Postbank weitet Strafzinsen aus: Ab 25.000 Euro müssen neue Sparer zahlen

Die Postbank schließt bis Ende 2018 mehr als 100 Filialen.

Die Postbank schließt bis Ende 2018 mehr als 100 Filialen.

Hannover. Die Sparer werden der Finanzbranche zu teuer. Zunächst kassierten viele Institute deshalb bei sechsstelligen Guthaben Gebühren, jetzt rutscht die Schwelle immer tiefer: Die Postbank verlangt vom 21. Juni an von Neukunden Strafzinsen, wenn mehr als 25.000 Euro auf einem Tagesgeldkonto oder mehr als 50.000 Euro auf einem Girokonto liegen. Damit wagt sich das zur Deutschen Bank gehörende Institut noch etwas weiter vor als große Konkurrenten. Bei der Deutschen Bank gebe es aktuell keine Änderung der Freibeträge, erklärte ein Konzernsprecher. Man beobachte den Markt und entscheide „zu gegebener Zeit“.

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Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis.

Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis.

Andere dürften aber folgen. Die Commerzbank plant ebenfalls eine Absenkung des Freibetrags, und Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis sagte jüngst, die Institute müssten angesichts der wachsenden Belastungen „gegensteuern“. Dazu gehört auch, den Kunden zu anderen Formen der Geldanlage zu raten, wie etwa Investmentfonds. „Wir sehen unsere Aufgabe als Bank nicht in erster Linie darin, Negativzinsen an unsere Kunden weiter zu reichen“, hieß es bei der Postbank. „Unsere Aufgabe ist es, den Kunden Wege zu zeigen, auf denen sie trotz Negativzinsen ihr Geld noch rentierlich anlegen können.“

Die Banken argumentieren mit ihren eigenen Kosten: Für Geld, das sie kurzfristig bei der Europäischen Zentralbank parken, müssen sie 0,5 Prozent Zins zahlen. Das hat die EZB vor sechs Jahren eingeführt, damit das Geld im Kreislauf bleibt und eben nicht geparkt wird. Etwas anderes können die Institute mit Giro- und Tagesgeldguthaben ihrer Kunden aber kaum anfangen, denn dieses Geld muss jederzeit verfügbar sein.

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Über ihre EZB-Kosten klagen die Banken seit Jahren, aber die Corona-Krise hat die Lage noch verschärft: Wegen geschrumpfter Einkommen und fehlender Konsummöglichkeiten sparen die Menschen noch mehr als bisher, legen das Geld wegen der unsicheren Lage aber nicht langfristig an. Die ohnehin schon hohe Sparquote in Deutschland ist im vergangenen Jahr drastisch auf 16 Prozent gestiegen. So steigt der Pegel auf den Konten – und die Sorge der Bankmanager. „Diese liebevolle Umarmung der Kunden nimmt uns unter Negativzinsbedingungen zunehmend betriebswirtschaftlich die Luft zum Atmen“, sagte Schleweis.

„Diese liebevolle Umarmung der Kunden nimmt uns unter Negativzinsbedingungen zunehmend betriebswirtschaftlich die Luft zum Atmen.“

Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis

Deshalb führen die Banken schon seit einigen Jahren wieder Kontogebühren ein und setzen bei größeren Summen sogenannte Verwahrentgelte obendrauf. Die Commerzbank hat ihre Zahlen jüngst veröffentlicht. In der Sparte Privat- und Unternehmerkunden waren Ende März Einlagen von 10 Milliarden Euro gebührenpflichtig. Drei Monate vorher galt das nur für 7 Milliarden Euro. Weitere 29 Milliarden Euro lagen gebührenfrei auf Konten mit mehr als 100.000 Euro. Der große Rest – 111 Milliarden Euro – blieb unter dieser Schwelle und war nicht gebührenpflichtig. Doch erklärtes Ziel der Bank ist es, deutlich mehr Gebühren einzunehmen – oder Spargeld in andere Anlagen umzuleiten, wo es nicht bei der EZB geparkt werden muss.

BGH macht Preiserhöhungen schwerer

Ihre Bestandskunden verschonen die meisten Institute und beschränken neue Gebühren auf Neukunden. In bestehenden Verträgen sind die nämlich nicht so leicht durchzusetzen. Der Bundesgerichtshof hat jüngst entschieden, dass für Preiserhöhungen bei Bankkonten das Einverständnis der Kundinnen und Kunden eingeholt werden muss (Az.: XI ZR 26/20). Allgemeine Geschäftsbedingungen, nach denen Schweigen als Zustimmung gilt, sind nichtig.

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Nach Ansicht von Verbraucherschützern können Kunden sogar bisher gezahlte Gebühren zurückfordern. Die Banken halten sich dazu bedeckt und wollen erst einmal die Urteilsbegründung prüfen, die seit wenigen Tagen vorliegt. In der Branche fürchtet man hohe Belastungen aus dem Urteil. Außerdem fehlt vorerst eine sichere Rechtsgrundlage, um von bestehenden Kunden höhere Gebühren zu kassieren – wenn sie nicht einverstanden sind.

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