Energie fürs Haus und fürs Auto hält die Inflation hoch – Was Sie dazu wissen müssen
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Deutsche Karotten werden für 1,50 Euro pro Kilogramm an einem Stand auf einem Wochenmarkt angeboten. Die Inflation ist nach wie vor hoch.
© Quelle: Moritz Frankenberg/dpa
Frankfurt. Das ist eine faustdicke Überraschung. Die Inflation in Deutschland ist nach ersten Berechnungen des Statistischen Bundesamtes im Januar um 4,9 Prozent gestiegen. Expertinnen und Experten hatten hingegen einen deutlich niedrigeren Wert erwartet. Wir erläutern, wie die aktuellen Zahlen zustande gekommen sind und was sie für die Verbraucher bedeuten.
Wie genau hat sich die Teuerung im Januar entwickelt?
Detaillierte Zahlen liegen noch nicht vor. Klar ist aber, dass die Inflationsrate für Januar knapp unter 5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat liegt. Die Experten des Statistischen Bundesamtes (Destatis) errechneten zudem zum Dezember ein Plus von 0,4 Prozent.
Was ist an diesen Zahlen so überraschend?
Alle Fachleute hatten erwartet, dass ein sogenannter Basiseffekt die offiziell ermittelte Rate deutlich stärker drückt. Im Dezember wurde eine Teuerung von 5,3 Prozent zum Vorjahr errechnet. Eine maßgebliche Rolle spielte dabei aber, dass im Vergleichsmonat (Dezember 2020) noch die verminderte Mehrwertsteuer – zur Belebung der Konjunktur in der Pandemie – in Kraft war.
Zudem war Energie extrem billig. Das drückte seinerzeit die Preise massiv. Im Januar 2021 galten wieder die normalen Mehrwertsteuersätze. Der Vergleichswert bei den Verbraucherpreisen lag also höher. Was die Differenz zu den aktuellen Zahlen vermindert. Expertinnen und Experten hatten deshalb mit einer Rate um die 4,5 Prozent kalkuliert.
Was ist nun geschehen?
Der Basiseffekt trat zwar quasi automatisch ein. Er wurde aber durch exorbitante Steigerungen bei einer Reihe von Produkten und Dienstleistungen teilweise kompensiert. Das trifft insbesondere auf Nahrungsmittel und Energie zu.
Welche Produkte haben sich besonders stark verteuert?
Nahrungsmittel verteuerten sich um 6 Prozent. Detaillierte Zahlen liegen noch nicht vor. Aber die Erzeugerpreise für landwirtschaftliche Produkte sind in den vergangenen Monaten kontinuierlich gestiegen. Diese Tendenz dürfte sich fortgesetzt haben. Gemüse wird teurer, weil es zuletzt hierzulande magere Ernten gab.
Das gilt auf internationaler Ebene auch für Getreide, was wiederum die Preise für Mehl und damit auch für Brot nach oben treibt. Für Milch, Käse und Butter müssen die Verbraucher mehr zahlen, weil viele Bauern aus der Produktion des Grundnahrungsmittels wegen steigender Kosten ausgestiegen sind. Dadurch ist das Angebot geschrumpft.
Wie sieht es bei der Energie aus?
Laut Destatis verteuerten sich Kraftstoffe und die Energie für Haushalte (Heizöl und Erdgas) bundesweit um gut 20 Prozent. Deutlich tiefer in die Tasche greifen als ein Jahr zuvor mussten Verbraucher beispielsweise in Hessen beim Erdgas: Es legte um gut 77 Prozent zu. Die Preise für Heizöl (plus 52,6 Prozent) und Kraftstoffe (plus 25,5 Prozent) stiegen ebenfalls kräftig. Hinzu kam auch die Erhöhung der staatlich geregelten CO₂-Abgabe von 25 Euro auf 30 Euro je Tonne Kohlendioxid, das beim Verbrennen von Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas entsteht. Aber auch Strom kostete deutlich mehr.
Wie kommt die Preisexplosion zustande?
Hier kommt einerseits eine starke Nachfrage zum Tragen, die in vielen Ländern nach wie vor besteht – obwohl die konjunkturelle Dynamik nachgelassen hat. So kostet ein Fass (159 Liter) der Rohöl-Referenzsorte Brent derzeit um die 91 Dollar. Das ist 60 Prozent mehr als vor einem Jahr. Mit dem Rohöl sind auch die Preise für Gas und Kohle zuletzt wieder gestiegen. In den vergangenen Wochen sind als zusätzlicher preistreibender Faktor die geopolitischen Verwerfungen durch die Ukraine-Krise hinzugekommen. Russland hat seine Gaslieferungen gebremst, und Russland ist auch der wichtigste Öllieferant für Deutschland.
Trotz steigender Inflation: EZB hält Leitzins auf Null
Die Teuerung steigt und steigt – doch Europas Währungshüter zeigen sich standhaft. Ein Ende der Geldflut ist nicht in Sicht. Der Kurs ist nicht unumstritten.
© Quelle: dpa
Welche Rolle spielt die Politik bei der Inflation?
Destatis teilte am Montag mit, Lieferengpässe und Preiserhöhungen für Rohstoffe und Vorprodukte hätten sich ebenfalls im Verbraucherindex niedergeschlagen. Die große Nachfrage nach allen möglichen Gütern weltweit wird durch Hilfs- und Konjunkturprogramme der Regierungen befeuert. Dies wurde auch durch niedrige Leitzinsen der Notenbanken ermöglicht.
Deshalb wird der Vorwurf immer lauter, dass die Europäische Zentralbank die Inflation eher fördert, als sie zu bekämpfen, was ihre eigentliche Aufgabe ist. Die EZB rechnete bislang gleichwohl für dieses Jahr mit einer deutlich sinkenden Teuerung in der Euro-Zone. Dies dürfte sich nun „noch weiter in die Zukunft verschieben“, betonte Michael Holstein, Chefvolkswirt der DZ Bank.
Wie stark sind die privaten Haushalte konkret von der Inflation betroffen?
Das ist höchst unterschiedlich und hängt stark von der individuellen Lage ab. Extrem hohe Erdgastarife muss nur der Haushalt zahlen, der aktuell einen neuen Liefervertrag abschließt. Viele Bestandskunden haben aber Verträge, die fixe Preise für einen längeren Zeitraum garantieren. Besonders übel sind Hausbesitzerinnen und -besitzer dran, die jetzt Heizöl bestellen müssen.
Auch Mobilität beeinflusst die persönliche Inflationsrate massiv – für Pendelnde, die weite Strecken zurücklegen, sind die Kosten deutlich gestiegen. Wer zum Arbeitsplatz radelt, merkt nichts von hohen Spritpreisen. Der persönliche Inflationsrechner von Destatis zeigt, dass je nach Energiebedarf die individuelle Teuerung derzeit deutlich unter 3 Prozent sinken, aber auch über 6 Prozent steigen kann.