linux eine Art Graswurzelbewegung gegen den damals übermächtigen Microsoft-Konzern. Doch mittlerweile wird das System in vielen Großkonzernen eingesetzt.
„Es ist unglaublich zu sehen, wie weit Suse in den vergangenen drei Jahrzehnten gekommen ist“, sagte Unternehmenschefin Melissa Di Donato, als der Börsengang im April angekündigt wurde. Die Amerikanerin mit Wohnsitz in London führt ein weltweit verteiltes Managementteam – den Start-up-Tagen ist Suse entwachsen. Nach eigenen Angaben zählt das Unternehmen mehr als die Hälfte der 500 umsatzstärksten Firmen weltweit zu seinen Kunden.
Suse erwartet Wachstum des Open-Source-Marktes
Aktuelle Trends schaffen zudem neue Anwendungen. In der Cloud etwa und vor allem bei der Vernetzung technischer Geräte ist Linux oft das Mittel der Wahl. Suse bietet seinen Kunden die Anpassung des frei verfügbaren Systems an deren Bedarf. Das Unternehmen erwartet, dass der Markt bis 2024 jährlich um mehr als 20 Prozent wachsen wird.
Knapp 2000 Beschäftigte zählt das Unternehmen, der Umsatz stieg im Geschäftsjahr 2019/20 um 17 Prozent auf 503 Millionen Dollar und hielt das Wachstumstempo auch im ersten Quartal. Die operative Umsatzrendite lag bei 40 Prozent, unterm Strich stand allerdings nach Angaben des „Handelsblatts“ ein zweistelliger Millionenverlust.
Suse will Schulden abbauen
Suses Aufstieg verlief nicht reibungslos. Um die Jahrtausendwende kam das Unternehmen der Pleite nahe, musste Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen entlassen und überlebte nur durch den Einstieg des US-Konzerns Novell. Vor zwei Jahren übernahm dann der schwedische Finanzinvestor EQT die Nürnberger. Das Chamäleon im Logo ist über all die Jahre geblieben, wechselte allerdings gelegentlich die Farbe. EQT verkauft nun Anteile mit üppigem Gewinn, behält aber die Mehrheit.
Gut eine Milliarde Euro bringt der Börsengang in die Kassen. Ein Teil geht an die Altaktionäre und Altaktionärinnnen, mit dem Rest will das Unternehmen Schulden senken, die vor allem durch eine Übernahme im vergangenen Jahr auf mehr als eine Milliarde geklettert sind. Außerdem werden Aktien für ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm gebraucht.
Mein Auto sagte Börsengang ab
„Der geplante Börsengang gibt uns die strategische und finanzielle Flexibilität, mit der wir unsere langfristige Unabhängigkeit sichern können“, sagt die frühere SAP-Managerin Di Donato im Vorfeld.
Zuletzt war spekuliert worden, ob Suse bei seinem Börsenplan bleiben würde, denn der große Boom der Technologieaktien scheint vorerst vorbei zu sein. Der Internet-Autohändler Mein Auto sagte seinen Börsengang in der vergangenen Woche mit Hinweis auf das unsichere Umfeld ab. Auch für Suse wurde es eine Zitterpartie: Der Ausgabepreis lag am unteren Ende der angepeilten Spanne, und in einem insgesamt schwachen Markt rutschte der Kurs zunächst noch deutlich tiefer, bevor er es wieder über 30 Euro schaffte.