“Generation Lockdown”: Wie Praktika in Corona-Zeiten ablaufen

Schilder mit den Aufschriften „Master", „Praktikum" und „Ausland" zeigen in verschiedene Richtungen.

Berufserfahrung wie ein Praktikum im Ausland kann dabei helfen, schneller einen Job zu finden. Doch viele Unternehmen müssen während der Corona-Krise auch ihre Ausbildungs- und Nachwuchsarbeit anpassen.

Für Yadeen Rashid lief es Anfang des Jahres richtig gut. Gerade hatte er sein Semester in Wirtschaft und Politik an der Technischen Universität Virginia mit hervorragenden Noten abgeschlossen. Dann ergatterte er ein Praktikum in einem Datenanalyse-Unternehmen. Und dann kam Corona.

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Mehr als einer von sechs jungen Arbeitnehmern weltweit hat während der Pandemie aufgehört zu arbeiten, teilte die Internationale Arbeitsorganisation ILO im Mai mit. Von einer "Generation Lockdown" war dabei die Rede, jungen Menschen, die ihr gesamtes Arbeitsleben lang gebrandmarkt sein könnten.

Seit sich das neuartige Coronavirus ausbreitet und die Wirtschaftswelt in Aufruhr versetzt, haben viele Unternehmen ihre Nachwuchsprogramme gestrichen und Stellenanzeigen zurückgezogen – so auch NTT Data, wo Rashid sein Praktikum beginnen sollte.

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Für beide Seiten eine unbefriedigende Situation

“Ich war richtig fertig”, sagt der 21-Jährige. “Nicht nur, weil es so schwierig ist, ein Praktikum zu bekommen, sondern weil ich mich wirklich darauf gefreut habe, genau dort arbeiten zu können.” Er sei dem Unternehmen aber nicht böse, versichert Rashid. Jetzt sucht er nach einem neuen Praktikum. “Aber je mehr Zeit ins Land geht, desto weniger gut sieht es aus.”

Seit Beginn der Pandemie sind nach Zahlen des Karriereportals Glassdoor in den USA die Hälfte und in Großbritannien 64 Prozent aller Praktikums-Angebote gestrichen worden. Damit fallen für die Unternehmen nun Möglichkeiten weg, neue Talente zu entdecken, während jungen Leuten ein Praktikum fehlt, das sie aufs Berufsleben vorbereitet, ihnen ein Einkommen bietet oder das sie als Leistungsnachweis fürs Studium benötigen.

Virtuelle Praktika

Manche Firmen allerdings bieten inzwischen virtuelle Praktika an. Der Onlinehändler Amazon stellt auf diese Weise mehr als 8000 Praktikanten für den Sommer ein. Das Beratungsunternehmen EY hat eigenen Angaben nach mehr als die Hälfte seiner 15.000 Praktikumsplätze auf virtuelle Jobs umgestellt. Praktikanten der Firma bekommen demnach je einen jungen und einen erfahrenen Kollegen zur Seite gestellt, die sich regelmäßig um ihre Schützlinge kümmern.

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Doch die virtuelle Betreuung erschwert einen der größten Nutzen eines klassischen Praktikums: Kontakte zu knüpfen. Amazon bietet daher Beratung und wöchentliche Kamingespräche per Videokonferenz an. Der US-Klimaanlagenhersteller Lennox lässt seine Praktikanten an digitalen Mittagspausen mit Führungskräften teilnehmen. Covid-19 hat die Arbeitswelt verändert. Wer jetzt ein virtuelles Praktikum absolviert, lernt dabei also auch gleich wichtige Fähigkeiten, die an Heimarbeitsplätzen gefragt sind.

Catarina Silva etwa studiert normalerweise in Birmingham, ist aber momentan Praktikantin eines Unternehmens in Asien, während sie zu Hause bei ihren Eltern im portugiesischen Porto wohnt. Morgens schreibt die 22-Jährige an ihrer Abschlussarbeit, nachmittags baut sie eine Spendendatenbank auf und arbeitet mit an der Strategie ihres Arbeitgebers. Silva sagt, sie gewöhne sich an das unstrukturierte Arbeiten von daheim: "Nachteulen können nach Mitternacht arbeiten, vielen in meiner Generation gefällt diese Flexibilität."

“Es ist gut, wenn du ins Büro gehen kannst”

Aber aus früheren Praktika kennt sie auch die Vorteile, vor Ort zu arbeiten. "Es ist gut, wenn du ins Büro gehen kannst, Menschen triffst und mit ihnen essen gehen und echte Kontakte knüpfen kannst", sagt sie. "Das ist bei einem virtuellen Praktikum viel schwieriger."

Universitäten, die Praktika oder Auslandssemester anbieten, haben alle Hände voll zu tun, diese mit virtuellen Optionen zu ersetzen, sagt Edward Holroyd-Pearce, Chef von Virtual Internships, einem britischen Unternehmen, das Fernpraktika in Asien anbietet und auch Catarina Silvas Praktikum organisiert hat. “Wegen Corona ist die Nachfrage enorm gestiegen”, sagt Holroyd-Pearce.

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Die Zahl der Studierenden, die sein Unternehmen vermittelt habe, habe sich in diesem Jahr verzehnfacht. Anfragen seien aus den USA, Großbritannien, Australien, dem Nahen Osten und anderen Ländern gekommen.

Doch nicht jeder will sein Praktikum von zu Hause aus machen. Tobias Bidstrup, Student an der Copenhagen Business School, hätte in diesem Sommer bei Procter & Gamble in London als Praktikant anfangen können.Nachdem das Coronavirus sich in Europa ausgebreitet hatte, bot das Unternehmen an, das Praktikum entweder virtuell zu absolvieren oder es um ein Jahr zu verschieben. Der 21-Jährige entschied sich zu warten.

“Wenn du neu in einem Unternehmen anfängst, ein Praktikum machst, dann triffst du Menschen, bekommst neue Aufgaben und lernst die Unternehmenskultur kennen – ich glaube, das ist virtuell sehr viel schwieriger als persönlich vor Ort im Büro zu sein”, sagt er.

RND/AP

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