Kampf gegen die Inflation: Die EZB kommt aus ihrem Dilemma nicht heraus
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Christine Lagarde, Präsidentin der EZB.
© Quelle: Daniel Roland/AFP Pool /dpa
Hannover. Das übliche Schmunzeln, die kleinen Scherze versagte sich Christine Lagarde bei ihrem Auftritt nach der EZB-Ratssitzung. Eine „Wasserscheide“ markiere der Krieg gegen die Ukraine, sagte die Notenbankpräsidentin sehr ernst. Das gilt auch für die EZB selbst.
Ein Jahrzehnt lang war die Zentralbank die nicht selten wichtigste Krisenmanagerin des Kontinents. Während sich politische Institutionen mit der Eurokrise schwertaten, wurde die Notenbank – im traditionellen Verständnis eine biedere Behörde – zur Macht. Den Finanzmärkten galt sie nahezu als Wunderheilerin.
Doch jetzt kann die EZB ökonomisch wenig zum Besseren wenden. Viel ist schon gewonnen, wenn nichts grob schiefgeht. Denn sie muss den Abschied von ihrer Krisenpolitik organisieren – mitten in einer schweren Krise. Die hohe und vorerst anhaltende Inflation zwingt sie zu einer Straffung der Geldpolitik – extrem vorsichtig, aber doch deutlicher, als von vielen Experten erwartet.
Viel weiter kann sie in dieser Richtung aber nicht gehen, weil stärkere Maßnahmen die von den Kriegsfolgen bedrohte Konjunktur komplett abwürgen könnten. Außerdem ist geldpolitisch ohnehin wenig auszurichten gegen die steigenden Energiepreise als wichtigstem Inflationstreiber.
Nur Frieden bremst die Energiepreise
So wird sich an der rapiden Preissteigerung vorerst nichts ändern. Weltpolitische Ruhe und Abwesenheit von Pandemien würden helfen, aber damit ist wohl nicht zu rechnen. Die Zentralbank mag dagegen noch so oft die Preisstabilität, definiert als 2 Prozent Jahresinflation, als ihr wichtigstes Ziel betonen – erreicht hat sie es im Grunde nie. Jahrelang war die Inflation trotz aller Bemühungen zu niedrig, jetzt ist sie zu hoch und droht es zu bleiben.
Ein Zeitfenster wurde verpasst
Das hat sich die EZB zum Teil auch selbst zuzuschreiben, weil sie zu spät auf Inflationsbekämpfung umgeschaltet hat. Wieder einmal hat sie ein Zeitfenster verpasst. Damit bleiben ihre Erfolge in der Inflationssteuerung sehr überschaubar. Gleichzeitig ist sie im Moment auch als Krisenmanagerin nicht besonders gefragt. Diese Tage bringen deshalb auch so etwas wie die Entzauberung der Zentralbank.