Brexit-Folgen: Militär muss in Großbritannien bei Benzinengpässen helfen
In manchen Landesteilen ging an 50 bis 90 Prozent der Tankstellen das Benzin aus, wie der Branchenverband PRA mitteilte.
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London. Die Regierung in Großbritannien mobilisiert zur Bewältigung der Kraftstoffkrise das Militär. „Falls erforderlich, wird der Einsatz von Militärpersonal die Versorgungskette vorübergehend mit zusätzlichen Kapazitäten unterstützen, um den Druck zu lindern, der durch die erhöhte Nachfrage nach Kraftstoff entsteht“, teilte Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng am späten Montagabend mit. Eine begrenzte Anzahl von militärischen Tankwagenfahrern sei bereits in Bereitschaft versetzt.
Wegen Panikkäufen waren in einigen Landesteilen nach Angaben des Branchenverbands PRA bis zu 90 Prozent der Zapfsäulen trocken geblieben. Grund für den Mangel an Benzin und Diesel sind fehlende Lkw-Fahrer und Lkw-Fahrerinnen, was die Lieferkette von den Kraftstoffunternehmen zu den Tankstellen behindert. Schätzungen zufolge fehlen landesweit bis zu 100.000 Fahrer und Fahrerinnen. Viele waren nach dem Brexit auf den europäischen Kontinent zurückgekehrt. Zudem behinderte die Corona-Pandemie Ausbildung und Prüfungen neuer Fahrerinnen und Fahrer.
London fordert Bürger auf, Panikkäufe zu beenden
Die konservative Regierung in London betonte zu Wochenbeginn erneut, es gebe keinen Mangel an Kraftstoff. Alle Bürgerinnen und Bürger müssten nur damit aufhören, Panikkäufe zu machen, und wieder nur so viel tanken, wie sie bräuchten. Dann werde sich die Lage wieder beruhigen, hieß es aus der Downing Street. Ähnlich dann auch der Appell aus der Ölbranche: „Wir rufen alle dazu auf, Kraftstoff so zu kaufen, wie sie es normalerweise machen würden“, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung von BP, Esso, Shell und anderen Firmen. Es gebe genug Kraftstoff.
Nach Einschätzung der Branche wird der Druck nachlassen, weil bereits viele Autos mit mehr Kraftstoff als üblich versorgt seien.
Briten bekommen Brexit-Folgen zu spüren
Der ehemalige EU-Chefunterhändler in den Brexit-Gesprächen, Michel Barnier, sieht einen Zusammenhang zwischen der Kraftstoffkrise in Großbritannien und dem Austritt des Landes aus dem europäischen Binnenmarkt.
Darauf angesprochen, sagte der Franzose der BBC am Montagabend: „Unser wichtigstes Kapital ist der Binnenmarkt und elementarer Teil davon ist die Arbeitnehmerfreizügigkeit“. Großbritannien müsse nun den Konsequenzen des EU-Austritts ins Auge sehen. Es sei eine „unfassbare Entscheidung“ gewesen, den Binnenmarkt zu verlassen, so Barnier weiter.
RND/Reuters