Güterverkehr: die Rückkehr des Postzugs

Ein Container der Deutschen Post DHL wird an einem Verladebahnhof vom Lkw auf einen Wagon der Deutschen Bahn gehoben.

Ein Container der Deutschen Post DHL wird an einem Verladebahnhof vom Lkw auf einen Wagon der Deutschen Bahn gehoben.

Berlin. Der Onlinehandel boomt ungebrochen. Rund 7,6 Millionen Pakete bewegt Marktführer DHL pro Tag. Die allermeisten werden nicht nur auf dem letzten Weg zum Kunden, sondern auch auf der Langstrecke per Lastwagen transportiert.

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Das soll sich ändern – zumindest ein bisschen. Deswegen stehen Sigrid Nikutta, Chefin von DB Cargo, und Tobias Meyer, Post- und Paketvorstand der Deutschen Post DHL, an einem grauen Oktobermorgen in Großbeeren bei Berlin vor einem Güterzug mit einer leuchtend roten Elektrolokomotive und 30 Waggons mit leuchtend gelben Paketcontainern. 100.000 Pakete fassen sie.

Der Zug nennt sich „Parcel-IC“, er ist ein Paket-Intercity zwischen Großbeeren und Dortmund. Er soll jede Nacht, auf fünf Minuten pünktlich, Pakete zwischen dem Ruhrgebiet und der Hauptstadtregion hin- und herbringen, und zwar so schnell, dass sie bereits am Tag der Ankunft zugestellt werden können. „Es ist ein guter Tag für die DB, für die Deutsche Post DHL und für die Umwelt“, sagt Nikutta.

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Nur diese eine Verbindung auf einer Hauptachse erhöht nach Angabe der Unternehmen den Anteil der auf der Schiene transportierten Pakete bereits von 2 auf 6 Prozent. Langfristig will die Post wieder 20 Prozent der Paketsendungen im Inland mit dem Zug transportieren. Der Weg dahin ist aber noch weit, räumen beide Seiten ein.

Bahn und Post – das gehörte mehr als hundert Jahre zusammen. Nach der Trennung der beiden Staatsunternehmen aber setzte die Post fast komplett auf Lastwagen und Flugzeug – um den „Nachtsprung“ und die Zustellung am nächsten Tag zu schaffen. Für die Bahn ist das Tempo nach wie vor eine Herausforderung, räumt Nikutta ein. DHL setzt bereits am Wochenende mehr Züge ein als unter der Woche, appelliert aber auch an die „Bereitschaft auf Kundenseite, für einen klimafreundlicheren Transport auf der Schiene etwas längere Laufzeiten zu akzeptieren“.

Milliarden an Investitionen nötig

In Großbeeren werden die Anhänger wieder auf Lkw verladen und in die Postverteilzentren gebracht – das sind im Berliner Raum zurzeit noch einmal 60 bis 80 Kilometer Autobahnstrecke. Jetzt rächt sich, dass die Post beim Bau ihrer Infrastruktur nur auf die Autobahnanbindung und nicht auf Gleisanschlüsse gesetzt hat.

Um bis 2030 ein Viertel aller Güter auf der Schiene transportieren zu können, braucht es laut einem Gutachten Gesamtinvestitionen in Höhe von 52 Milliarden Euro. 13 Milliarden Euro davon könne die Güterbahnbranche selbst aufbringen, der Rest müsse vom Bund kommen, heißt es in einer aktuellen Untersuchung der Unternehmensberatung Roland Berger im Auftrag des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV).

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Die Summe sei zwar riesig, aber realistisch, sagt Nikutta 2 und die Message, dass in die Güterbahn investiert werden muss, sei bei allen potenziellen Partner für eine nächste Bundesregierung „angekommen“.

Zudem hofft die Cargo-Chefin auf eine Bevorzugung des Schiene-Straße-Verbundes durch die nächste Bundesverkehrsministerin oder den nächsten Bundesverkehrsminister. „Wer unsere Bahnterminals anliefert, soll von der Lkw-Maut und vom Sonntagsfahrverbot ausgenommen sein“, fordert sie.

Andere Paketdienstleister würden gerne nachziehen, sagt Marten Bosselmann, Vorsitzender des Bundesverbands Paket und Expresslogistik. Doch er weist auf die Probleme hin: „Bisher stehen dem Pakettransport auf der Schiene sowohl zu hohe Kosten als auch erhöhte Laufzeiten entgegen. Wir freuen uns über innovative Angebote, die unter anderem spätere Einlieferzeiten, gute Anbindungen an die Terminals des kombinierten Verkehrs und klare Infrastrukturverantwortlichkeiten berücksichtigen.“ Er fordert eine neue Bundesregierung auf, bis zu den Sortieranlagen der Paketdienste Schienen zu legen.

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