Glyphosat-Klagen: Bayer kassiert die nächste Schlappe in den USA
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Grund etlicher Klagen: Das von Monsanto hergestellte Unkrautvernichtungsmittel Roundup mit dem umstrittenen Wirkstoff Glyphosat.
© Quelle: Jeff Roberson/AP/dpa
Leverkusen. Der Bayer-Konzern bekommt sein Milliardenrisiko Glyphosat nicht vom Tisch. Ein Vergleichsvorschlag, mit dem weitere Schadensersatzklagen in den USA verhindert werden sollten, ist vor einem Gericht in San Francisco gescheitert. Danach erklärte Bayer seinen Ausstieg aus dem Vergleichsverfahren und will nun andere Wege suchen. Der Kurs der Bayer-Aktie fiel um rund 5 Prozent. Seit der Konzern 2016 den Kauf des Konkurrenten Monsanto in den USA ankündigte, hat sich Bayers Börsenwert ungefähr halbiert.
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Zehntausende Klagen von Roundup-Käufern
Mit Monsanto kaufte Bayer dessen Unkrautvernichter Roundup – ein wichtiger Grund für den Deal. Der darin verwendete Wirkstoff Glyphosat war allerdings damals schon umstritten, und inzwischen klagen in den USA Zehntausende Roundup-Verwender auf Schadensersatz. Sie führen Krebserkrankungen auf Glyphosat zurück. Bayer beharrt darauf, dass der Stoff bei sachgemäßer Anwendung nicht gesundheitsschädlich sei und sieht sich unter anderem durch die US-Umweltbehörde Epa bestätigt. Vor Gericht drang der Konzern damit allerdings nicht durch. Nach ersten Niederlagen schloss man Vergleiche in Milliardenhöhe. Mit rund 96.000 Klägern hat sich Bayer bereits auf die Zahlung von 9,6 Milliarden Dollar geeinigt. Daran wird auch jetzt nicht gerüttelt.
Der wichtigste offene Punkt war der Umgang mit möglichen künftigen Klagen. Bayer will unbedingt vermeiden, dass in den nächsten Jahren neue Kläger auftreten, die sich bisher nicht gemeldet haben oder erst nach den geschlossenen Vergleichen erkrankt sind. Die Hoffnungen in Leverkusen ruhten dabei auf Vince Chhabria. Nach einer ersten Einigung über ein Vergleichspaket im vergangenen Jahr hatte der Richter in San Francisco Nachbesserungen gefordert. Doch auch die genügten nicht: Chhabria hat den Vergleich über 2 Milliarden Dollar nicht genehmigt. Monsanto käme dabei sehr gut weg, befand er. Möglichen künftigen Klägern brächte die Einigung dagegen viel weniger.
Vor allem die Lösung für Roundup-Nutzer, die bisher gesund sind, in der Zukunft aber möglicherweise erkranken, sei „unangemessen“. Nach seiner Darstellung hat Bayer gesunden Roundup-Nutzern Vorsorgeuntersuchungen für vier Jahre und bei Feststellung einer Krebserkrankung Zahlungen zwischen 10.000 und 200.000 Dollar angeboten. Vor allem der Zeitraum sei viel zu kurz, bemängelte Chhabria. Krebserkrankungen könnten noch sehr viel später auftreten.
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Bayer-Vorstandschef Werner Baumann.
© Quelle: Getty
Für Bayer-Chef Werner Baumann ist damit allerdings das Limit erreicht. Der ausgehandelte Vorschlag wäre „der fairste und effizienteste Weg“, die Risiken künftiger Rechtsstreitigkeiten zu minimieren, sagte Baumann in einer Telefonkonferenz. Chhabria werde ihn aber nicht ohne weitere erhebliche Änderungen genehmigen. „Diese Änderungen sind nicht im Interesse von Bayer.“ Es gebe auch andere Wege, mit künftigen Klagerisiken umzugehen, sagte Baumann und stellte einen Fünf-Punkte-Plan vor.
Wir wissen, dass die Landwirte auf Roundup mit Glyphosat angewiesen sind.
Werner Baumann,
Bayer-Vorstandschef
Für den Privatkundenmarkt soll eine Roundup-Variante mit anderen Wirkstoffen entwickelt werden. Für Landwirte bleibt das Produkt aber, wie es ist. „Wir wissen, dass die Landwirte auf Roundup mit Glyphosat angewiesen sind“, sagte Baumann. Aus seiner Sicht ist das Problem die unsachgemäße Anwendung durch Amateure. Deshalb soll auch eine Internetseite gestartet und beworben werden, die umfassend über die Sicherheit von Glyphosat informiert. Angekündigt wurde auch ein unabhängiges Beratungsgremium, das die Sicherheit von Glyphosat-Produkten untersuchen soll. Aktuelle Vergleichsverhandlungen mit Klägern werden weitergeführt. In zwei laufenden Berufungsverfahren will Bayer aber weiter durch die Instanzen gehen – und hofft auf günstige Urteile des Obersten Gerichts in rund einem Jahr.
Börsenwert hat sich halbiert
Damit lastet weiter ein Milliardenrisiko auf dem Bayer-Konzern. So lange es nicht berechenbar ist, lassen viele Investoren die Finger von der Aktie. Die Bayer-Führung wird für den Monsanto-Kauf seit Jahren heftig kritisiert. Umweltschützer werfen dem Konzern vor, Milliarden in ein Umweltgift investiert zu haben. Investoren fragen, warum die Rechtsrisiken so falsch eingeschätzt wurden. Baumann, der den Monsanto-Kauf direkt nach Amtsantritt vorangetrieben hatte, bleibt dabei, dass die Verbindung strategisch sinnvoll sei und Ertrag bringen werde. Aktuell allerdings ist Bayer inklusive Monsanto an der Börse nur noch rund 50 Milliarden Euro wert – weniger, als allein für den US-Konzern bezahlt wurde. Unter Baumanns Vorgänger Marijn Dekkers war Bayer mit rund 100 Milliarden Euro zeitweise der wertvollste Konzern im Dax.