Neue Generation des Onlinebankings? Zahlungsdienstleister Klarna will eigene Girokonten anbieten

Der Zahlungsdienstleister Klarna will seine Kundschaft noch stärker an seine Dienstleistungen binden – in Form von eigenen Bankkonten.

Der Zahlungsdienstleister Klarna will seine Kundschaft noch stärker an seine Dienstleistungen binden – in Form von eigenen Bankkonten.

Frankfurt am Main. Die schwedische Start-up-Firma Klarna gilt als Pionier für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs beim Onlineshopping. Und als wertvollstes Fintech-Unternehmen in Europa. Es ist noch nicht an der Börse notiert, verfügt aber über eine Banklizenz und ist nach eigenen Angaben bereits rund 9 Milliarden Euro schwer. Das könnte bald noch mehr werden. Denn das Management will die Kundschaft noch stärker an die Dienstleistungen von Klarna binden.

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Beinahe logisch erscheint die Idee, nicht nur das Geldausgeben zu organisieren, sondern auch die Einnahmen der Nutzer zu verwalten. „Wir haben den Anspruch, Hauptkonto zu werden“, sagte Vorstandschef Sebastian Siemiatkowski der Süddeutschen Zeitung. Die Basisfunktionen eines Girokontos sollen kostenlos sein, ebenso wie eine Debitkarte zum Bezahlen, die landläufig als EC-Karte bekannt ist.

Die Schweden agieren derzeit vor allem als Zahlungsdienstleister. In vielen Onlineshops sind deren digitale Bezahlmöglichkeiten integriert. Hierzulande ist das Unternehmen insbesondere mit der Funktion „Sofortüberweisung“ erfolgreich. Aber die Schweden haben sich in ganz Europa auch mit der Anwendung „Jetzt kaufen, später zahlen“ bekannt gemacht. Damit wird den Kunden eine zinslose Finanzierung ermöglicht. Klarna schießt gewissermaßen die Rechnungssumme vor und überweist sie an den Händler. Der Käufer zahlt dann das Geld in Raten an Klarna. „Smooth Shopping“, also reibungsloses Einkaufen, lautet das Motto des Fintechs.

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Bankkonten selbst betreiben und verwalten

Die App für Smartphones und Personal Computer funktioniert indes wie ein digitales Einkaufszentrum. Die Nutzer können Onlineshops von zahlreichen Markenartiklern aufsuchen: von Adidas bis Zara. Klarna erhält von den Händlern eine Provision für jeden Artikel, der über die App verkauft wird, die bereits sechs Millionen Mal heruntergeladen worden sein soll. Das alles funktioniert bislang natürlich nur, wenn der Kunde eine ganz konventionelle Bankverbindung hinterlegt hat. Dieses Konto wollen die Schweden künftig selbst betreiben und verwalten. „Wir wollen alles an einen Ort bringen“, sagte Siemiatkowski. Im Angebot ist bereits in mehreren Ländern eine virtuelle Kreditkarte. Festgeld können die hiesigen Kunden mit maximal 0,8 Prozent Zinsen bei 48 Monaten Laufzeit anlegen. Auch dies ist gebührenfrei.

Lock-in: Nutzer sollen möglichst nicht den Anbieter wechseln

Hinter dem Konzept steckt eine Idee, die bereits bei vielen anderen Internetfirmen wie Apple oder Amazon funktioniert: Lock-in. Das bedeutet, dass der Nutzer möglichst viele Transaktionen und Nutzungen in einem digitalen Ökosystem vollziehen soll. Je stärker dieser Effekt ist, umso schwerer wird es, zu einem anderen Anbieter zu wechseln. Das Girokonto soll dabei künftig offenbar eine zentrale Rolle spielen, auch deshalb dürfte es den Klarna-Managern leichtfallen, mit dem Konto zunächst einmal kaum Geld zu verdienen – bestenfalls noch mit Gebühren von Händlern beim Einsatz der Debitkarte. In einem mehr oder weniger geschlossenen System können dann auch allerlei Verkaufs- und Sonderangebotsaktionen in Kooperation mit den Händlern lanciert werden.

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Die Schweden sind nicht die einzigen im digitalen Bankgeschäft. Auch das Berliner Startup N26 macht Transaktionen mittels Handy möglich. Und das Vergleichsportal Check 24 bietet nach eigenen Angaben unter der Marke C 24 kostenlose Girokonten und Finanzdienstleistungen fürs Smartphone in Zusammenarbeit mit mehr als 300 Kreditinstituten.

Onlinebanking seit Corona noch stärker in Nutzung

Marktforscher erwarten, dass all diese Angebote der Beginn eines grundlegenden Wandels in der Welt der Banken bedeuten. Damit wird für die klassischen Banken der Konkurrenzkampf immer heftiger. Das Vergleichsportal Verivox spricht bereits vom „Online- zum Überallbanking“. Eine repräsentative Umfrage des Heidelberger Unternehmens hat ergeben, dass die Pandemie diese Tendenz noch verstärkt hat. Mehr als ein Viertel nutze Onlinebanking heute stärker als vor Corona.

Und gut ein Drittel hat sich zuletzt vor mehr als einem Jahr in einer Filiale von Menschen aus Fleisch und Blut beraten lassen. Weitere 6 Prozent gaben an, eine persönliche Beratung in den Räumen ihrer Bank sogar noch nie in Anspruch genommen zu haben. Knapp die Hälfte der Anwender greift bereits überwiegend oder ausschließlich mit mobilen Geräten wie Handys oder Tablets auf das Konto zu. Bei Bankkunden unter 30 sind es bereits 87 Prozent.

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Für Datenschützer ein Graus

Datenschützern sind Konzepte, die Banking mit Shopping verknüpfen, ein Graus. Je umfänglicher die App ist, umso größer sind die Datenmengen, die die Nutzer erzeugen. Und damit lassen sich feingliedrige Profile der Kunden erstellen. Unternehmen können sie nutzen, um ihre Dienstleistungen zu optimieren und um maßgeschneiderte Angebote für die Kunden zu entwickeln. Die Daten können aber auch an andere Firmen verkauft werden.

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