Karstadt Kaufhof: Ein Untergang mit viel Kalkül

Das Logo der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof hängt in einer Fensterscheibe. Bei der Warenhauskette droht die Schließung von bis zu 80 der gut 170 Filialen.

Das Logo der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof hängt in einer Fensterscheibe. Bei der Warenhauskette droht die Schließung von bis zu 80 der gut 170 Filialen.

Frankfurt a.M. Für die Beschäftigten ist es ein Schrecken ohne Ende. Seit mehr als anderthalb Jahrzehnten laufen die Versuche, die Warenhäuser von Karstadt und Kaufhof zu sanieren. Jetzt soll die Zahl der Filialen auf etwa 80 halbiert werden.

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Der Kahlschlag kommt mit Ansage. Anfang April hatte das Management ein sogenanntes Schutzschirmverfahren auf den Weg gebracht - das ist die milde Form eines Insolvenzverfahrens. Schon Anfang der Woche sickerte durch, dass der gerichtlich bestellte Sachwalter Frank Kebekus und der Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz der Belegschaft deutlich machten, dass es wegen horrender Einnahmeausfälle durch die Corona-Krise Standortschließungen geben wird.

Corona als Vorwand?

Doch wer die traurige Geschichte der Warenhäuser kennt, dem kommt die jetzt genannte Zahl der zur Disposition stehenden Häuser bekannt vor. Schon vor der Fusion von Karstadt und Kaufhof am Ende des Jahres 2018 wurde genau dieses Konzept in Branchen- und Unternehmenskreisen gehandelt. Der Verdacht drängt sich auf, dass Kebekus und Geiwitz aus der Schublade geholt haben, was schon lange vor Corona bereit lag.

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Der Hintergrund: Das erfolgreiche Betreiben von großen Warenhäusern ist eine vertrackte Angelegenheit, wegen der ausladenden Sortimente. Es gilt, den Verkauf von weit mehr als hunderttausend Artikeln zu organisieren. Das verlangt eine komplexe Logistik und noch komplexere Kalkulationen. Warenhäuser funktionieren dann, wenn es gelingt, einen zügigen Absatz über viele Sortimente hinweg zu organisieren.

Vor allem kleine und mittelgroße Filialen könnte es treffen

Bei Karstadt und Kaufhof wurde das immer schwerer. Beim Kernsortiment Bekleidung können die Warenhäuser schon lange nicht mehr mit erheblich agileren Spezialisten wie Zara, H&M oder Primark mithalten. Bei vielen anderen Produkten – wie Haushaltswaren – ist das Angebot im Internet größer, besser und billiger. Das bringt vor allem die kleineren und mittelgroßen Filialen in kleinen und mittelgroßen Städten in Bedrängnis. Und genau diese Standorte dürften auch nun der anstehenden Radikalsanierung zum Opfer fallen.

Arbeitnehmervertreter und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi weisen seit Jahren darauf hin, dass die Warenhäuser auf Dauer nur überleben können, wenn intelligente Konzepte mit Sortimenten entwickelt werden, die für jeden Standort mehr oder weniger maßgeschneidert werden. Das ist ein mühsames Unterfangen, das macht die Logistik und den Einkauf der Waren komplexer. Ob es dennoch funktionieren kann, wurde nie wirklich mit aller Konsequenz durchgespielt. Deshalb war klar, dass ein schwerer Schlag wie die Corona-Krise die Einzelhandelskette zerbröseln wird.

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War Kahlschlag bereits in Benkos Kalkül?

Und ein weiterer Verdacht drängt sich auf: dass der Eigentümer des letzten großen deutschen Kaufhaus-Konzerns einen Kahlschlag schon länger ins Kalkül gezogen hat: Das Unternehmen gehört das Signa-Holding des österreichischen Selfmade-Milliardärs René Benko. Und der ist Immobilieninvestor. Benko hat zwar einige überraschend erfolgreiche Schritte getan, um die Umsätze zu stabilisieren. Aber er hatte mutmaßlich immer auch einen Plan B in der Hinterhand: Die Verwertung der Immobilien. Also wurden Klamotten, Kochtöpfe und Armbanduhren gewissermaßen auf Bewährung verkauft. Was nun passiert, haben Branchenkenner schon vor Jahren geahnt. Viele Standorte werden umgebaut und umgewidmet. Innerstädtische Fitnessstudios sind eine denkbare Nutzungsform. Oder das Aufteilen in viele kleine Geschäfte. Und natürlich Gastronomie: Die hat sich in den vergangenen Jahren massiv in den Innenstädten breit gemacht. Der Boom dürfte nach Corona weitergehen.


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