China: Die Augen eines Models machen Mercedes schwer zu schaffen

Mercedes-Benz erlebt in China seit Jahren einen Boom. Die Volksrepublik ist für den schwäbischen Autobauer einer der wichtigsten Märkte.

Mercedes-Benz erlebt in China seit Jahren einen Boom. Die Volksrepublik ist für den schwäbischen Autobauer einer der wichtigsten Märkte.

Frankfurt. Auffallend schmale Augen und deren Make-up haben Mercedes-Benz in China jede Menge Ärger eingebracht. Ein Werbevideo, das ein Model mit den schmalen Augen zeigt, hat der Konzern inzwischen zurückgezogen. Dahinter steckt ein weiteres Beispiel für das, was inzwischen Konsumenten-Nationalismus genannt wird.

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Am ersten Weihnachtsfeiertag wurde der Clip in dem sozialen Netzwerk Weibo verbreitet. Männliche und weibliche Models sind zu sehen, beworben werden neue Modelle des schwäbischen Autobauers. Der Film habe eine erhitzte Diskussion über die Darstellung von Frauen angeheizt. Nutzer beschwerten sich, dass das Make-up westliche Stereotypen über asiatische Menschen zum Ausdruck bringe, heißt es in der englischsprachigen Onlineausgabe der Zeitung „Global Times“ – sie wird von der kommunistischen Partei kontrolliert.

Ein Hashtag zu dem Thema auf Weibo sei am Dienstag von 170 Millionen Nutzern aufgerufen worden, berichtet die „Global Times“. Viele Nutzer betonten, dass sie nichts gegen die schmalen Augen des Models hätten, aber das Make-up sei „ärgerlich und beleidigend“.

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Ein Kommentar habe gelautet: Kein Chinese würde auf die Idee kommen, dass diese Art von „Schönheit“ attraktiv sei. Vielfach werde darauf hingewiesen, dass man aus der Darstellung keine politische Affäre machen soll, aber die Modewelt müsse verstehen, dass sie in China nicht länger aus westlichen Vorstellungen schöpfen könne, sondern sich der Ästhetik des chinesischen Volks anpassen müsse. Von Mercedes-Benz gab es zunächst kein Statement zu dem Thema.

„Gruselige Augen“ und „ein düsteres Gesicht“

Es ist nicht das erste Mal, dass die Darstellung von Frauen öffentlich kritisiert wird. Die französische Modemarke Christian Dior bekam vor einigen Wochen Ärger, weil sie eine Frau in traditioneller Tracht zeigte, die eine Dior-Tasche in den Händen hält. Asiatische Frauen würden durch die Darstellung „verleumdet“, hieß es in staatlich kontrollierten Medien.

Das Mannequin habe „gruselige Augen“ und „ein düsteres Gesicht“. Zuvor gab es einen Shitstorm wegen einer Lippenstiftreklame der spanischen Modefirma Zara. Kritisiert wurde ein „ausdrucksloses tortenförmiges Gesicht“ mit Sommersprossen – was ein Ausdruck westlicher Klischees sei und zu Rassismus gegen asiatische Frauen führen könne.

Auffällig schmale Augen – akzentuiert durch Make-up – sorgten schon kurz vor dem Mercedes-Video in einer Werbung für Snacks der chinesischen Firma Three Squirrels für Aufregung. Das sei eine Beleidigung Chinas, habe es in sozialen Medien geheißen, so „China Global“.

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Zur Untermauerung dieser These zitiert das Blatt den Wissenschaftler Zhu Wei von der nationalen Universität für Politikwissenschaft und Recht in Peking. Schmale schräg stehende Augen und Zöpfe seien ein Stereotyp aus dem 19. Jahrhundert, mit dem der Westen seine ideologische Überlegenheit gegenüber China zum Ausdruck gebracht habe. Ein verantwortungsvolles Unternehmen müsse von solchen Darstellungen Abstand nehmen.

Käuferstreik wegen Baumwollboykott

Beobachter vermuten, dass diese Diskussionen von der politischen Führung gesteuert werden könnten – und erinnern dabei an die westlichen Textilfirmen und Sportartikler, die im Frühjahr eine Kampagne gegen Baumwolle aus der Provinz Xinjiang starteten. Der Hintergrund: Es gibt den dringenden Verdacht, dass dort Menschen aus der Volksgruppe der Uiguren zu Zwangsarbeit auf den Baumwollfeldern gezwungen werden.

Die Antwort auf die Boykottaktion war ein staatlich gesteuerter Käuferstreik. Am heftigsten erwischte es den schwedischen Konzern H&M, der zeitweise 40 Prozent seines Umsatzes in China einbüßte. Seinerzeit war viel von den „verletzten Gefühlen dieses chinesischen Volkes“ die Rede. Inzwischen ist immer häufiger von einem Konsumenten-Nationalismus die Rede, den die kommunistische Partei offenbar über soziale Netzwerke und Internetplattformen lenken will.

Ein Warnschuss: Wir haben verstanden

Und Mercedes-Benz? Auffallend ist, dass der Autobauer Ende voriger Woche bekannt gab, sich beim Elektroautobauer Denza weitgehend zurückzuziehen. Es handelt sich dabei um ein Joint Venture mit dem chinesischen BYD-Konzern. Das Gemeinschaftsunternehmen leidet seit Jahren unter sehr magerer Profitabilität. China-Kenner machen immer wieder darauf aufmerksam, dass die Regierung – aus ihrer Sicht – unliebsames Verhalten mit Schikanen sanktioniert.

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In diesem Kontext könnte der Shitstorm gegen das Video eine Art Warnschuss gewesen sein, der Mercedes disziplinieren soll. Womöglich würde ansonsten eine Boykottaktion gegen die Autos mit dem Stern die Folge sein. Aber das Entfernen des Videos war wohl schon ein Signal. Nach dem Motto: Wir haben verstanden.

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