Bundesregierung stellt Rosneft Deutschland unter Treuhandverwaltung
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Die Anlagen der Erdölraffinerie auf dem Industriegelände der PCK-Raffinerie GmbH in Schwedt sind abends beleuchtet. (Archivbild)
© Quelle: Patrick Pleul/dpa
Berlin. Zur Sicherung des Betriebs der Raffinerien in Schwedt, Karlsruhe und Vohburg stellt die Bundesregierung die Rohölimporteure Rosneft Deutschland (RDG) und die RN Refining & Marketing GmbH unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur. Das teilte das Bundeswirtschaftsministerium am Freitagmorgen in Berlin mit.
Damit übernehme die Bundesnetzagentur die Kontrolle über Rosneft Deutschland und damit auch über den jeweiligen Anteil in den drei Raffinerien PCK Schwedt, MiRo (Karlsruhe) und Bayernoil (Vohburg), teilte das Ministerium mit. Die Treuhandverwaltung wird an diesem Freitag wirksam und ist zunächst auf sechs Monate befristet. Die Kosten dafür haben die betroffenen Unternehmen zu tragen.
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© Quelle: Reuters
Jurist Morgen wird Geschäftsführer der Rosneft-Gruppe
Zudem ist der Jurist und Betriebswirt Christoph Morgen als Geschäftsführer der Rosneft-Gruppe eingesetzt worden. Morgen sei ein ausgewiesener Krisenmanager mit umfassender Erfahrung in verschiedensten Branchen, unter anderem auch im Energiesektor, teilte die Bundesnetzagentur mit.
Morgen wurde als Geschäftsführer für die beiden in Berlin ansässigen Unternehmen Rosneft Deutschland GmbH und RN Refining & Marketing GmbH eingesetzt. Er ist Partner in der bundesweit tätigen Kanzlei Brinkmann & Partner. Als Qualifikationen gibt er auf der Kanzlei-Homepage die Berufe Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Insolvenzrecht und Betriebswirt an. Morgen hat in Kiel, Berlin und Hagen studiert. Der Jurist ist auch Insolvenzverwalter der MV Werften Gruppe.
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Der Jurist und Betriebswirt Christoph Morgen wird Geschäftsführer der Rosneft-Gruppe.
© Quelle: Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/
Öl-Embargo startet am 1. Januar 2023
Hintergrund der Treuhandverwaltung ist das Öl-Embargo gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs, das am 1. Januar 2023 greift. Der russische Betreiber Rosneft hat nach früheren Angaben des Wirtschaftsministeriums wenig Interesse an einer Abkehr von russischem Öl. Rosneft Deutschland vereine insgesamt rund zwölf Prozent der deutschen Erdölverarbeitungskapazität auf sich und sei damit eines der größten erdölverarbeitenden Unternehmen in Deutschland, so das Ministerium.
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Rosneft Deutschland vereint nach Ministeriumsangaben insgesamt rund zwölf Prozent der deutschen Erdölverarbeitungskapazität auf sich und sei damit eines der größten erdölverarbeitenden Unternehmen in Deutschland. Die deutschen Töchter des staatlichen russischen Ölkonzerns Rosneft, RDG und RNRM, führen laut Wirtschaftsministerium jeden Monat Rohöl im Wert von mehreren hundert Millionen Euro aus Russland nach Deutschland ein. Mehr als die Hälfte des Erdöls kommt nach deutschen Angaben aus Russland.
Die Treuhandverwaltung sei eine Reaktion auf die drohende Gefährdung der Energieversorgungssicherheit und ein wesentlicher Grundstein für den Erhalt des Standorts Schwedt. Für Schwedt solle es zudem ein „umfassendes Zukunftspaket“ geben, das einen „Transformationsschub“ für die Region bringen und die Raffinerie unterstützen solle, damit die Versorgung mit Öl auf alternativen Lieferwegen sichergestellt werde.
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PCK Raffinerie hängt an der „Druschba-Pipeline“
Bislang ist die PCK Raffinerie von der Belieferung mit russischem Erdöl über die „Druschba-Pipeline“ abhängig. Das so genannte Zukunftspaket soll am Mittag im Bundeskanzleramt von Kanzler Olaf Scholz (SPD), Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und dem Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg, Dietmar Woidke (SPD), vorgestellt werden. PCK hat rund 1200 Mitarbeiter und gilt als wirtschaftliche Säule der Region um Schwedt. Die Raffinerie versorgt große Teile des deutschen Nordostens mit Treibstoff. Rosneft Deutschland hielt nach Unternehmensangaben dort bislang einen Anteil von 37,5 Prozent, ebenso wie Shell Deutschland.
„Ein Ausfall des Betriebs der PCK-Raffinerie hätte zur Folge, dass die bundesweite Versorgung mit Erdölprodukten – und demnach mit lebenswichtigen Gütern – beeinträchtigt und insbesondere im Nordosten Deutschlands gefährdet wäre“, schreibt das Wirtschaftsministerium im Bundesanzeiger. Die Beschaffung von Öl aus anderen Quellen wäre sehr teuer, der Transport von Erdölprodukten aus anderen Raffinerien schwierig. Neben Versorgungsengpässen drohten „Preisspitzen bei Kraftstoffen für gewerbliche und private Verbraucher sowie eine Unterversorgung mit Bitumen insbesondere für den Straßenbau“. Auch die Belieferung des Berliner Flughafens mit Flugbenzin sowie die Versorgung der Stadt Schwedt mit Fernwärme seien dann gefährdet.
Die deutschen Töchter des staatlichen russischen Ölkonzerns Rosneft, RDG und RNRM, führen laut Ministerium jeden Monat Rohöl im Wert von mehreren hundert Millionen Euro aus Russland nach Deutschland ein. Grund für die Anordnung der Treuhandverwaltung sei, dass die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs der betroffenen Raffinerien aufgrund der Eigentümerstellung der Unternehmen in Gefahr gewesen sei. Zentrale Dienstleister wie Zulieferer, Versicherungen, Banken, IT-Unternehmen und Banken, aber auch Abnehmer, seien nicht mehr zu einer Zusammenarbeit mit Rosneft bereit gewesen - weder mit Raffinerien mit Rosneft Beteiligung noch mit den deutschen Rosneft-Töchtern, RDG und RNRM, selbst.
Von der Leyen thematisiert schwierige Lage der EU in Grundsatzrede
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will die Europäische Union als Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine grundlegend reformieren.
© Quelle: Reuters
Deutschlands größte Raffinerie steht in Karlsruhe
Die Mineralölraffinerie Oberrhein (MiRO) in Karlsruhe ist nach Unternehmensangaben Deutschlands größte Raffinerie. Gesellschafter sind demnach Phillips 66, Esso, Rosneft und Shell, der Standort hat 1100 Mitarbeiter, die aus Rohöl Produkte wie Benzin, Diesel oder Heizöl herstellen, insgesamt rund 14 Millionen Tonnen pro Jahr. Für den Südwesten Deutschlands ist MiRO nach eigener Darstellung die wichtigste Versorgungsquelle für Mineralölprodukte.
Die Raffinerie im bayerischen Vohburg an der Donau nahe Ingolstadt stellt nach Angaben des Unternehmens Bayernoil unter anderem Flüssiggas, Benzin, Diesel und Heizöl her.
Grund für die Anordnung der Treuhandverwaltung sei, dass die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs der betroffenen Raffinerien aufgrund der Eigentümerstellung der Unternehmen in Gefahr gewesen sei. Zentrale Dienstleister wie Zulieferer, Versicherungen, Banken, IT-Unternehmen und Banken, aber auch Abnehmer, seien nicht mehr zu einer Zusammenarbeit mit Rosneft bereit gewesen - weder mit Raffinerien mit Rosneft-Beteiligung noch mit den deutschen Rosneft-Töchtern RDG und RNRM selbst.
Hintergrund seien „Unsicherheiten über die sanktionsrechtliche Behandlung“ der Unternehmen, wie das Wirtschaftsministerium im Eintrag zu dem Vorgang im Bundesanzeiger schreibt. Zudem wanderten Mitarbeiter ab. „Es ist in der gegenwärtigen Situation zu erwarten, dass zentrale Unternehmensbereiche nicht mehr besetzt werden können“, schreibt das Ministerium.
Raffinerie Schwedt soll von russischen Lieferungen gelöst werden
Die PCK Raffinerie soll von russischem Öllieferungen gelöst werden, da diese jederzeit ausfallen könnten, so das Ministerium. Zur Umstellung auf andere Lieferanten sollen die Hafeninfrastruktur in Rostock und die Pipeline von Rostock nach Schwedt ausgebaut werden. Darüber hinaus seien Öllieferungen über eine Pipeline vom Hafen des polnischen Danzig nötig, insbesondere bis die Pipeline aus Rostock ausgebaut ist. Dies wolle die polnische Regierung aber erst ermöglichen, wenn die russischen Gesellschafter nicht mehr im Boot sind.
Auch in der Bayernoil-Raffinerie bei Ingolstadt wurde die Zusammenarbeit mit Dienstleistern laut Wirtschaftsministeriums zuletzt schwierig. Rosneft Deutschland habe zudem nicht die vereinbarten Mengen an Rohöl geliefert. „Die angespannte Versorgungslage mit Mineralölprodukten im süddeutschen Raum wird dadurch verschärft.“
Rechtliche Grundlage der Treuhandverwaltung ist eine Regelung im Energiesicherungsgesetz. Demnach ist dieser Schritt möglich, wenn das Unternehmen andernfalls seine dem Gemeinwesen dienenden Aufgaben nicht erfüllen kann und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit droht. Gegen die Entscheidung kann binnen eines Monats Klage erhoben werden.
SPD: Alle 1200 Arbeitsplätze sollen gerettet werden
Die SPD im Bundestag erwartet unterdessen, dass mit dem Konzept alle 1200 Arbeitsplätze gesichert werden. Bundestagsfraktionsvize Verena Hubertz sagte am Freitag, ohne die Übernahme der deutschen Töchter des russischen Konzerns Rosneft in Treuhandverwaltung wäre der Weiterbetrieb nicht gewährleistet gewesen.
„Zum einen erhalten wir nun über 1200 und viele tausend weitere Jobs in der Region Schwedt“, betonte Hubertz. „Zum anderen ist der Erhalt der Raffinerie aber auch ein wichtiger Beitrag zur Sicherstellung der Kraftstoffversorgung in Ostdeutschland, vor allem in der Region Berlin/Brandenburg.“ Ein „Transformationspaket“ stelle gleichzeitig sicher, dass der Standort „auch in Generationen nachhaltig betrieben wird“.
RND/dpa