Sind E-Scooter eine Umweltsünde?

E-Scooter sind Trend – oft ersetzen sie aber nur Fußwege.

E-Scooter sind Trend – oft ersetzen sie aber nur Fußwege.

E-Scooter sind zwar erst seit dem Sommer 2019 in Deutschland für den Straßenverkehr zugelassen, seitdem haben Anbieter wie Lime, Tier oder Bird aber Tausende E-Tretroller in Umlauf gebracht. In vielen deutschen Großstädten prägen sie mittlerweile das Stadtbild.

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Ein Problem: Sie halten nicht lange. Eine Studie zur ersten Generation der E-Scooter aus Louisville, Kentucky (USA) deutete auf eine Nutzung von nur 28 bis 32 Tagen hin. Das Bundesumweltamt berichtet auf seiner Internetseite von einer Lebensdauer von bis zu einem Jahr. Der Verleiher Lime gibt an, dass das neueste, auf den deutschen Straßen zugelassene Lime-Scooter-Modell Gen-3 bei intensiver Nutzung eine Lebensdauer von mehr als 18 Monaten hat.

Aber auch das ist eine kurze Zeit, betrachtet man allein, wie aufwendig es ist, die Batterie eines E-Scooters herzustellen und zu recyceln. Ist das nicht eine riesige Umweltsünde?

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Abbau von Kobalt ist Gefahr für Mensch und Umwelt

In E-Scootern sind größtenteils Lithium-Ionen-Batterien verbaut, die auch in E-Autos und in E-Bikes zum Einsatz kommen. In den Batterien stecken verschiedene Rohstoffe: neben Lithium zum Beispiel auch Kobalt, Nickel, Kupfer und Aluminium. All diese Stoffe müssen gewonnen werden – zum Teil auf Kosten von Mensch und Umwelt.

Lithium zum Beispiel ist ein Leichtmetall, was hauptsächlich im Bergbau oder aus Salzseen gewonnen wird. Das Hauptumweltproblem bei der Lithiumgewinnung aus Salzseen zumeist in Südamerika ist der Wasserverbrauch durch die offene Verdunstung in Becken.

Wesentlich gefährlicher ist der Kobaltabbau, größter Produzent ist der Kongo. Eine Fallstudie des Bundesumweltamts zeigt schwerwiegende negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt: So kann zum Beispiel Grundwasser mit Chemikalien und Schwermetallen kontaminiert werden, was zu Fischsterben und somit zum Einkommensverlust der lokalen Fischer führt. Auch der Staub in der Luft kann kontaminiert sein. Außerdem kommt es beim Kobaltabbau regelmäßig zu Kinderarbeit.

In den meisten Lithium-Ionen-Batterien ist noch immer Kobalt enthalten, sagt Kai-Christian Möller, Experte für Batterietechnik am Fraunhofer-Institut. “Die Hersteller versuchen aber mit immer weniger davon auszukommen. Denn neben den zum Teil kritischen Abbaubedingungen ist das Schwermetall auch sehr teuer.”

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Kohlestrom und Schiffstransport vermiesen CO₂-Bilanz

Die Rohstoffe werden dann in einer Fabrik zu Batteriezellen verarbeitet. Viele dieser Fabriken stehen in China. Wie klimafreundlich eine Batterie hergestellt wird, also wie ihre CO₂-Bilanz ausfällt, hängt von verschiedenen Faktoren ab, sagt Möller. “Wenn die Rohstoffe aus Afrika und Südamerika kommen, die Batterie dann in China – wahrscheinlich mit Kohlestrom – gefertigt und anschließend per Schiff nach Europa gebracht wird, ist die CO₂-Bilanz schlechter, als wenn eine Batterie zum Beispiel in Schweden mit Ökostrom aus lokalen Rohstoffen hergestellt wurde.”

Lebensdauer von 500 bis 1000 Ladezyklen

Der Lebenszyklus einer Batterie ist ebenfalls von vielen Faktoren abhängig. Zum Beispiel davon, welchen Temperaturen die Batterie ausgesetzt ist oder wie stark sie beansprucht wird. Möller geht aber davon aus, dass die Batterie in einem E-Scooter mindestens 500 bis 1000 Ladezyklen durchhält. “Wenn der Scooter jeden Tag geladen wird, entspräche das einer Lebensdauer von ein bis drei Jahren. Ich vermute, dass andere mechanische Verschleißteile schneller kaputt gehen.”

Recycling mit Schmelzofen oder Schredder

Doch was passiert mit der Batterie, wenn der Scooter von der Straße genommen wird? Klar ist, Batterien sind Sondermüll und müssen recycelt werden. Dazu sind die Scooter-Anbieter per Gesetz verpflichtet. Verschiedene Unternehmen haben sich auf das Recycling von Batterien spezialisiert, eine der Größten in Europa ist die Firma Umicore aus Belgien.

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“Es gibt unterschiedliche Methoden, Batterien zu recyceln”, erklärt Möller. “Erst mal werden sie immer entladen – danach kommen sie zum Beispiel in einen Schmelzofen. Eine andere Methode ist die Batterie zu schreddern und die einzelnen Bestandteile zu sortieren. Es gibt aber auch besonders für große leistungsstarke Autobatterien viele Möglichkeiten einer zweiten Nutzung. Denn die Batterie kann ja immer noch Energie speichern, nur eben weniger als für den Betrieb in einem E-Auto nötig wäre.”

Recyclinganlagen reichen auf Dauer nicht aus

Der Verleiher Lime schreibt in einem Statement: „Wir arbeiten mit zertifizierten Recyclingunternehmen zusammen, um Batterien, die nicht mehr verwendet werden können, effizient und verantwortungsbewusst zu recyceln. Die Lithium-Batterien werden zu 76 Prozent recycelt. Hier liegen wir 26 Prozent über der EU-Norm. Zusammen mit unseren Partnern stellen wir die Neutralisierung der restlichen 24 Prozent sicher, sodass Umweltschäden ausgeschlossen sind.“

Fraunhofer-Experte Möller ist sich aber sicher, dass die Zahl der Recyclinganlagen auf Dauer nicht ausreicht. “Bei der stetig steigenden Zahl an Batterien müssen auf jeden Fall noch viele Recyclingmöglichkeiten aufgebaut werden”, sagt er. Das Problem ist, dass Recycling oft nicht rentabel ist. “Wenn viel Kobalt verbaut ist, lohnt es sich. Ansonsten ist es oft ein Zuschussgeschäft”, sagt Möller.

E-Scooter sind nur umweltfreundlich, wenn sie Autos ersetzen

Fazit: Die Herstellung und das Recycling der Batterien ist aufwendig und geht mit Gefahren fürs Klima, die Umwelt und den Menschen einher. Sinnvoll kann der Einsatz dennoch sein – wenn die Batterien mit Ökostrom produziert und mit diesem auch beladen werden. Wichtig ist aber vor allem, dass die Elektromobilität Autos ersetzt, die sonst mit Benzin oder Diesel betrieben werden.

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Das Bundesumweltamt jedoch warnt, dass nur die wenigsten Fahrten mit einem E-Scooter Autofahrten ersetzen. So hat eine Umfrage unter rund 4000 E-Scooter-Nutzern in Paris ergeben, dass fast die Hälfte der Befragten ohne Roller zu Fuß gegangen wäre (47 Prozent), 29 Prozent hätten den öffentlichen Nahverkehr genutzt und 9 Prozent wären mit dem Fahrrad gefahren. Nur 8 Prozent der Befragten haben mit dem geliehenen E-Scooter eine Auto- oder Taxifahrt ersetzt. 3 Prozent hätten sich ohne Roller gar nicht fortbewegt.

Die Präsidentin des Umweltbundesamts Maria Krautzberger fasst es so zusammen: “In der Ökobilanz sind E-Scooter natürlich deutlich besser als das Auto. Aber gegenüber dem bewährtem Fahrrad, mit dem sich Strecken ebenso schnell bewältigen lassen und Gepäck besser transportieren lässt, sind E-Scooter die deutliche umweltschädliche Variante und aus meiner Sicher daher keine gute Alternative.”

RND

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