„Gender-Pension-Gap“

Zwischen Männern und Frauen: In Deutschland klafft eine Renten­lücke

Rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland erhalten mehr Geld. Allerdings gibt es ein Renten­gefälle zwischen Männern und Frauen.

Rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland erhalten mehr Geld. Allerdings gibt es ein Renten­gefälle zwischen Männern und Frauen.

Angesichts der zum 1. Juli in Kraft getretenen Renten­erhöhung fordert der Deutsche Gewerkschafts­bund (DGB) die Bundes­regierung auf, mehr zu tun, um die Renten­lücke zwischen Männern und Frauen zu schließen. „Nur wenn wir die Sorge­lücke, die Arbeitszeit­lücke und die Entgelt­lücke überwinden, wird sich auch die Renten­lücke schließen“, sagte Anja Weusthoff vom DGB-Bundes­vorstand dem Redaktions­Netzwerk Deutschland (RND).

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„Als DGB erwarten wir von der Bundes­regierung, dass sie diese Heraus­forderung annimmt und endlich die richtigen Weichen stellt“, so die Abteilungs­leiterin für Frauen, Gleich­stellungs- und Familien­politik weiter.

Renten­lücke je nach Berechnung 31,5 bis 46 Prozent

In Deutschland bekommen Frauen durch­schnittlich weniger Rente als Männer, was sich in der der Renten­lücke (Fach­englisch: gender pension gap) wider­spiegelt. Der DGB verweist auf eine Statistik der Industrie­staaten­organisation OECD, die Deutschland eine denkbar schlechte Note ausstellt. In keinem anderen OECD-Land ist diese Lücke demnach größer: So bescheinigen die Zahlen von 2019 Deutschland eine Renten­lücke von 46 Prozent.

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Zwar gibt es auch andere Berechnungen – Weusthoff verweist etwa auf Statista-Zahlen, die ein Gefälle von 39 Prozent feststellen. Aber selbst wenn man die jüngsten Eurostat-Zahlen (31,5 Prozent) nimmt, bleibt das Bild ähnlich: Zwischen dem, was Männer und Frauen durch­schnittlich an Rente bekommen, gibt es einen deutlichen Unterschied.

Frauen arbeiten eher in Teilzeit

Anja Weusthoff nennt Gründe: „Es gibt eine große Diskrepanz im Arbeitszeit­volumen von Frauen und Männern“, sagt sie. Das beziehe sich nicht nur auf weniger Wochen­stunden, sondern auch auf größere Auszeiten im Lebens­lauf. Fast drei Viertel aller Mütter seien in Teilzeit tätig. Weil sich Frauen eher um Familie, Kinder, Haushalt oder pflege­bedürftige Angehörige kümmern, gehen sie viel zu oft in Teilzeit – oder ganz raus“, so Weusthoff.

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Häufig würden sie dann nicht mehr die Vollzeit-Erwerbsarbeit zurück­kehren. Und wenn Frauen wieder einsteigen, dann oft auf Basis eines Minijobs, wo meist keine Renten­punkte gesammelt werden. Aus dem Gender-Pay-Gap – also der Lohn­lücke zwischen Männern und Frauen – werde so im Laufe der Jahre ein Gender-Pension-Gap, sagt Weusthoff. „Das eine ist die Konsequenz aus dem anderen.“

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Weusthoff: Sorge­arbeit gerecht verteilen

Doch wie lässt sich die Renten­lücke schließen? „Was uns fehlt, ist eine adäquate Kinder­betreuung“, meint Weusthoff, die auch stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Frauenrats ist. Vielerorts sei die Kinder­betreuung noch immer mit hohen Gebühren verbunden, die Betreuungs­zeiten oftmals viel zu kurz. Zwar gebe es einen Unterschied zwischen Ost und West, allerdings hält Weusthoff die Kinder­betreuung „viel zu selten für bedarfs­gerecht“.

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Das gleiche Problem, vielleicht sogar noch verschärfter, gebe es bei der Pflege von Angehörigen. „Das übernehmen dann diejenigen, die im Erwerbs­leben weniger verdienen, also meist die Frauen“. Generell sei hier die Gesellschaft als Ganzes gefragt, um die Verteilung von Sorge­arbeit zwischen Männern und Frauen gerecht aufzuteilen. Zwar sieht sie bereits Veränderungen: „Es gibt die Tendenz, dass sich Väter mehr engagieren“, sagt sie. Dennoch gelte: „Wenn wir wollen, dass mehr Frauen erwerbstätig sind, dann müssen Männer mehr Sorge­arbeit leisten.“

Die Renten sind in Deutschland zum 1. Juli deutlich gestiegen – im Westen um 5,35 Prozent und im Osten um 6,12 Prozent. Es ist die größte Renten­erhöhung seit Jahr­zehnten, rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner erhalten durch sie höhere Bezüge.

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