Kommunale Wärmeplanung: Was jetzt geplant ist und warum Städte mehr Zeit wollen
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Die Fernwärmeverteilerstation des Heizkraftwerks 3 Stuttgart-Gaisburg: Fernwärme und Wasserstoff spielen eine Rolle bei der kommunalen Wärmeplanung.
© Quelle: Marijan Murat/dpa
Berlin. Gerade hat sich die Aufregung um das Heizungsgesetz etwas gelegt, jetzt rückt zunehmend die kommunale Wärmeplanung in den Fokus. Sie sieht vor, dass Städte und Gemeinden in den kommenden Jahren Wärmepläne erstellen. Und geht es nach dem Bundesbauministerium, soll das nun schon früher passieren als ursprünglich vorgesehen. Das geht aus einem überarbeiteten Gesetzentwurf hervor, der dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt.
In einer ersten Fassung war vorgesehen, dass Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern bis Ende 2026 Zeit haben, um ihre Wärmepläne vorzulegen, Kommunen unter 100.000 Einwohnern hätten zwei Jahre länger Zeit. Nun sollen sich die Fristen jeweils in die Jahresmitte verschieben.
Auch kleinere Kommunen sollen Pläne vorlegen
Außerdem sieht der überarbeitete Gesetzentwurf vor, dass auch kleinere Gemeinden bis 10.000 Einwohner eine Wärmeplanung vorlegen sollen. ,„Für kleinere Kommunen ist ein vereinfachtes Verfahren vorgesehen und die Möglichkeit, dass benachbarte Kommunen zusammenarbeiten können“, sagte Sören Bartol (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im Bauministerium.
Laut dem neuen Entwurf soll es grenzüberschreitende Beteiligungen geben – beispielsweise bei Gebieten im Saarland oder in Sachsen.
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Warum der Wärmepumpenbranche ein Dämpfer droht
Die Bundesregierung will ab 2024 jährlich 500.000 Wärmepumpen in Betrieb nehmen lassen. Doch die Branche warnt: Der Streit um das Heizungsgesetz hat Menschen und Hersteller verunsichert. Aktuell ist die Auftragslage zwar noch sehr gut, perspektivisch droht die Nachfrage aber sogar zu sinken.
Welche Rolle das Gebäudeenergiegesetz spielt
Der überarbeitete Entwurf geht diesen Freitag in eine zweite Länder- und Verbändeanhörung sowie in eine zweite Runde der Ressortabstimmung. Das Wärmeplanungsgesetz ist eng verknüpft mit dem umstrittenen Gebäudeenergiegesetz (GEG). Denn: Erst wenn in einer Kommune eine Wärmeplanung vorliegt, soll die Pflicht gelten, dass jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent aus erneuerbaren Energien gespeist wird.
Ausnahmen gibt es in Neubaugebieten, wo die Regelung schon ab Anfang 2024 greifen soll. Allerdings sind sowohl das Gebäudeenergiegesetz als auch die kommunale Wärmeplanung noch nicht beschlossen.
Für Hausbesitzer kann Wärmeplanung entscheidend sein
Für Hausbesitzerinnen und ‑besitzer kann es in der Abwägung rund um eine neue Heizform entscheidend sein, ob im Quartier beispielsweise ein Fernwärmeanschluss geplant ist. Auch deshalb wurden immer wieder Forderungen laut, das Gebäudeenergiegesetz gemeinsam mit der kommunalen Wärmeplanung zu denken.
Fernwärme soll Alternative zur Wärmepumpe werden
Fernwärme kommt aus Kraftwerken über Wasserleitungen ins Haus. Was kann sie zum klimaneutralen Umbau der Wärmeversorgung leisten?
© Quelle: dpa
Die kommunale Wärmeplanung ist keine neue Idee. Schon jetzt gibt es Bundesländer, die sich dazu verpflichtet haben. In Baden-Württemberg sind die großen Städte beispielsweise schon jetzt dazu verpflichtet, bis Ende des Jahres einen entsprechenden Plan zu erarbeiten. Ähnliche Vorgaben gibt es auch schon in Schleswig-Holstein oder Hessen. Laut dem aktuellen Entwurf sollen bereits bestehende Pläne „Bestandschutz“ haben.
Auch Wasserstoff kann eine Option sein
Eine weitere Änderung ist, dass auch die Kategorie „Wasserstoffgebiet“ als mögliches Wärmeversorgungsgebiet dazugekommen ist. Hält sich eine Kommune geeignet für diese Art der Wärmeversorgung, kann sie sich also auch für diesen Weg entscheiden. „Viele Kommunen haben sich bereits auf den Weg gemacht, um für die Verbraucherinnen und Verbraucher einen kostengünstigen Weg zu finden“, sagte Bartol.
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„Andere fangen gerade an. Es ist klar, dass wir einen längeren Atem dafür brauchen, die Umstellung braucht Zeit.“ Aber wer seine Wärmeversorgung jetzt umstelle, spare in Zukunft Energiekosten. Bartol betonte zudem, dass jede Kommune bis 2045 schließlich das Klimaschutzgesetz erfüllen müsse. Dabei will sich der Bund auch an den Planungskosten beteiligen.
Warum die Pläne für Kritik gesorgt hatten
Das geplante Gesetz war scharf kritisiert worden, weil für die Wärmeplanung auch Energiedaten erfasst werden. Thüringens CDU-Fraktionschef Mario Voigt sprach in der „Bild“ gar von einer „Energie-Stasi“. Sein Parteikollege, der energiepolitische Sprecher der Unionsfraktion, Andreas Jung, sagte, man werde „im parlamentarischen Verfahren darauf dringen, dass weder Bürger noch Kommunen überfordert werden und der Datenschutz gewahrt bleibt“.
Es geht nur um vorhandene und bereits bekannte Daten.
Sören Bartol,
Staatssekretär im Bauministerium
Nach Angaben des Bundesbauministeriums werden die Daten nicht bei Bürgerinnen und Bürgern erhoben, sondern bei den Betreibern der Energieinfrastrukturen, denen sie ohnehin vorlägen. „Es geht nur um vorhandene und bereits bekannte Daten“, betonte auch Bartol.
Städtetag fordert längere Fristen
Dass die Fristen nun vorgezogen werden sollen, stößt beim Deutschen Städtetag auf Unverständnis. „Wir setzen darauf, dass die Städte für den Ausbau der Fernwärmenetze die nötige Investitionssicherheit bekommen und bei den Fristen kein zu enges Korsett geschnürt wird“, sagte Verena Göppert, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetags, dem RND. „Dafür müssen die Fristen für die kommunale Wärmeplanung im Gesetzentwurf unbedingt angepasst werden“, forderte sie.
Wichtig sei, dass sie wieder bis zum Jahresende 2026 beziehungsweise 2028 verlängert würden und nicht schon zur Jahresmitte endeten. Zumal die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dafür sorge, dass sich die Gesetzgebung beim GEG nach hinten verschiebe und Nachbesserungen bei beiden Gesetzen noch möglich seien.
Göppert betonte die Notwendigkeit einer engen Verzahnung mit dem GEG „Es ist absolut richtig, dass die kommunale Wärmeplanung ausdrücklich zur Grundlage für die Wärmewende in den Städten gemacht wird und das Gebäudeenergiegesetz mit dem Wärmeplanungsgesetz verzahnt wird“, sagte sie. „Die Wärmeplanung vor Ort ist die Basis für die Wärmewende, dafür brauchen wir einen verlässlichen Rahmen durch das Gebäudeenergiegesetz und das Wärmeplanungsgesetz.“
VKU kündigt kritische Prüfung an
Der Verband Kommunaler Unternehmen kündigte eine kritische Prüfung des Gesetzentwurfes an. „„Kommunale Wärmepläne sind das ideale Instrument für die Wärmewende“, sagte Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. Deswegen sei es gut und richtig, dass die Bundesregierung nach der Koalitionseinigung zum GEG nun auch ihren Entwurf zum Wärmeplanungsgesetz auf Herz und Nieren prüfe und eng mit dem GEG verzahnen wolle.
„Das ist wichtig, weil im ursprünglichen Entwurf noch einige Baustellen vorhanden waren mit zum Teil praxisfernen Vorgaben“, sagte Liebing. „Deshalb werden wir den Entwurf nun ebenso gründlich auf Herz und Nieren prüfen und kommende Woche ausführlich Stellung beziehen.“