Mehrwertsteuer: Wo die Preise sinken - und wo nicht

Bundestag und Bundesrat haben den Weg für die Senkung der Mehrwertsteuer freigemacht. Doch was kommt bei den Kunden an? (Symbolbild).

Bundestag und Bundesrat haben den Weg für die Senkung der Mehrwertsteuer freigemacht. Doch was kommt bei den Kunden an? (Symbolbild).

Hannover. Mit “Wumms” aus der Krise kommen. Das hatte Finanzminister Olaf Scholz (SPD) bei der Vorstellung des Konjunkturpakets Anfang Juni angekündigt. Ein zentrales Element dabei ist die Senkung der Mehrwertsteuer. Bundestag und Bundesrat haben gestern grünes Licht gegeben: Am 1. Juli sinkt die Steuer von 19 auf 16 bzw. von 7 auf 5 Prozent. Die Politik hofft, die Kauflust der Deutschen damit in Zeiten der Pandemie zu steigern und einen zusätzlichen konjunkturellen Impuls zu setzen.

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Die Chancen stehen nicht schlecht: Wie die Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in einer Studie ermittelt hat, will fast jeder dritte Verbraucher die Senkung der Mehrwertsteuer für eine Neuanschaffung nutzen - viele allerdings nur im kleineren Rahmen. Dazu aber müsste die Steuersenkung zunächst bei den Kunden ankommen. Die Firmen sind nicht verpflichtet, ihre Produkte günstiger anzubieten.

Handelsverband verspricht: Die Preise sinken

Der Handel geht davon aus, dass flächendeckend die Preise sinken. “Für die Kunden wird das Einkaufen günstiger, denn der Wettbewerb unter den Händlern ist hoch und die Kunden in Deutschland sind sehr preissensibel. Da kann es sich kaum ein Händler leisten, die Steuersenkung nicht an seine Kunden weiterzureichen”, sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), Stefan Genth, zu “Bild”.

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Doch einige Branchen haben bereits angekündigt, den Preisvorteil nicht an die Kunden weiterzureichen. Das RND zeigt, wo Sie ab morgen beim Einkauf sparen - und wo nicht.

Lebensmittel

Egal ob Lidl, Aldi, Rewe oder Edeka: An der Supermarktkasse schlägt die Steuersenkung voll durch. Discounter Aldi reduzierte die Preise bereits um drei Prozent - obwohl der ermäßigte Satz für Lebensmittel nur von 7 auf 5 Prozent sinkt. Bereits vergangene Woche hat Lidl die Preise reduziert. Auch die Drogeriekette Rossmann steigt in den Preiskampf ein, senkt die Preise wie Aldi um 3 Prozent. Edeka, Netto und Rewe haben ebenfalls angekündigt, die Mehrwertsteuersenkung vollständig weiterzugeben. Edeka und Discount-Tochter Netto wollen den neuen Verkaufspreis - also nach Abzug der Steuer - zusätzlich zugunsten der Kunden abrunden.

Autos

Die Industrie hatte auf Extra-Förderung gehofft - und lediglich die Mehrwertsteuersenkung bekommen. Allerdings sparen Autokäufer auch so, je nach Preis, schnell einige hundert Euro und mehr. Der Branchenverband VdA hatte sich vom Konjunkturpaket zwar mehr erhofft, teilte aber mit, die Preissenkung vollständig an die Kunden weitergeben zu wollen. Dass damit auch Fahrzeuge mit Benzin- und Dieselantrieb gefördert werden, gefällt nicht allen. “Ich bin sonst für die Mehrwertsteuersenkung, aber sie wird beispielsweise auch dazu führen, dass mehr Autos mit Verbrennungsmotoren in den Markt kommen, die in zehn, 15 Jahren noch da sein werden”, sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsförderung (DIW), Marcel Fratzscher, der “Passauer Neuen Presse”.

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Online-Versandhandel

Wer bei Amazon shoppt, muss aufmerksam sein. Ein Unternehmenssprecher betonte am Montag zwar: “Wir haben das Ziel, die Umsatzsteuerermäßigung vollständig an Kunden weiterzugeben. Bei den eigenen Angeboten von Amazon werden die Kunden von Einsparungen für Millionen von Produkten profitieren.” Allerdings: Verkäufer auf dem Amazon Marketplace entscheiden individuell darüber, ob und wie sie den Preisnachlass weitergeben.

Auch der Online-Modehändler Zalando kündigte an, die temporäre Steuersenkung “vollumfänglich an die Kundinnen und Kunden weiterzugeben”.

Mode und Textilien

Der wochenlange Corona-Shutdown hat die Modebranche schwer getroffen. Geschlossene Geschäfte hieß auch: kein Umsatz. Zumindest die stationären Händler werden die Steuersenkung daher nicht an die Kunden weitergeben. Aber: bestehende Rabattaktionen sollen mit der Steuersenkung verbunden werden. “So haben wir gezielte Maßnahmen ergriffen, die einerseits die Kunden finanziell entlasten und andererseits zu einer Verbesserung des Konsumklimas beitragen sollen”, heißt es laut “Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung” (FAS) beim Düsseldorfer Modeunternehmen Peek & Cloppenburg.

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Elektronik

Auch die Elektronikketten Media Markt und Saturn geben die Steuersenkung eins zu eins an die Kunden weiter. Dass kleinere Händler nachziehen, ist eher unwahrscheinlich. Sie könnten die Steuersenkung nutzen, um die eigene Marge zu erhöhen - und Verluste aus wochenlangen Geschäftsschließungen auszugleichen.

Bahn

Die Bahn hatte sofort angekündigt, ihre Preise senken zu wollen. “Wir prüfen mit Hochdruck, wie und in welcher Form wir die Mehrwertsteuersenkung an die Kunden weitergeben können”, sagte DB-Vorstandsmitglied Ronald Pofalla nach der Vorstellung des Konjunkturpakets. Dies sei keine Frage des “ob”. Anfang des Monats gab die Bahn dann bekannt: Ab dem 1. Juli werden Fahrkarten im Fernverkehr um 1,9 Prozent billiger. Die Preissenkung gilt für alle Super Sparpreis-, Sparpreis- und Flexpreis-Tickets sowie für Bahncards und Zeitkarten im Fernverkehr.

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Baumärkte

Die Baumärkte hatten in der Pandemie Glück: Da sie als systemrelevant eingestuft wurden, durften sie auch während des Corona-Shutdowns geöffnet bleiben. Die Umsatzrückgänge fielen also nicht ganz so heftig aus. Wie die FAS schreibt, geben die Ketten die Steuersenkung unterschiedlich an die Kunden weiter: Hornbach verspricht eine Gutschrift in Höhe der Preisdifferenz, bei Obi und Bauhaus gibt’s den Rabatt am Ende des Einkaufs an der Kasse.

Gastronomie

Restaurants, Kneipen, Bars. Sie alle litten und leiden massiv unter Corona. Für April vermeldete das Statistische Bundesamt einen Rekordumsatzeinbruch von 76 Prozent. Hygienevorschriften und Abstandsregelungen stellen die Gastronomie auch jetzt vor Herausforderungen. Via “Bild” machte Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), bereits klar: “Unsere Gastronomen werden die Senkung der Mehrwertsteuer nicht an die Gäste weitergeben können.”

Umfrage: Hier ist die Zurückhaltung am größten

Bei einer Umfrage der Handelsberatung BBE, an der vorwiegend kleinere und mittlere Unternehmen abseits des Lebensmittelhandels teilnahmen, gab jeweils rund ein Fünftel der befragten Händler an, die Steuersenkung nicht oder nur teilweise an die Kunden weitergeben zu wollen. Ein weiteres Fünftel war noch unsicher über das weitere Vorgehen.

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Grundsätzlich sei im Textil-, Sport- und Schuhhandel die Zurückhaltung am größten, die Mehrwertsteuersenkung vollständig weiterzugeben, berichtete die BBE. Der BBE-Experte Sebastian Deppe sieht allerdings große Risiken bei einem solchen Vorgehen. Denn die Kunden erwarteten beim Mehrwertsteuer-Thema Bewegung von den Händlern. “Die Gefahr ist sonst, dass die Leute sich betrogen fühlen”, warnte er.

mit dpa




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