Spritpreise bringen Rekordgewinne

Vergleich mit Dax-Unternehmen: Aktienkurse der Mineralölkonzerne überflügeln fast alle deutschen Konzerne

Die Mineralölkonzerne haben deutlich höhere Gewinnen als die Dax-Unternehmen.

Die Mineralölkonzerne haben deutlich höhere Gewinnen als die Dax-Unternehmen.

Ob die vorübergehende Senkung der Mineralölsteuer ab dem 1. Juni vollständig an die Autofahrer und ‑fahrerinnen weitergegeben wird, darüber gehen die Meinungen auseinander. Das Ifo-Institut hat errechnet, dass der Tankrabatt zumindest annähernd im gleichen Umfang auch die Spritpreise gesenkt hat. Der Automobilclub ADAC hingegen verdächtigt die Mineralöl­unternehmen, einen Teil davon einzubehalten und damit Kasse zu machen.

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Die Spritpreise haben sich vom Rohölpreis entkoppelt

Fest steht: Zwischen der Entwicklung der Rohölpreise und den Preisen für einen Liter Benzin oder Diesel klafft seit Jahresbeginn eine immer größer werdende Lücke. Irgendwo auf dem Weg von der Bohrinsel zur Zapfsäule muss diese wachsende Gewinnmarge hängen bleiben: entweder bei den Raffinerien, bei den Großhändlern oder bei den Tankstellenketten.

Wo genau, ist unklar, aber am Ende auch nicht entscheidend, denn die Zwischenstationen befinden sich weitgehend in der Hand weniger großer Ölkonzerne. In Deutschland teilen fünf Firmen den Kraftstoffmarkt unter sich auf: Conoco Philips (Jet) und Exxon Mobil (Esso), beide mit Sitz in den USA, die britischen Firmen Shell und BP (Aral) sowie Total aus Frankreich.

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Im ersten Quartal 2022 haben die großen fünf Rekordgewinne verbucht. Shell vermeldete für die ersten drei Monate des Jahres sogar den höchsten Gewinn der der Firmengeschichte mit einem bereinigten Ergebnis von 8,6 Milliarden Euro.

Gewinne und Börsenwerte auf Rekordniveau

Entsprechend entwickelten sich die Aktienkurse der Ölmultis. Das Redaktions­­Netzwerk Deutschland (RND) hat die Entwicklung von Big Oil mit den Blue Chips der deutschen Wirtschaft verglichen. Normiert man die Kurse der 40 Unternehmen des Deutschen Aktienindex auf der einen Seite und die der fünf großen Mineralölfirmen auf der anderen Seite am ersten Handelstag des Jahres, dann zeigt sich seitdem eine gegenläufige Entwicklung.

Während fast sämtliche Dax-Konzerne an Börsenwert verloren haben, werden die Energieriesen immer wertvoller. Der Dax insgesamt büßte bis Mitte Juni mehr als 16 Prozent seines Ausgangsniveaus aus dem Januar ein. Einige Mitgliedsfirmen wie die Onlinehändler Hello Fresh, Zalando und Delivery Hero verloren sogar mehr als die Hälfte ihres Wertes.

Auf der anderen Seite legten Conoco Philips und Exxon Mobil um mehr als die Hälfte zu. Shell, BP und Total konnten ihre Aktienkurse in dem knappen halben Jahr immerhin um zwischen 9 und 25 Prozent steigern. In diese Sphären schafft es von den in Deutschland ansässigen Großunternehmen nur der Pharma- und Agrarchemie­konzern Bayer mit einem Plus von 33 Prozent.

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Die Entwicklungen auf dem Kraftstoffmarkt haben das Bundeskartellamt auf den Plan gerufen. „Wir wollen wissen, warum die Preise phasenweise bei Raffinerie und Tankstelle gestiegen sind, obwohl der Rohölpreis nicht im selben Maße stieg“, schreibt die Behörde. Das Kartellamt kann zwar hohe, auch sehr hohe Preise nicht einfach verbieten, kartellrechts­widriges Verhalten können die Wettbewerbshüter aber mit hohen Bußgeldern ahnden. Allerdings gibt es dafür bislang keine Beweise. Hohe Preise können viele Gründe haben und auch im Wettbewerb entstehen. Im Kraftstoffmarkt funktioniert der Wettbewerb jedoch nur eingeschränkt. Deshalb steht die Branche von nun an unter genauer Beobachtung.

Übergewinnsteuer hat wenig Chancen auf Umsetzung

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) möchte die Untersuchung des Kartellamts nicht abwarten und einen Teil der Profite der Mineralöl­unternehmen mit einer sogenannten Übergewinnsteuer in die Staatskasse umleiten. Finanzminister Christian Lindner (FDP) lehnt eine Abschöpfung der Extragewinne allerdings strikt ab. Auch der Chef des Münchner Forschungsinstitutes Ifo, Clemens Fuest, argumentiert gegen eine solche Abgabe: „Je nach Wirtschaftslage Sondersteuern für einzelne Branchen einzuführen öffnet der Willkür und dem Populismus Tür und Tor.“

Habeck will Kartellrecht verschärfen

Größere Chancen auf Umsetzung dürfte ein anderer Vorstoß Habecks haben. Der Wirtschaftsminister will dem Kartellamt mehr Eingriffs­möglichkeiten geben. Derzeit kann die Behörde nur dann aktiv werden, wenn es einen konkreten Nachweis für ein Kartell gibt, etwa geheime Preisabsprachen.

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„Solange die Konzerne lediglich das Verhalten der Nachbarn kopieren und sich stillschweigend wie ein Kartell benehmen, ist das völlig legal“, erklärt Justus Haucap, Direktor des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbs­ökonomie (DICE). Nach den Vorstellungen Habecks sollen künftig unabhängig von einem nachgewiesenen Verstoß gegen das Kartellrecht Gewinne abgeschöpft oder oligopolistische Strukturen unter bestimmten Bedingungen entflochten werden können, um mehr Wettbewerb zu schaffen und damit Verbraucher und Verbraucherinnen zu schützen.

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