Ölpreis: Der Coup mit dem Anzapfen der Reserven ist gescheitert

Teures Heizöl: Verbraucher müssen in diesem Jahr aufgrund der weltweit großen Nachfrage nach Rohöl mit stark steigenden Heizkosten rechnen. Noch teurer wird es 2021 in Häusern mit Ölheizung, wo mit 44 Prozent höheren Kosten gerechnet wird.

Teures Heizöl: Verbraucher müssen in diesem Jahr aufgrund der weltweit großen Nachfrage nach Rohöl mit stark steigenden Heizkosten rechnen. Noch teurer wird es 2021 in Häusern mit Ölheizung, wo mit 44 Prozent höheren Kosten gerechnet wird.

Frankfurt/Main. Joe Bidens Coup ist misslungen. Mit dem Anzapfen von Rohölreserven wollte der US-Präsident die Spritpreise rechtzeitig zum heutigen Thanksgiving in den USA drücken. Das Gegenteil ist geschehen. Der noch immer wichtigste Rohstoff der Weltwirtschaft hat sich verteuert. Auch in Europa gab es Aufschläge. Nun schauen alle Experten auf das Treffen des Förderkartells Opec+ am 2. Dezember.

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Der Kampf ums Öl ist für den Präsidenten zu einem zentralen Thema geworden. Viele US-Bürger sind über die enorm hohe Inflation im Allgemeinen und über das teure Benzin im Besonderen hochgradig verärgert. Billiger Sprit gilt für viele in den USA als eine Art Menschenrecht. Thanksgiving ist dabei ein enorm wichtiges Datum im Jahresverlauf. Millionen Amerikaner besuchen mit dem Pkw Familienangehörige und Verwandte – ein Tag, an dem Autofahrern die Preise an der Zapfsäule unmittelbar vor Augen geführt werden.

Greta Thunberg kritisiert höhere Ölproduktion der Opec
Die in dem Verbund Opec+ zusammengefassten ��lf��rderstaaten hatten sich darauf verst��ndigt, die Produktion im Mai und Juni zu drosseln. Doch einige L��nder haben sich daran offenbar nicht gehalten.

Ab August wollen einige Ölförderländer wieder mehr Öl erzeugen. Nach der Entscheidung vom Sonntag, die auch für Kritik sorgt, fallen die Preise am Markt etwas.

Die Entwicklung des Ölpreises ist derzeit eine höchst brisante Angelegenheit. Die großen Förderländer machen ihre massiven Förderkürzungen, die durch Lockdowns bedingt waren, nur sehr langsam rückgängig. Denn die staatlichen Ölgesellschaften haben erkannt, dass sie mit der Rationierung des zähflüssigen Stoffs die Preise so hoch halten können wie schon lange nicht mehr.

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Heftige Berg-und-Tal-Fahrt

Der Grund dafür ist die weltweit gestiegene Nachfrage, die durch die Lockerungen pandemiebedingter Beschränkungen ausgelöst wurde. Notierungen jenseits der 80 Dollar pro Fass (159 Liter) werden in vielen Ländern dringend benötigt, um die Staatshaushalte zu finanzieren – allen voran Russland.

So wurde Ende Oktober für die Referenzsorte Brent, die auch für den europäischen Markt maßgeblich ist, ein mehrjähriges Hoch von 86,40 Dollar pro Fass erreicht. Allerdings bröckelten danach die Notierungen. Sie rutschten zeitweise auf nur noch knapp 78 Dollar ab. Das hat damit zu tun, dass die Händler an den Rohstoffbörsen einerseits die Freigaben der Reserven vorweggenommen haben und sie andererseits eine Eintrübung der Nachfrage erwarten. Weil die Delta-Variante vor allem in Nordeuropa die Covid-Infektionen in die Höhe treibt und Lockdowns sowie andere Beschränkungen wieder auf der Tagesordnung stehen.

Biden hat eine Allianz von Staaten geschmiedet, die allesamt am Dienstag ankündigten, mit einem Teil ihrer Rohölvorräte den weltweiten Markt zu fluten. Zu dem Bündnis zählen neben Großbritannien und Japan auch China, Indien und Südkorea. Mit der konzertierten Aktion sollte das Rohölangebot um bis zu 80 Millionen Fass kurzfristig erhöht werden – allein 50 Millionen Fass sollten nach Angaben der Finanznachrichtenagentur Bloomberg von den USA kommen.

Dass das Manöver schiefging, hat nach Einschätzung von Experten mit den Mengen zu tun. „Die Anleger waren enttäuscht über den geringen Umfang der gemeinsamen Ölfreigabe“, sagte der Rohstoffanalyst Satoru Yoshida von Rakuten Securities der Nachrichtenagentur Reuters. Offenbar hatten die Händler mit mehr als 100 Millionen Fass spekuliert.

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Bremst jetzt die Opec+ noch stärker?

Zudem gehen viele Analysten davon aus, dass das Anzapfen der Reserven von der Opec+ mit einer heftigen Gegenreaktion beantwortet werden könnte – im Klartext: mit einer noch stärkeren Verlangsamung der Produktionssteigerungen. Ob dies nun nach dem Preisschub für Rohöl beim Treffen des Kartells Anfang Dezember immer noch auf der Tagesordnung steht, ist offen.

Die Ausgangslage ist jedenfalls reichlich komplex. Denn ein zu hoher Preis kann die Konjunktur abwürgen. Der entscheidende Faktor wird sein, wie die Entwicklung der Nachfrage von den Saudis und den Vertretern anderer Förderländer eingeschätzt wird. Und dabei spielt die Pandemie eine maßgebliche Rolle. Klar ist: Neue Lockdowns in wichtigen Verbraucherländern können die Preise sehr schnell in den Keller rasseln lassen.

Hierzulande jedenfalls haben sich nach den Daten des Verbraucherportals Clever Tanken Benzin und Diesel in den vergangenen sieben Tagen spürbar verbilligt. Der jüngste Anstieg der Rohölpreise dürfte aber die Notierungen an den Tankstellen kurzfristig wieder in die Höhe treiben.

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