Deutschland und Kanada vereinbaren Wasserstoffabkommen
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Toronto: Kanadas Premierminister Justin Trudeau and Kanzler Olaf Scholz bei einem Dinner im Royal Ontario Museum.
© Quelle: IMAGO/ZUMA Press
Berlin. Wann immer in diesen Tagen von der klimaneutralen Industrie die Rede ist, fällt eher früher als später das Begriffspaar „grüner Wasserstoff“. Gemeint ist das Gas H₂, hergestellt durch die Elektrolyse von Wasser unter der Verwendung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Auf diese Weise produzierter Wasserstoff ist CO₂-frei und kann Öl, Erdgas oder Kohle in vielen industriellen Prozessen ersetzen.
Schon die vorherige Bundesregierung hatte das Ziel formuliert, Deutschland zum Vorreiter und Leitmarkt für die Anwendung von grünem Wasserstoff im industriellen Maßstab zu machen. Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) hat sich das Ziel zu eigen gemacht und das Tempo noch einmal erhöht.
Scholz und Trudeau unterzeichnen Wasserstoff-Pakt
Deutschland will 2025 Wasserstoff aus Kanada beziehen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) unterstrich, dass der Bedarf für den Energieträger stark steigen werde.
© Quelle: Reuters
Es fehlt an Platz für Windkraft- und Solaranlagen
Erst kürzlich hatte Habeck auf seiner Sommerreise für den Einsatz des nachhaltigen Energieträgers geworben. Ende Juli besuchte er den Energiepark Bad Lauchstädt in Sachsen-Anhalt. Dort arbeitet man daran, mithilfe von acht Windkraftanlagen produzierten Strom in grünen Wasserstoff umzuwandeln, der ab 2024 die Gaslieferungen in den nahe gelegenen Chemiepark Leuna ablösen soll. Zwar musste Habeck auf die Klage der Betreiber über Anträge mit einem Umfang von 66 Leitz-Ordnern einräumen, dass es noch „zu viele Wenns und Abers“ gebe, gleichzeitig aber forderte er die Unternehmen auf, sich nicht hinter der Bürokratie zu verschanzen.
Habecks Problem: Um die ganze deutsche Industrie auf grünen Wasserstoff umzustellen, sind enorme Mengen Ökostrom nötig. Dass diese allein in Deutschland produziert werden können, glaubt niemand – es fehlt schlicht an Platz für all die Windkraft- und Solaranlagen, die dafür nötig wären.
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Robert Habeck in Bad Lauchstädt: Bei der VNG Gasspeicher GmbH soll ein Speicher für grünen Wasserstoff entstehen.
© Quelle: Soeren Stache/dpa
Habeck reist von Partner zu Partner
Bei seinen Reisen in energie- und rohstoffreiche Länder versucht Habeck deshalb seit Monaten, nicht nur seltene Metalle oder Flüssiggas für die deutsche Wirtschaft zu sichern, sondern eben auch grünen Wasserstoff oder grünen Ammoniak, ein leichter zu transportierendes Derivat.
Mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) konnte Habeck bereits Anfang des Jahres eine enge Zusammenarbeit für die Produktion und den Transport grünen Wasserstoffs vereinbaren. Nun folgt ein Wasserstoffabkommen mit Kanada.
Die Unterzeichnung des Abkommens für eine „Canada-Germany Hydrogen Alliance“ fand zum Abschluss der dreitägigen Kanada-Reise von Habeck und Bundeskanzler Olaf Scholz in Stephenville in der Provinz Neufundland und Labrador statt. Der deutsche Regierungschef und sein kanadischer Amtskollege Justin Trudeau waren bei der Unterzeichnung ebenfalls anwesend.
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Meteorologe Karsten Schwanke: „Manchmal denke ich, ich müsste mehr Alarmismus betreiben“
Hitze, Dürre, Starkregen: Extremwetterereignisse werden künftig zu einer noch größeren Belastung. Davon ist Meteorologe Karsten Schwanke überzeugt. Im RND-Interview spricht er darüber, wie viel Alarmismus beim Klimawandel erlaubt ist und wie eine Welt mit mehr als 1,5 Grad globaler Erwärmung aussieht.
Grüner Wasserstoff: erste Lieferungen ab 2025
Habeck sprach von einem „Meilenstein“ für den internationalen Markthochlauf der neuen Technologie, der dabei helfen werde, Wohlstand und Freiheit zu sichern. Man wolle eine transatlantische Lieferkette für grünen Wasserstoff zwischen Deutschland und Kanada aufbauen, so der Minister weiter.
Ähnliche Worte fand Trudeau, er nannte das Abkommen einen „historischen Schritt nach vorne“. Es werde Arbeitsplätze schaffen, die lokale Wirtschaft fördern und zur Produktion sauberer Energie beitragen. Scholz sagte, die Partnerschaft mit Kanada werde mit dem Abkommen auf eine strategischere Ebene gehoben. Erste Lieferungen von Kanada nach Deutschland sollten bereits ab 2025 erfolgen.
Im Rahmen des Abkommens wird Kanada die Produktion von Wasserstoff auf- und ausbauen. Der grüne Wasserstoff soll in den Atlantikprovinzen Neufundland und Labrador, Nova Scotia und New Brunswick hauptsächlich mittels Windkraft erzeugt und anschließend als Ammoniak über den Atlantik verschifft werden.
Deutschland wird potenzielle Importeure und Verbraucher von grünem Wasserstoff finanziell unterstützen. Die Kofinanzierung gemeinsamer Projekte soll hierfür näher untersucht werden. Zudem soll eine Taskforce mit Industrievertretern auf beiden Seiten eingerichtet werden, um Leuchtturmprojekte zu definieren und gemeinsam voranzutreiben.