„Armenhäuser der Republik“: Hier müssen Bürger am meisten sparen
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Eine ältere Frau geht mit einem Rollator auf einem Weg entlang.
© Quelle: Armin Weigel/dpa
Wiesbaden. Wie stark jemand von Armut bedroht ist, hängt in Deutschland nach wie vor vom Wohnort ab. Wie aus am Donnerstag veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervorgeht, ist die sogenannte Armutsgefährdungsquote weiter regional sehr unterschiedlich.
Demnach waren im vergangenen Jahr in Bayern und Baden-Württemberg weniger als zwölf Prozent der Bevölkerung von Armut bedroht, in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern waren es mehr als 20 Prozent der Menschen.
In Bremen sind die meisten Menschen von Armut bedroht. Die sogenannte Armutsgefährdungsquote lag im Zwei-Städte-Land im vergangenen Jahr bei 22,7 Prozent, wie das Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte.
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Ein großes Problem mit sozialem Sprengstoff sei zudem die „Mietarmut“. Vor allem in den großen Städten halte die Einkommensentwicklung mit den Mietsteigerungen nicht Schritt. Die Armutskonferenz forderte die Gründung einer gemeinnützigen Landeswohnungsbaugesellschaft, höhere Hartz-IV-Sätze, einen höheren Mindestlohn und eine höhere Grundsicherung für Kinder.
Annäherung von Ost und West
Die Quoten in Ost und West näherten sich jedoch an. In den neuen Ländern, einschließlich Berlin, seien sie 2018 mit durchschnittlich 17,5 Prozent etwas höher als im früheren Bundesgebiet (ohne Berlin) mit 15 Prozent gewesen. Noch 2005 seien für die neuen Länder mit Berlin 20,4 Prozent verzeichnet worden, für den Westen 13,2 Prozent.
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Nach Bundesländern folgte auf Bremen (22,7 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (20,9 Prozent) Sachsen-Anhalt mit einer Armutsgefährdung von 19,5 Prozent. Danach lagen Berlin und Nordrhein-Westfalen nahezu gleichauf mit gut 18 Prozent. In allen übrigen Ländern, außer den beiden südlichen, wurden Quoten zwischen 15 und 17 Prozent verzeichnet. Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens der Bevölkerung hat.
Alleinerziehende besonders gefährdet – Forscher spricht von „Armenhäusern“
Nicht überraschend dabei: Von allen Haushaltstypen weisen Alleinerziehende und ihre Kinder das höchste Armutsrisiko auf. 2018 seien 40,4 Prozent der Personen in Alleinerziehenden-Haushalten im früheren Bundesgebiet und 44,5 Prozent in den neuen Ländern armutsgefährdet gewesen, heißt es in der Mitteilung.
Angesichts jüngster Zahlen zur Armutsgefährdung hat der Armutsforscher Christoph Butterwegge die Bundesregierung zum Handeln aufgefordert. „Das Land ist zerrissen“, sagte der Kölner Politikwissenschaftler. Es gebe auf der einen Seite prosperierende Regionen im Süden und Südwesten Deutschlands und auf der anderen Seite Regionen, die abgehängt werden wie etwa Teile vom Ruhrgebiet, Bremen und Bremerhaven. „Das sind die Sorgenkinder, man könnte auch sagen, die Armenhäuser der Republik“, sagte Butterwegge.
Der Armutsforscher schlug vor, „die 20 Milliarden Euro, die der Bund jährlich mit dem Solidaritätszuschlag einnimmt, nicht abzuschaffen, wie es im Koalitionsvertrag versprochen wird“. Stattdessen solle das Geld verwendet werden, um die abgehängten Regionen beim Kampf gegen die Armut zu unterstützen.
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Von RND/epd/ka