Dehoga fordert Verständnis

Mehrwegpflicht: Wie läuft es mit der Umsetzung?

Wer Essen to go anbietet, muss seit Januar auch Mehrwegbehälter anbieten. Ausnahmen gelten nur für kleine Betriebe.

Wer Essen to go anbietet, muss seit Januar auch Mehrwegbehälter anbieten. Ausnahmen gelten nur für kleine Betriebe.

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Seit Anfang des Jahres gilt die Mehrwegpflicht in der Gastronomie. Wer sich Burger, Salate oder Sushi bestellt, kann nun einfordern, die Gerichte in einer Mehrwegpackung zu bekommen. Knapp sechs Wochen nach Einführung der neuen Regelung hapert es allerdings noch mit der Umsetzung, finden Umweltorganisationen und Verbraucherschützer.

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Die Deutsche Umwelthilfe will nun sogar juristisch gegen mehrere Gastronomieketten vorgehen. Das Ergebnis stichprobenartiger Überprüfungen sei katastrophal, sagte Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz am Donnerstag. Von 16 großen Ketten hätten zehn die Mehrwegpflicht nicht verwirklicht. Besonders schlecht sehe es bei den Kinos aus, so Metz. Ein besseres Zeugnis stellte sie der Bäckereikette Kamps sowie dem Fast-Food-Riesen Burger King aus. Die Umwelthilfe hatte im Januar 35 Filialen von 16 Ketten in Berlin, Köln und München stichprobenartig getestet. Nun fordert sie von den Bundesländern eine Überprüfung und Sanktionen bei Verstößen.

Greenpeace will Hinweisportal einrichten

Auch die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat Tests durchgeführt und Verstöße festgestellt. Greenpeace bastelt nun an einem Hinweisportal, bei dem Verbraucherinnen und Verbraucher Betriebe melden können, die sich nicht an die neue Vorgabe halten.

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Seit dem 1. Januar dürfen Kundinnen und Kunden darauf bestehen, ihre Speisen in einem Mehrwegbehälter zu bekommen. Das schreibt das Verpackungsgesetz vor. Durch die neue Vorgabe soll Verpackungsmüll vermieden werden. Die neue Regel gilt allerdings nur für größere Restaurants. Ausgenommen sind kleine Betriebe wie Imbissbuden mit maximal 80 Quadratmetern Verkaufsfläche und mit höchstens fünf Beschäftigten.

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Verbraucherzentrale NRW hat Zweifel an flächendeckender Umsetzung

Auch die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat ihre Zweifel, ob sich die neue Vorgabe schon so durchgesetzt hat wie vorgesehen und es bei allen betroffenen Betrieben ein solches Angebot gebe. „Aktionen und Runde Tische vor Ort zeigen, dass noch wenig Interesse und viel Unkenntnis bezüglich der neuen Vorgaben bei Gaststätten oder Imbissbetrieben bestehen“, heißt es. Die Verbraucherschützerinnen und ‑schützer kritisieren außerdem, dass sich die neue Regel nur auf Einwegpackungen aus Kunststoff beziehe und nicht auf alle anderen Einwegmaterialien. Wer „nur“ in Aluminium oder Pappeinweg abfülle, müsse nichts ändern – Stichwort Pizzakarton. Zudem würden Anreize für Verbraucherinnen und Verbraucher fehlen, die neuen Angebote zu nutzen.

„Unstrittig ist, es gibt noch Verbesserungs- und Klärungsbedarf“, sagte Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Bei der Umsetzung der neuen Pflicht gebe es noch viele offene Fragen – etwa, welche Verpackungen überhaupt in den Geltungsbereich fallen würden.

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Dehoga fordert Verständnis für gebeutelte Branche

Bei Umsetzung der neuen Regeln sei zu bedenken, dass die Branche seit drei Jahren im Krisenmodus sei. „Unsere Betriebe waren insgesamt neun Monate geschlossen.“ Zu den Corona-Nachwirkungen kämen jetzt noch die explodierenden Kosten bei Lebensmitteln, Energie und Personal. „Die Umsätze liegen immer noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau“, so die Dehoga-Chefin. „Fragen der Existenzsicherung hatten und haben Priorität.“ Angesichts dieser multiplen Krisen erwarte sie Verständnis für „noch in Teilen bestehende Umsetzungsdefizite“, sagte Hartges.

Fragen der Existenzsicherung hatten und haben Priorität

Ingrid Hartges, Dehoga-Hauptgeschäftsführerin

„Mit Bashing einer Branche und Klagen gegen einzelne Betriebe kommen wir jedenfalls nicht weiter.“ Entscheidend für mehr Akzeptanz seien vielmehr einfache, praxistaugliche und attraktive Lösungen. „Eines ist doch auch klar: Wenn die Nachfrage da ist, werden unsere Betriebe diese auch bedienen.“ Dabei bedürfe es noch Aufklärungsarbeit. Bei der noch benötigten Aufklärungsarbeit sollten alle Beteiligten konstruktiv und nicht konfrontativ agieren.

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Ein paar Bier, etwas vom Hotel-Frühstücksbuffet, Backwaren oder ein besonderes Abendessen – mit der App „Too Good To Go“ kann man Lebensmittel vor der Tonne retten. Aber lässt sich damit auch Geld sparen? Ein Test.

Systemgastronomen finden Umsetzung schwierig

Sehr komplex findet auch der Bundesverband der Systemgastronomie (BdS) die Umsetzung der neuen Vorgabe. „Eine Bilanz nach nur vier Wochen zu ziehen ist sicherlich verfrüht“, sagte eine Sprecherin dem RND. In den Testphasen der vergangenen Monate hätten die Mitgliedsunternehmen jedoch „überwiegend positive“ Erfahrungen gemacht. Dort, wo es noch Verbesserungsbedarf gebe, werde mit Hochdruck an der Umsetzung gearbeitet.

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Der BdS kritisiert allerdings, dass manches in der Praxis „schlicht nicht umsetzbar“ sei. Beispielsweise die Mehrwegpflicht auf sogenannte „Wrappers“, also Einschlagpapier für Lebensmittel. „Für diese Produkte gibt es auf dem Markt aber gar keine Mehrwegalternative mit denselben Eigenschaften“, so die Sprecherin. Mit Blick auf die Zukunft ist der Verband optimistisch. Die Branche habe in der Vergangenheit mehrfach bewiesen, dass sie auch mit neuen Situationen und widrigen Umständen umgehen könne und sich in die Zukunft gerichtet anpassen könne.

Mit dpa

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