Zu wie viel Bürokratie führen Strom- und Gaspreisbremse?
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Ein Gaszähler hängt im Keller eines Einfamilienhauses (Archiv). Verbände warnen, dass die neuen Entlastungen zunehmend verwirren – und fordern schnellere Hilfen.
© Quelle: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa
Energiepauschale, Heizkostenzuschuss, gekippte Gasumlage: Bei der Vielzahl an Hilfen, die mittlerweile auf den Weg gebracht wurden, lässt sich leicht der Überblick verlieren. Jetzt hat die Bundesregierung erneut Milliarden mobilisiert, um Bürgerinnen und Bürger bei den Energiekosten zu entlasten – allerdings sorgt auch das neue Paket mit Strompreis- und Gaspreisbremse für eine Menge Fragen.
„Das ist ein Chaos“, kritisiert Kai Warnecke, Präsident des Eigentümerverbandes Haus & Grund. Zwar sei es gut, dass die Bundesregierung endlich handele. Jedoch kämen die Hilfen zu spät für Menschen, denen „das Wasser bereits bis zum Hals“ stehe, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Gaspreisbremse soll ab März eingeführt werden
Bund und Länder haben sich am Mittwoch darauf geeinigt, in zwei Schritten die Kostensteigerung für Gas abzumildern: Zunächst soll es im Dezember eine Soforthilfe in Höhe eines Monatsabschlags geben, die direkt mit den Gasversorgern abgewickelt wird. Im zweiten Schritt folgt dann eine Gaspreisbremse die im März 2023 eingeführt und nach dem Willen der Politik für den Februar rückwirkend ausgezahlt wird.
Für Warnecke ist unverständlich, warum die Entlastung erst im neuen Jahr greifen soll. „Eine richtige Gaspreisbremse müsste es doch ab dem 1. November oder dem 1. Dezember geben“, sagt er. Wenn sie zum 1. Februar 2023 rückwirkend wirksam sein könne – warum dann nicht schon ab 1. November oder zumindest dem 1. Dezember 2022? „Man könnte sich den ganzen anderen Wahnsinn sparen“, so der Präsident des Eigentümerverbands mit Blick auf die Soforthilfe für Dezember. Schon für viele Verbandsmitglieder sei das alles schwer zu verstehen, sagt Warnecke. „Für den normalen Bürger ist das unbegreiflich.“
Verbraucherschützer fordern frühere Entlastung
Auch Verbraucherschützer fürchten Verwirrung und fordern eine frühere Wirkung der Gaspreisbremse. Ramona Pop, Chefin der Verbraucherzentrale, begrüßte zwar das Hilfspaket. Die geplante Preisbremse für Gas und Fernwärme entlaste Verbraucherinnen und Verbraucher, sagte sie. Dass die Bundesregierung nun prüfe, ob sie früher gelten könne, sei allerdings ein „Hin und Her“, das für Verwirrung sorge. „Was jetzt kommen muss, ist eine schnellstmögliche Entlastung schon zum Januar, zumindest rückwirkend“, so Pop.
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Die Verbraucherzentralen in den Ländern verzeichnen derweil eine hohe Nachfrage nach Beratungen. „Wir haben unheimliche Zuwächse“, sagt Matthias Bauer von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg dem RND. „Viele sind überfordert.“ Besonders für Mieterinnen und Mieter sei nicht einfach, bei der Zusammenstellung der Nebenkosten den Überblick zu behalten. Der Experte für Bauen, Wohnen und Energie rät dazu, nun die Zählerstände abzulesen und alle Zahlungen genau zu dokumentieren. „Das macht die Prüfung hinterher einfacher“, so Bauer.
Wie wirken sich die Hilfen auf die Steuer aus?
Fragezeichen dürften sich auch bezüglich der Steuer ergeben. Denn in Haushalten ab einem Einkommen von 75.000 Euro soll die Entlastung versteuert werden. Laut Stefan Bach, Steuerexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) betrifft das zwar nur wenige Menschen – etwa 5 Prozent der Bevölkerung. Allerdings kritisiert er diese „feste Grenze“, die selbst dann gelte, wenn man nur knapp drüber liege. Sinnvoller sei, den Satz schrittweise hochzufahren.
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Erster Gasanbieter entlastet Kunden schon früher: Einsparungen gehen bis ins Jahr 2021 zurück
Überraschende Entlastung für Tausende Gaskundinnen und ‑kunden in den neuen Bundesländern: Der Mitteldeutsche Regionalversorger Mitgas setzt auf ein Modell, bei dem die verringerte Mehrwertsteuer für die komplette Jahresrechnung gilt. Die Einsparung von 12 Prozent gilt dann unter Umständen schon seit 2021.
Jana Bauer, stellvertretende Geschäftsführerin des Bundesverbands Lohnsteuerhilfe-Vereine, sieht das ähnlich. Zwar begrüßt auch sie die auf den Weg gebrachten Hilfen: „An sich ist das eine gute Sache, denn sie sind zielgerichtet und wirken bei den Bürgern sofort entlastend“, sagt sie. Allerdings sieht die Steuerexpertin den Vorstoß mit den 75.000 Euro ebenfalls kritisch. „Das ist mit einem enormen Bürokratieaufwand verbunden“, sagt sie. Außerdem widerspreche das dem sogenannten Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung.