RND Interview

NRW-Sozialminister Laumann: „Keine Spielräume für finanzielle Entlastung in der Pflegeversicherung“

NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU): „Wir brauchen eine große Pflegereform.“

NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU): „Wir brauchen eine große Pflegereform.“

Berlin. Herr Laumann, mit fast 65 treten Sie am Samstag noch einmal für den Vorsitz des CDU-Arbeitnehmerflügels CDA an, Parteichef Friedrich Merz ist sogar noch anderthalb Jahre älter. Was können die Alten, was die Jungen nicht können?

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Die Älteren bringen natürlich viel Erfahrung mit, aber ich glaube grundsätzlich nicht, dass die Eignung zum Tragen politischer Verantwortung in erster Linie eine Frage des Alters ist. Ich strebe an, Minister der nächsten Landesregierung von Nordrhein-Westfalen zu werden. Und ich fühle mich fit, auch die CDA eine weitere Amtszeit zu führen. Das Renteneintrittsalter habe ich übrigens noch nicht erreicht.

Die CDA will so etwas wie das sozialpolitische Gewissen der CDU sein. Über zu wenig Themen können Sie sich derzeit nicht beklagen, oder?

Nein, ganz sicher nicht. Die Folgen des Krieges in der Ukraine belasten auch bei uns viele Menschen. Vor allem die steigenden Energiepreise sind sozialer Sprengstoff für unsere Gesellschaft. Das muss die Politik im Blick haben.

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Reicht das Entlastungspaket, das die Bundesregierung geschnürt hat?

Nein. Das Entlastungspaket der Ampelregierung ist politischer Murks. Es ist extrem teuer, weil viel Geld mit der Gießkanne verteilt wird, und es hilft den wirklich Bedürftigen kaum. Die Entlastung von Energiekosten muss sich viel stärker als bisher auf unterdurchschnittlich verdienende Menschen konzentrieren. Der Staat kann nicht alles für alle ausgleichen, aber denen, die wenig haben, muss er viel stärker helfen.

Wie genau?

Die bisherige Entlastung knüpft vor allem an Steuerfreibeträge an. Das mag leicht zu administrieren sein, aber dadurch bleiben all jene, die nicht steuerpflichtig sind, außen vor. Und das sind nun mal die Menschen, die am wenigsten haben. Dass die Regierung ausgerechnet die Schwächsten vergisst, nämlich Rentner mit geringen Bezügen, hätte einem sozialdemokratischen Kanzler niemals passieren dürfen. Das ist ein Webfehler, der unverzeihlich ist.

Das heißt, die Regierung muss noch einmal nachlegen?

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Ja, und zwar für einkommensschwache Menschen, die unter den hohen Energiekosten besonders leiden.

Die energetische Sanierung älterer Gebäude zahlt sich auch steuerlich aus.

CO₂-Preismodell: So sollen die Kosten zwischen Vermieter und Mieter künftig aufgeteilt werden

Jetzt haben es die Ampelminister endlich geschafft, sich auf einen Modus für die Aufteilung der CO₂-Kosten beim Heizen zwischen Mietern und Vermietern zu einigen. Sie sollen sich nach dem Energieverbrauch pro Quadratmeter richten. Die Opposition sieht allerdings einen entscheidenden Webfehler.

Der CDA-Vorstand bringt in die Bundestagung eine Erklärung ein, die Energieunabhängigkeit von Russland im Grundsatz befürwortet, gleichzeitig aber vor schweren wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen warnt. Sie wollen also lieber noch ein bisschen länger sibirisches Gas importieren?

Natürlich müssen wir unsere Abhängigkeit reduzieren, schon weil Wladimir Putin uns ja jederzeit den Hahn zudrehen kann. Trotzdem kann ja niemand ein Interesse haben, unsere Wirtschaft mutwillig gegen die Wand zu fahren. Die CDA steht da klar an der Seite der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Welche Lehren sollte die Wirtschaft aus dem aktuellen Dilemma zeihen?

Die Einkäufer unserer Unternehmen müssen künftig mehr auf Liefersicherheit achten als auf den Preis. Die meisten Produkte, die nun fehlen – vom Kabelbaum bis zum Palettennagel – könnten wir ohne Probleme in Deutschland und der EU herstellen, wenn wir etwas höhere Preise in Kauf nehmen würden. Wir brauchen eine Politik, die nicht nur die Unternehmensgewinne im Blick hat, sondern die Versorgungssicherheit.

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Das Bundesverfassungsgericht schreibt vor, dass der Beitrag zur Pflegeversicherung künftig nach Kinderzahl gestaffelt werden soll. Wo soll das Geld für die Entlastung kinderreicher Familien herkommen?

Grundsätzlich halte ich das Urteil für richtig. Kinderreiche Familien leisten bei der Pflege einen besonderen Beitrag. Innerhalb der Pflegeversicherung sehe ich für finanzielle Entlastungen jedoch keine Spielräume. Ohne zusätzliches Geld wird man das Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit Sicherheit nicht umsetzen können. Wir sollten das Urteil zum Anlass nehmen, um die Pflegeversicherung komplett neu zu denken

Was muss passieren?

Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen wächst immer mehr, und es ist einfach unmöglich, so viele professionelle Pflegekräfte zu finden, wie wir brauchen. Die Pflegeheime haben bereits heute enorme Personalprobleme. Wir müssen daher die häusliche Pflege aufwerten, sonst wird das Pflegesystem in ein paar Jahren zusammenbrechen. Angehörige könnten beispielsweise durch eine Pflegezeit mit einer Lohnersatzzahlung wie beim Elterngeld entlastet werden. Klar ist: Wir brauchen eine große Pflegereform, die all diese Probleme löst. Die Bundesregierung muss hier schleunigst handeln.

Ab Juli wird es keine Sanktionen mehr für Hartz-IV-Empfänger geben, die bei der Jobsuche nicht ausreichend mitwirken. Was werden die Konsequenzen sein?

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Ich halte es für ziemlich blauäugig, auf Sanktionen komplett zu verzichten. Wenn ein Arbeitsloser bei der Jobsuche partout nicht mitmacht, muss es Sanktionsmöglichkeiten geben. Alles andere können sie den Menschen, die fleißig arbeiten und die Steuern zahlen, nicht erklären.

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