Streik in Kita und Nahverkehr: Dürfen betroffene Arbeitnehmer zu Hause bleiben?
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/K46YU3PZXFGYFJ7SIQUMJIWUMQ.jpg)
Seit Corona salonfähiger: Arbeiten aus dem Homeoffice.
© Quelle: imago images/Westend61
Im Tarifstreit im öffentlichen Dienst wird es ab Montag (27. Februar 2023) Warnstreiks in Nordrhein-Westfalen geben. Betroffen sind vor allem der Nahverkehr, die Flughäfen und Kitas.
Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stellt das vor Probleme. Welche Rechte haben sie in dieser besonderen Situation? Fragen und Antworten.
Dürfen Eltern der Arbeit fernbleiben, wenn die Kita streikt?
Unter Umständen – ja. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht in Paragraph 616 vor, dass ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin aus einem „nicht in seiner Person liegenden Grund“ für eine „nicht erhebliche Zeit!“ der Arbeit fernbleiben darf. Das trifft zu, wenn der Arbeitnehmer oder die Kinder krank sind – aber unter Umständen auch bei einem Kita-Streik. In dem Fall würde der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin auch während der Abwesenheit weiter bezahlt.
Allerdings müssen Eltern vorher abklären, ob nicht eine andere Person das Kind zu Hause betreuen kann – also etwa die Großeltern oder ein Babysitter. Das gilt vor allem, wenn der Streik lange vorher angekündigt war. So schreibt die Gewerkschaft Verdi auf ihrer Internetseite: „Bei einem lange vorher angekündigten Streik müssen und können sich die Eltern allerdings vorher um eine Ersatzbetreuung bemühen, sodass ihnen der Schutz des § 616 BGB versagt bleibt.“
Außerdem können die Regelungen aus Paragraf 616 durch den Arbeits- oder Tarifvertrag ausgehebelt werden. Ist dort anderes vereinbart, gilt, was im Vertrag steht.
Strittig ist auch, wie viele Tage Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einem Kita-Streik der Arbeit fernbleiben dürfen – denn das Gesetz hält hier nur den Passus „für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ fest. Arbeitsrechtler sprechen meist von zwei bis drei Tagen, dann müssen Eltern eine andere Betreuung organisiert haben.
Welche Möglichkeiten haben Eltern noch?
Wegen der vielen rechtlichen Grauzonen ist man als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer besser bedient, in Absprache mit dem Chef kurzfristig Urlaub zu nehmen oder Überstunden abzubauen. Das dürfen Arbeitgeber nur aus dringenden betrieblichen Gründe ablehnen. In einigen Jobs ist es außerdem denkbar, das Kind mit an den Arbeitsplatz zu bringen oder im Homeoffice zu arbeiten und so Kinderbetreuung und Job unter einen Hut zu bringen.
Dürfen Arbeitnehmer zu Hause bleiben, wenn Busse und Bahnen nicht fahren?
Hier ist der Fall klar: Nein! „Der Arbeitnehmer trägt das Wegerisiko und muss dafür Sorge tragen, rechtzeitig zur Arbeit zu kommen“, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht. Das gilt auch, wenn Busse und Bahnen wegen Streik nicht fahren. Kommt der Arbeitnehmer trotz aller Bemühungen nicht oder zu spät zur Arbeit, könne der Arbeitgeber ihm für diese Zeit den Lohn verweigern, so Oberthür. Eine Abmahnung sei aber in den meisten Fällen nicht berechtigt. Die droht nur, wenn Angestellte die Unpünktlichkeit selbst verursacht haben.
Welche Möglichkeiten haben Pendler noch?
In vielen Berufen ist Homeoffice eine gute Alternative – durch die Corona-Zeit sind viele Arbeitgeber da auch flexibler geworden. Es ist aber wichtig, rechtzeitig mit dem Chef zu sprechen und sich eine Erlaubnis einzuholen. Wenn Homeoffice nicht möglich ist, können Arbeitnehmende an den Streiktagen eventuell kurzfristig Urlaub nehmen oder Überstunden abbauen.
Auch Fahrgemeinschaften mit Kolleginnen und Kollegen können Arbeitnehmende ohne eigenes Auto über einen Streik hinweghelfen.